- Kirchheimbolanden erprobt die vollständige Versorgung mit erneuerbarem Strom
- Gasinfrastruktur macht mobil: das "e-gas Projekt" von Audi
Das Modell Kirchheimbolanden zeigt: Gasinfrastruktur unterstützt Energiewende
Im pfälzischen Kirchheimbolanden wurde von 2015 bis 2018 in einem Modellprojekt die vollständige Versorgung einer Region mit erneuerbarem Strom erprobt. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Power-to-Gas-Technologie.
Quelle: er-p GmbH
Tag für Tag, rund um die Uhr wird Strom verbraucht. Windkraft- und Photovoltaikanlagen liefern diesen allerdings nicht kontinuierlich, sondern mit starken Schwankungen. Diese Schwankungen lassen sich mit Hilfe der bereits bestehenden Gasinfrastruktur ausgleichen: In Power-to-Gas-Anlagen wird Methan produziert, u.a. wenn Sonne und Wind mehr Strom liefern, als gebraucht wird. Dieses lässt sich problemlos in Gasinfrastrukturen einspeisen. Hier lässt sich die Erneuerbare Energie speichern – für Zeiten, in denen der Bedarf das Angebot an Solar- und Windenergie übersteigt. So ist die Versorgungssicherheit jederzeit zuverlässig gewährleistet.
Prof. Dr. Peter Missal ist überzeugt:
Ohne Power-to-Gas und die bereits vorhandenen Gasleitungen und -speicher kann die Energiewende auf keinen Fall funktionieren.
Der promovierte Ingenieur ist Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Energieversorgers e-rp GmbH. Unter der Federführung seines Unternehmens wurde in einem groß angelegten Modellversuch praktisch erprobt, ob eine dauerhafte und zu allen Zeiten verlässliche Energieversorgung allein aus Solarenergie und Windkraft lokal funktionieren kann.
Als Experimentierfeld wählte man die Stadt Kirchheimbolanden aus. Diese hat um die 8.000 Einwohner, sie umfasst 3.750 Gebäude aller Art. Die Stromnachfrage ist unter den Verbrauchergruppen gleichmäßig verteilt: Private Haushalte, gewerbliche Kunden und Industrie verbrauchen jeweils ein Drittel. Das entspricht in etwa dem Verhältnis in ganz Deutschland. Zudem wird dort genug Energie aus Sonne und Wind gewonnen, um Kirchheimbolanden dezentral mit grünem Strom zu versorgen. Im Zuge des Modellprojektes „KIBO-energy“ wurden alle Photovoltaik- und Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke, Wärmepumpen und Aggregate, das Strom- und Gasnetz sowie die Stromverbraucher mit intelligenter Mess- und Regeltechnik ausgestattet bzw. verbunden. Das Projekt endete im Frühjahr 2018, Prof. Dr. Missal zieht eine durchweg positive Bilanz: „Wir konnten nachweisen, dass hier eine dezentrale CO2-neutrale Energieversorgung möglich ist.“ Und er fügt hinzu: „Was in Kirchheimbolanden funktioniert, funktioniert überall.“
Gasinfrastruktur macht mobil
Mit seinem „e-gas Projekt“ vernetzt der Autobauer Audi Erneuerbaren Strom mit dem Mobilitätssektor. Als Bindeglied dient die bestehende Gasinfrastruktur.Schon heute sind Erdgas-Autos auf unseren Straßen unterwegs. Doch die Potenziale sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft: Erneuerbar erzeugter Strom aus Sonne und Wind kann dazu genutzt werden, synthetisches Methan zu erzeugen. Dieses CO2-neutrale Methan kann wie herkömmliches Erdgas in die bestehenden Netze eingespeist und später genutzt werden. Durch die Integration der bestehenden Gasinfrastruktur lässt sich also umweltverträglich produzierter Strom effizient und ortsunabhängig speichern und nutzen.
Seit 2012 beschreitet man beim Autohersteller Audi diesen Weg. Kernstück ist eine Anlage, in der mit Strom aus Windkraft, Wasser und CO2 aus Biomasse Methan erzeugt wird. Diese Anlage ließ das Ingolstädter Unternehmen am Standort in Werlte im Emsland (Niedersachsen) errichten, 2013 ging sie in Betrieb. Audi sieht sich damit in einer Vorreiterrolle:
Unsere Anlage ist die weltweit erste, welche die Kopplung von Strom- und Gasnetz konsequent in die Praxis überführt. Sie eröffnet damit völlig neue Möglichkeiten und kann dem Ausbau der erneuerbaren Energien starke Impulse verleihen.
Audi betont in diesem Zusammenhang die große Bedeutung des bestehenden Gasnetzes: „Mit seiner konkurrenzlos großen Kapazität hat es die Funktion eines sehr großen Pufferspeichers und kann die Energie genau dorthin bringen, wo sie gerade gebraucht wird."
Methanisierung für Audi g-tron
Quelle: Audi AG
Seit Anfang 2014 ist der gasgetriebene Audi A3 Sportback g-tron auf dem Markt, weitere Modelle folgten. Den Treibstoff aus Erneuerbaren Energien, das Audi e-gas, für diese Autos produziert Audi unter anderem in Werlte. So sind die Kunden nahezu klimaneutral unterwegs. Natürlich müssen sie zum Tanken nicht in den äußersten Nordwesten Deutschlands fahren. Die Sache funktioniert ähnlich wie bei den seit Jahren angebotenen Ökostrom-Tarifen: Die Kunden füllen ihre Tanks an einer der etwa 900 Erdgastankstellen und bezahlen mit einer speziellen Audi e-gas Tankkarte. Die getankten Mengen werden erfasst, übermittelt und in Werlte in das Gasnetz eingespeist.
Zum Dossier-Artikel "Gasinfrastrukturen – unverzichtbar für die Energiewende"