Fast die Hälfte des 2020 in Deutschland verbrauchten Stroms stammte aus Erneuerbaren Energien. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für das Gesamtjahr 2020.
Demnach deckten Wind, Photovoltaik, Biomasse und andere regenerative Energieträger gut 46 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist der Anteil der Erneuerbaren damit um fast vier Prozentpunkte gestiegen, im Vergleich zum Jahr 2018 sogar um über acht Prozentpunkte. Ein Teil dieses Anstiegs ist jedoch auf den – insbesondere durch die Corona-Pandemie –gesunkenen Stromverbrauch zurückzuführen. Die Erneuerbaren-Quote wird als Anteil am Stromverbrauch gemessen. Daher führt ein geringerer Verbrauch allein schon zu einem Anstieg der Erneuerbaren-Quote.
Doch auch bereinigt um diesen Effekt ist ein Anstieg zu verzeichnen, da Erneuerbare Energien mehr Strom erzeugten als im vergangenen Jahr: Wäre in diesem Jahr genauso viel Strom wie im Jahr 2019 verbraucht worden, hätten Erneuerbare Energien gut 44 Prozent statt rund 46 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt. Verantwortlich dafür waren vor allem die günstigen Wetterverhältnisse. Insbesondere im ersten Quartal konnte deutlich mehr Strom aus Wind erzeugt werden als im Vorjahr (Wind an Land: +4 Prozent, Wind auf See: +11 Prozent). Ungewöhnlich viele Sonnenstunden sorgten zudem für einen deutlichen Anstieg der Stromerzeugung aus Solarenergie um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
„Der Anteil der Erneuerbaren Energien ist auch in diesem Jahr gestiegen. Doch der geringere Stromverbrauch täuscht darüber hinweg, dass der Ausbau der Erneuerbaren nicht schnell genug voran geht“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Der Strombedarf wird bis 2030 aller Voraussicht nach deutlich steigen. Wenn der Zubau weiterhin nur mit gezogener Handbremse erfolgt, können wir die gesteckten Ziele nicht erreichen. Um dem Ausbau der Erneuerbaren wieder Schwung zu verleihen, muss die Bundesregierung nun eine ambitionierte EEG-Novelle beschließen und die für den Ausbau der Erneuerbaren so dringend benötigten Maßnahmen zeitnah umsetzen. Wichtig sind ehrgeizige und nachsteuerbare Ausbaupfade, eine Stärkung der Eigenversorgung und eine klare Perspektive für ausgeförderte Windenergieanlagen. Hier muss das Repowering im Mittelpunkt stehen. Bestehende Standorte sollten mit modernen, effizienteren und leistungsstärkeren Anlagen weitergenutzt werden können. Die existierenden Anlagen sind in der Regel bereits vor Ort akzeptiert und es besteht eine Koexistenz der Windkraftnutzung in Bezug auf Natur, Arten und Umwelt.“
„Auf dem EU-Gipfel am 11. Dezember 2020 hat sich der Europäische Rat darauf verständigt, den Treibhausgasausstoß bis Ende 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent statt um 40 Prozent zu senken. Damit werden auch die Weichen für mehr Klimaschutz in Deutschland gestellt“, so Prof. Dr. Frithjof Staiß vom ZSW. „Bereits jetzt zeichnet sich eine wachsende Stromnachfrage ab, die erneuerbar gedeckt werden muss. Treiber dieser Entwicklung sind verstärkte Bestrebungen hin zur klimaneutralen Produktion in der Industrie, die zunehmende Elektrifizierung im Verkehr und der Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Strom im Wärmemarkt. Hinzu kommt der Strombedarf für die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Wir brauchen daher einen deutlich höheren Ausbaupfad für die erneuerbare Stromerzeugung als bislang im EEG 2021 angelegt. Hier muss die Politik nachjustieren.“
Die Erzeugungszahlen im Einzelnen
Insgesamt wurden im Jahr 2020 über 564 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Strom er-zeugt – gut sechs Prozent weniger als im Jahr 2019 (2019: 603 Mrd. kWh). Davon stammten 252 Mrd. kWh aus Erneuerbaren Energien (2019: 242 Mrd. kWh): Windkraftanlagen an Land machten mit gut 105 Mrd. kWh den größten Anteil der regenerativen Stromerzeugung aus (2019: 101 Mrd. kWh). Photovoltaikanlagen lieferten gut 50 Mrd. kWh (2019: 45 Mrd. kWh), dicht gefolgt von Biomasse mit knapp 50 Mrd. kWh (2019: 50 Mrd. kWh). 28 Mrd. kWh Strom stammten aus Windenergieanlagen auf See (2019: 25 Mrd. kWh). Wasserkraftanlagen liefer-ten gut 18 Mrd. kWh (2019: 20 Mrd. kWh).
Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten
Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zielde-finitionen der Bundesregierung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab und beträgt nach vorläufigen Berechnungen 2020 544 Mrd. kWh (2019: 569 Mrd. kWh).
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil Erneuerbarer Energien im Jahr 2020 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt knapp 45 Prozent (2019: 40 Prozent).
Ansprechpartner für die Presse:
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)
Julia Löffelholz
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Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)
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Tel. +49 (0)711 7870-315
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