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Ausbau Erneuerbarer Energien beschleunigen

EU-Notfall-Verordnung ist in nationales Recht umgesetzt.

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© elxeneize / Shutterstock

Mit der Notfall-Verordnung soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie von Energiespeichern und Stromnetzen beschleunigt werden. Am Freitag, den 3. März 2023 wurde die Novelle des Raumordnungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften im Bundestag und Bundesrat beschlossen. Damit wird unter anderem auch die EU-Notfall-Verordnung zur Beschleunigung des Erneuerbare Energien-Ausbaus (Notfall-VO) in nationales Recht umgesetzt. Die Regelungen gelten für Projekte, bei denen bis 30. Juni 2024 ein Genehmigungsantrag gestellt wird, sowie auf Wunsch auch für laufende Projekte.

Es ist zu erwarten, dass die Regelungen jetzt kurzfristig verkündet werden und voraussichtlich noch im März 2023 in Kraft treten. Darüber hinaus ist aus Sicht des BDEW eine nahtlose Weiterführung der Notfall-VO auf europäischer und nationaler Ebene notwendig.

Gesetzgebungsprozess 
Der BDEW hat sich schon recht frühzeitig für eine effektive Umsetzung der Notfall-VO in nationales Recht eingesetzt und hierfür im parlamentarischen Verfahren Vorschläge gemacht. Dadurch konnten wesentliche Verbesserungen erreicht werden.

In einer sehr kurzfristig einberufenen Anhörung im Bauausschuss des Bundestags wurden die letzten Änderungen am Gesetzestext genauer unter die Lupe genommen. Der BDEW war ebenfalls unter den Sachverständigen und konnte wichtige Punkte aus Branchensicht, wie die Notwendigkeit einer Anschlussregelung und weiteren Beschleunigungsbedarf, gegenüber den Abgeordneten nochmals anbringen.

Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren
Im parlamentarischen Verfahren konnte dank des großen Einsatzes der Branche verhindert werden, dass für PV-Freiflächen eine Ausschlussplanung verankert wird. Durch die Novelle des ROG drohten der PV-Freiflächen-Ausbau ausgebremst und Fehler wie bei Wind-an-Land wiederholt zu werden. Außerdem liegt auch der Bau von Leitungen unterhalb von 110 kV im Außenbereich und die Errichtung von Speichern künftig ausdrücklich im überragenden öffentlichen Interesse. 

Im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 6 der Notfall-VO, dem Kernstück des Beschleunigungspakets, wurde die Höhe der Kompensationszahlungen sowohl für Windenergieanlagen als auch für Netzausbauvorhaben, die unter die Regelung fallen, deutlich abgesenkt. In Bezug auf Offshore-Windenergieanlagen wurde zwar die verpflichtende Aussetzung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht relativiert, aber auch hier wurde immerhin die Höhe der Ausgleichszahlungen nach unten korrigiert.

BDEW adressiert weiteren Nachbesserungsbedarf 
Trotz dieser Änderungen wurde bei der nationalen Umsetzung das Potenzial der EU-Notfall-Verordnung nicht vollständig ausgeschöpft. Dafür bräuchte es klarere Vorgaben durch den Gesetzgeber. So hätte der Handlungsrahmen für die Behörden noch eindeutiger vorgegeben werden müssen. Wichtig sind an dieser Stelle einfache, standardisierte Regelungen, denn die Erfahrung zeigt: Unklarheiten führen immer zu Verzögerungen.

Für Windenergieanlagen an Land heißt das, die von der Behörde anzuordnenden Artenschutzmaßnahmen zu standardisieren und die Grundlage hierfür auf vorhandene behördliche Daten und solche des Antragstellers einzugrenzen. Solche Maßnahmen sind beispielsweise Abschaltungen während des Mähvorgangs auf einem Feld oder während der Ernte. Hier muss seitens der Politik nachgebessert werden.

Auch für den Netzausbau, der das Rückgrat der Energiewende bildet, lässt die vorgeschlagene Regelung erhebliche Auslegungsspielräume, die ihre Anwendung erschweren und Genehmigungen verzögern werden. Neben konkreten Regelungen braucht es daher eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube.

Umsetzung der Notfall-VO im WindBG, ENWG, WindSeeG
Die Umsetzung von Art. 6 der Notfall-VO hat im Wesentlichen zur Folge, dass in Gebieten, die für Windenergieanlagen oder Netzausbauvorhaben ausgewiesen wurden und für deren Festlegung eine strategische Umweltprüfung (SUP) stattgefunden hat, für die Einzel-Projekte keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Artenschutzprüfung mehr erfolgt und damit insbesondere langwierige Artenschutz-Kartierungen wegfallen. Im Gegenzug werden von der zuständigen Behörde auf Grundlage vorhandener Daten Maßnahmen zum Schutz der Arten und/oder Zahlungen in Artenhilfsprogramme angeordnet.

Geregelt wird das für die Windenergie an Land in § 6 WindBG, für den Netzausbau in § 43m EnWG und für Offshore Windenergieanlagen in § 72a WindSeeG. Für PV- Freiflächenanlagen beschränkt sich die Umsetzung von Art. 6 der Notfall-VO auf den Wegfall der UVP (§ 14b UVPG). 

Insbesondere für die Windenergie an Land sind die Erleichterungen von großer Bedeutung, da deren Ausbau weiter stockt.

Die Regelung für die Windenergie-an-Land 
Nach der in § 6 WindBG neu geschaffenen Regelung entfällt für Projekte in ausgewiesenen Windenergiegebieten, die eine SUP durchlaufen haben und die nicht in einem Natura 2000-Gebiet, Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegen, bis zum 30. Juni 2024 die UVP und die artenschutzrechtliche Prüfung. Das heißt, für diese Projekte ist dann auch keine artenschutzfachliche Kartierung mehr erforderlich. Im Gegenzug werden von der zuständigen Behörde auf Grundlage vorhandener Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen festgesetzt. In der Begründung zum Gesetz wird hierzu näher ausgeführt, dass als Datengrundlage nicht nur behördliche Daten, sondern auch fachliche erhobene Daten Dritter herangezogen werden können.

Soweit solche Maßnahmen nicht verfügbar sind, oder keine Daten vorliegen, hat der Betreiber eine jährliche Zahlung in sog. Artenhilfsprogramme zu leisten. Die Zahlung beträgt 450 EUR pro MW, sofern Abregelungen zum Schutz von Vögeln angeordnet wurden bzw. mehr als 17.000 EUR in Schutzmaßnahmen investiert wurden. Andernfalls 3.000 EUR pro MW.

Die Regelungen sind verpflichtend auf alle neuen Genehmigungsverfahren anzuwenden, für die ein Genehmigungsantrag bis zum 30. Juni 2024 gestellt wird. Für bereits laufende Verfahren, bei denen noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, besteht ein Wahlrecht. 

Bewertung: Aus Sicht des BDEW sind die Regelungen in § 6 WindBG grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sind die zu ergreifenden Minderungsmaßnahmen dringend zu standardisieren. Zudem sollte als Datengrundlage ausschließlich auf behördliche Daten und solche des Antragstellers zurückgegriffen werden dürfen. Das gemäß Begründung erlaubte Abstellen auf Daten Dritter birgt erhebliches Missbrauchspotenzial. Bei der Ausgleichszahlung in Höhe von 450 EUR pro MW, wäre noch klarzustellen, dass die Zahlungen wirklich nur angeordnet werden dürfen, soweit keine Maßnahmen verfügbar sind, weil die im BNatSchG gesondert geregelte Zumutbarkeitsschwelle überschritten ist. Zudem ist das Problem nicht gelöst, dass der Plan für ein Windenergiegebiet nach Antragstellung für unwirksam erklärt wird. Hier besteht für neue Projekte, die zwingend unter § 6 WindBG fallen, erhebliche Rechtsunsicherheit. Denn Voraussetzung zur Anwendung der neuen Rechtslage ist ein wirksam ausgewiesenes Windenergiegebiet zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Diese Unsicherheit könnte dadurch abgeschwächt werden, dass der Antragsteller nicht nur für laufende, sondern auch für neue Projekte ein Wahlrecht zur Anwendung der neuen Rechtslage erhält und somit bei zum Zeitpunkt der Antragstellung wackeligen Plänen von vorneherein auf Nummer sicher gehen kann, indem er zur Anwendung der bisherigen Rechtslage optiert.

Die Regelungen für den Netzausbau
Die in § 43m EnWG neu geschaffene Regelung, ist weitgehend parallel zu den Regelungen für die Windenergie ausgestaltet. Die Regelung sieht ausdrücklich vor, dass für Übertragungsnetzausbauvorhaben, für die eine Bundesfachplanung oder eine Präferenzraumermittlung erfolgt ist, UVP und artenschutzrechtliche Prüfung entfallen. Das Gleiche gilt, wenn für andere Netzausbauvorhaben eine Flächenausweisung erfolgt ist, in deren Rahmen eine SUP durchgeführt wurde. Voraussetzung ist auch hier, dass der Antrag auf Plangenehmigung oder Planfeststellung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes und vor dem 30. Juni 2024 gestellt wird. Für bereits laufende Verfahren ist die Regelung auf Verlangen des Vorhabenträger ebenfalls anwendbar. 

Im Gegenzug für das Entfallen von artenschutzrechtlicher Prüfung und UVP müssen auch für die erfassten Netzausbauvorhaben – soweit verfügbar – artenschutzrechtliche Minderungsmaßnahmen festgelegt werden. Daneben sind immer auch Zahlungen in Artenhilfsprogramme in Höhe von 25.000 EUR pro angefangenem Leitungskilometer zu leisten. 

Bewertung: Auch für den Netzausbau sind die Regelungen grundsätzlich zu begrüßen. Der BDEW bedauert allerdings, dass bereits die europäische Regelung weitere Erleichterungen, insbesondere des Verteilernetzausbaus, nicht ermöglicht hat, da es bei den bei Verteilernetzen vorwiegend umgesetzten Ersatzneubauvorhaben in der Regel an der erforderlichen vorherigen Flächenausweisung fehlt. Zudem wäre es gerade im Netzausbau wünschenswert gewesen, wenn die Regelungen auch auf den naturschutzrechtlichen Gebietsschutz hätte Anwendung finden können.

Dass die Ausgleichszahlungen auch dann erforderlich sind, wenn eine artenschutzrechtliche Relevanz des Vorhabens nicht gegeben ist oder durch Minderungsmaßnahmen vermieden wird, wurde vom BDEW ebenfalls wiederholt kritisiert. Zudem wäre ein Wahlrecht zwischen den bisherigen und den jetzt anwendbaren Regelungen auch für bevorstehende Vorhaben wünschenswert gewesen, um eine kurzfristige Anpassung kurz vor der Einreichung stehender Antragsunterlagen zu vermeiden. 
 

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