Am 15. November 2024 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erstmalig die Systementwicklungsstrategie (SES) 2024 veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. Diese ist im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) als gemeinsame Grundlage für die Netzentwicklungspläne Strom und Gas/Wasserstoff verankert. Sie enthält ein Leitbild, das technisch-systemische Gestaltungsfragen der Energiewende klärt und identifiziert Transformationspfade, die mit diesem Leitbild kompatibel und gegenüber Änderungen der Umweltbedingungen möglichst robust sind. Weiterhin definiert die SES zentrale Eingangsgrößen (Ankerpunkte) zur Berücksichtigung in den Szenariorahmen der Netzentwicklungspläne. Die SES ist als lernender und regelmäßig wiederkehrender Prozess angelegt. Gemäß EnWG legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag alle vier Jahre, beginnend mit dem Jahr 2027, bis zum Ablauf des 30. September eine Systementwicklungsstrategie vor.
Der BDEW hat sich an der Konsultation zur SES 2024 beteiligt und zu den Konsultationsfragen Stellung bezogen. Grundsätzlich sieht der BDEW die SES als geeignetes Instrument, um die Ziele der Energiewende sektorübergreifend abzustimmen. Allerdings bestehen einige grundlegende Anpassungsbedarfe.
Ein wesentlicher Kritikpunkt der BDEW-Stellungnahme ist, dass Wirtschaftlichkeit als Teil des Zieldreiecks des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bisher in der SES fehlt. Das EnWG gibt vor, dass die SES eine „Systemkostenplanung einschließlich Szenarien“ beinhalten soll. Diese fehlen in der SES vollständig. Zudem lässt die SES Fragen zur betriebswirtschaftlichen Umsetzbarkeit der Transformationspfade unberücksichtigt. Zwar ist nachvollziehbar, dass eine umfassende Analyse politischer und regulatorischer Instrumente, die Infrastrukturbedarfe betriebswirtschaftlich darstellbar machen, den Rahmen der SES sprengen würde. Allerdings führt eine davon losgelöste Betrachtung zu mangelnder Vereinbarkeit mit Realitäten, was die Umsetzung erschwert.
Außerdem sieht der BDEW die Notwendigkeit den Top-Down Ansatz der SES mit einem Bottom-Up Ansatz zu verknüpfen. Es ist wichtig, anhand ambitionierter Szenarien ableiten zu können, welche konkreten Maßnahmen erforderlich sind, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Für eine robuste Infrastrukturplanung bedarf es allerdings gleichzeitig eines kontinuierlichen Abgleichs mit den realen Entwicklungen sowie darauf basierender Anpassungen der Eingangsgrößen der SES. Im Rahmen einer verantwortungsbewussten Netzplanung müssen die realen Entwicklungen in den kommenden Versionen der SES angemessen berücksichtigt werden.
Weiterhin sollte eine Risikoanalyse zur frühzeitigen Identifikation von Handlungsspielräumen und alternativen Transformationspfaden zukünftig in der SES enthalten sein. Auch sollte die Rolle der Digitalisierung als wesentlicher Bestandteil des Transformationsprozesse stärker Berücksichtigung finden.
Die SES zeigt, dass insbesondere die Verantwortung der Verteilnetzbetreiber für die Systemstabilität zunehmend steigt. Diese Leistung der Verteilnetzbetreiber sollte auch entsprechend gewürdigt werden.
Der BDEW hat bereits im Juni 2024 im Rahmen der Erarbeitung der Systementwicklungsstrategie eine Stellungnahme zu den vorläufigen Ankerpunkten eingereicht und veröffentlicht.