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BDEW kritisiert BNetzA-Maßnahmen zur Stärkung der Bilanzkreistreue

Die Bundesnetzagentur hat Anpassungen für bestehende Festlegungen zur Stärkung der Bilanzkreistreue vorgeschlagen. Der BDEW kritisiert insbesondere das geplante Vorziehen von bestehenden Fristen. Das ist in der Praxis nicht möglich. Die Vorschläge umfassen Anpassungen in den Festlegungen zum Fahrplanmanagement im Intraday (ID)-Bereich, zur Berechnung des Ausgleichsenergiepreises und zur Übermittlung von Daten zu Einspeise- und Verbrauchswerten.

Nach Angaben der BNetzA waren „die jüngsten Vorfälle“ Auslöser für das Konsultationsverfahren. Der BDEW geht davon aus, dass es sich um die Tage im Juni handelt, in denen es ein hohes Leistungsdefizit, das heißt eine starke Unterspeisung des Stromnetzes gab. Die BNetzA hat angekündigt, die Ereignisse dieser Tage zu analysieren. Eine Analyse liegt jedoch bis heute nicht vor. Dementsprechend ist es nicht möglich, die von der BNetzA in der Zeit vom 18. Juli bis 8. August vorgeschlagenen Anpassungen abschließend zu bewerten bzw. bezüglich ihrer zu erwarteten Wirksamkeit einzuordnen. Laut BNetzA hat „unter anderem das Marktverhalten zu einer erheblichen Abweichung des Saldos des Netzregelverbundes beigetragen“.

Der BDEW plädiert dafür, die Ereignisse ganzheitlich zu analysieren und in einem geordneten Verfahren eine Lösung zu erarbeiten. Dabei sollten bereits durch die BNetzA festgelegte Änderungen – wie zum Beispiel die Prozessumstellungen der Marktkommunikation 2020 (Mako 2020) und die Anpassungen durch den neuen Bilanzkreisvertrag – berücksichtigt werden.

Der BDEW weist darauf hin, dass die Bereiche derzeit erheblichen Veränderungen unterliegen. So sieht der neue Bilanzkreisvertrag, der ab dem 1. Mai 2020 in Kraft tritt, u. a. neue Pflichten zur Abgabe von Fahrplänen im Intraday-Markt vor. Darüber hinaus werden von allen Unternehmen der Energiewirtschaft größte Anstrengungen unternommen, um die Vorgaben aus den Prozessen und Datenformaten für die Mako 2020 fristgerecht zum 1. Dezember 2019 umzusetzen. Die bestehenden Fristen für die Einführung können nicht kurzfristig verkürzt werden.

Des Weiteren ist hinsichtlich des Abrechnungssystems für die Ausgleichsenergie das während der Konsultationszeit gefällte Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu berücksichtigen. Dieses hatte entschieden, das Mischpreisverfahren abzuschaffen und wieder zum alten Bezuschlagungssystem zurückkehren.

Die starken Abweichungen des Regelzonensaldos an mehreren Tagen im Juni glichen die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) unter anderem durch Nutzung von Notreserven und mit Hilfe des Auslandes aus.

ÜNB müssen schnell informieren

In Situationen wie diesen ist es besonders wichtig, dass die ÜNB die Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) schnellstmöglich über den Einsatz von Notmaßnahmen informieren. Des Weiteren sollte vermehrt auf die Veröffentlichung korrekter Regelzonensalden geachtet werden, sodass Marktteilnehmer systemdienlich reagieren können.

Zudem sollten bevorstehende Veränderungen einbezogen und frühzeitig konkretisiert werden, zum Beispiel die Einführung des Regelarbeitsmarktes und das des damit einhergehende Grenzpreisverfahren für die Vergütung von Regelarbeit. Ein ständig dem Wandel unterliegendes Marktdesign verursacht hohe Kosten bei den Prozessumstellungen und erschwert den Unternehmen Prognosen zur Marktentwicklung erheblich – diese Prognosen bilden aber die Grundlage für den Bilanzkreisausgleich.

Darüber hinaus ist die ab Herbst geltende neue Dimensionierung für Regelleistung an die extremen Situationen anzupassen. Die Inanspruchnahme des Auslands und Notfallmaßnahmen machen deutlich, dass die ausgeschriebene Regelleistung wieder deutlich erhöht werden sollte, um das hohe Gut der Versorgungssicherheit zu wahren.

Ziel muss sein, das Vertrauen des Marktes stärken und die Wahrscheinlichkeit erneuter Rechtsunsicherheit reduzieren, mit anderen Worten: ein stabiles Marktdesign zu etablieren und zahlreiche kurzfristige Änderungen zu vermeiden.

BDEW-Forderungen

Mit Blick auf die Einführung des neuen Bilanzkreisvertrags zum 1. Mai 2020 ist die sofortige Anwendung der Ausgeglichenheitspflicht des Bilanzkreises spätestens 15 Minuten vor Erfüllungsbeginn durch eine entsprechende Fahrplananmeldung nicht möglich.

Die vorgeschlagene Anpassung der Bezugsgröße innerhalb der bestehenden Systematik kann sachlich nachvollzogen werden, gleichzeitig plädiert der BDEW dafür, die ausgeschriebene Menge an Regelleistung zu erhöhen.

Der BDEW teilt die Einschätzung, dass der durchschnittliche, mengengewichtete ID-Preis für die jeweilige Viertelstunde der richtige Bezugspunkt für die Berechnung des regelzonenübergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreises (reBAP) ist, da die Berechnung des reBAPs auch viertelstündlich erfolgt.

Für eine generelle werktägliche Übermittlung mess- oder marktlokationsscharfer Lastgänge an den ÜNB sieht der BDEW nicht, weshalb die Verwendung von RLM-Messwerten zur Behebung „angespannter Netzsituationen“ erforderlich oder hilfreich sein sollte. Zudem versetzen die Messwerte von RLM-Marktlokationen die ÜNB nicht in die Lage, im Rahmen des Fahrplanmanagements die von den BKV vor Erfüllungszeitpunkt angelieferten Prognosefahrpläne zu verifizieren.

Sollte es, entgegen der BDEW-Stellungnahme, dennoch eine werktägliche Übermittlung von mess- oder marktlokationsscharfen Lastgängen gefordert werden, weist der BDEW ausdrücklich darauf hin, dass die in der Festlegung aufgeführten Umsetzungsfristen nicht realisierbar sind.

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