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BDEW: Verbesserungsvorschläge zur EU-Erdgasversorgungssicherheit

Die Europäische Kommission führt zur Novellierung der Erdgas-Versorgungssicherheits-Verordnung (Erdgas-Sos-VO) einen Konsultationsprozess durch, an dem sich der BDEW mit Stellungnahme vom 1. April 2015 beteiligt hatte.

Die Erdgas-Versorgungssicherheits-Verordnung (Erdgas-SoS-VO) durch die Europäische Kommission wird weiter bearbeitet. Mit Stellungnahme vom 1. April 2015 hatte sich der BDEW in dem Konsultationsprozess eingebracht. Die Ergebnisse der Konsultation wurden am 10. Juni 2015 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Sie spiegeln dabei zunächst grundlegende Positionen des BDEW wider:

  • Die sichere Versorgung mit Erdgas in Europa kann am besten durch einen offenen, liquiden, gut verbundenen europäischen Markt mit unterschiedlichen Aufkommensquellen gewährleistet werden. Speichern kommt dabei eine wesentliche Rolle in der Gewährleistung von Versorgungssicherheit zu. Nach Ansicht des BDEW ist es grundlegende Voraussetzung für die nachhaltige Gewährleistung von Versorgungssicherheit, dass das Dritte Binnenmarktpaket vollständig in allen Mitgliedstaaten umgesetzt wird, um die Weiterentwicklung eines grenzüberschreitenden europäischen Gasmarktes zu fördern.

  • Auch in Engpasssituationen sind Marktmechanismen so lange wie möglich aufrecht zu erhalten; nicht-marktbasierte Maßnahmen sollten dabei auf den Notfall beschränkt bleiben. Ohne die festgestellte Notwendigkeit und Prüfung des positiven Effekts für die Versorgungssicherheit sollte auf europäischer Ebene von der Einführung weiterer Notfallmechanismen abgesehen werden.

  • Voraussetzung für die weitere Entwicklung eines zusammenhängenden europäischen Markts und die sichere und effiziente Bereitstellung des Produkts Erdgas ist die Existenz einer belastbaren Infrastruktur. Auch der BDEW sieht dabei Verbesserungspotenzial hinsichtlich der bestehenden Regelungen zum Infrastrukturstandard der Erdgas-SoS-VO.

Der BDEW nutzte nach der Veröffentlichung der Konsultationsergebnisse die Gelegenheit, mit Stellungnahme vom 9. September 2015 aufbauend auf den grundlegenden Ansichten des BDEW konkrete Umsetzungsvorschläge sowie weitere Folgepositionen zur Stärkung der Versorgungssicherheit auf europäischer Ebene zu unterbreiten.

Investitionen in Reverse-Flow-Kapazitäten müssen die Versorgungssicherheit oder die Marktintensität steigern

Der BDEW ist der Meinung, dass zunächst die effiziente Nutzung bestehender Infrastruktur angestrebt werden sollte, bevor die Errichtung neuer Pipeline-Kapazitäten forciert wird. Insbesondere Reverse-Flow-Kapazitäten an grenzüberschreitenden Punkten können es dabei situativ vermögen, dass angrenzende Gebiete den Infrastrukturstandard erfüllen, ohne neue Netz-Infrastrukturen errichten zu müssen. Gleichzeitig dienen Reverse-Flow-Kapazitäten an Grenzübergangspunkten auch dazu, liquide Erdgasgroßhandelsplätze (Hubs) weiter zu verbinden und dadurch die Effizienz und Wettbewerbsintensität der verbundenen Märkte zu stärken.

Nach Ansicht des BDEW sollten dies die Kriterien darstellen, nach dem situativ über die Investition in Reverse-Flow-Kapazitäten an grenzüberschreitenden Punkten entschieden werden sollte. Nur wenn die Implementierung der Möglichkeit zum physischen Reverse-Flow an Grenzübergangspunkten auch der Stärkung der Versorgungssicherheit im Infrastrukturstandard dient oder marktlich positive Effekte in Form der Erhöhung von Effizienz und Wettbewerbsintensität nach sich zieht, sollten entsprechende Investitionen getätigt werden, da ansonsten ineffiziente Mehrkosten verursacht werden.

N-1-Berechnungsmethodik zum Infrastrukturstandard spiegelt die Realität oft nicht wider

Zusätzliches Verbesserungspotenzial mit Blick auf den Infrastrukturstandard bietet nach Ansicht des BDEW die n-1-Berechnungsmethodik. Ausgangslage ist, dass die bestehende Berechnungsformel suggeriert, dass das gesamte Aufkommen in einem Gebiet vollständig zur Deckung der Nachfrage im betroffenen Gebiet zur Verfügung steht. Tatsächlich existieren innerhalb des Binnenmarkts jedoch kapazitive Abhängigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, die in der derzeitigen Berechnungsmethodik nicht berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sollten nach Ansicht des BDEW auch die Exportflüsse in der Berechnungsmethodik berücksichtigt werden, um die Aussagekraft und Realitätsnähe der n-1-Berechnungsformel über die tatsächliche Erfüllung des Infrastrukturstandards im berechneten Gebiet zu erhöhen.

Kommunikationsprozess zu grenzüberschreitenden Lastflüssen aufbauen

Weiterhin ist es Anliegen des BDEW, dass die in der Erdgas-SoS-VO angelegten Notfall- und Krisenmechanismen belastbarer gestaltet werden. Der BDEW schlägt deshalb vor, einen Kommunikationsprozess zwischen grenzanliegenden Fernleitungsnetzbetreibern zu implementieren, um grenzübschreitende Anpassungen von Lastflüssen im Notfall realisierbar zu gestalten. Voraussetzung dafür ist ein einheitliches und harmonisiertes Vorgehen in der Definition der Kreise geschützter Kunden in den jeweiligen Mitgliedstaaten. Damit Anpassungen grenzüberschreitende Lastflüsse den Fernleitungsnetzbetreibern als verlässliches Instrument zur Vermeidung und Kompensation einer Engpasssituation zur Verfügung stehen, sollten zudem haftungsrechtliche Unklarheiten über Folgewirkungen grenzüberschreitender Anpassungen im Rahmen der Erdgas-SoS-VO ausgeräumt werden.

Die Kommission plant, vor Ablauf des Jahres, voraussichtlich im November 2015, einen Legislativvorschlag der überarbeiteten Erdgas-SoS-VO vorzulegen. Der BDEW wird sich auch weiterhin intensiv für die beschriebenen Positionen einsetzen und seine Mitgliedsunternehmen regelmäßig über den weiteren Verlauf informieren.

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