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Energieminister stärken regionale Kooperation im Energiesektor

Am Rande des Ratstreffens der EU-Energieminister am 8. Juni 2015 in Luxemburg haben mehrere Mitgliedstaaten Vereinbarungen zu einer engeren regionalen Kooperation im Energiebereich getroffen. Zudem verabschiedeten die Vertreter der Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen zur Umsetzung der Energieunion. Schließlich fand ein Austausch zur EU-Energiesicherheitsstrategie sowie zum Thema LNG und Speicher statt. Der BDEW engagiert sich seit Jahren für grenzüberschreitende Kooperationen und begrüßt daher die Vereinbarungen. Allerdings bedarf es noch weiterer, intensiver Anstrengungen, damit der Energiebinnenmarkt endlich europaweit Realität wird und die Versorgung überall gewährleistet werden kann.

Am Rande der Tagung der Energieminister am 8. Juni 2015 in Luxemburg wurde auf Initiative von Deutschland eine Erklärung für regionale Kooperation zur Stromversorgungssicherheit von zwölf europäischen Ländern unterzeichnet ("Joint Declaration"). Die zwölf Staaten sind Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, die Schweiz und die tschechische Republik.

Wesentliche Aussagen der Erklärung sind:

  • Die Staaten vereinbaren eine bessere Kooperation zwischen Nachbarstaaten hinsichtlich ihrer Energiepolitiken, arbeiten auf eine weitere Harmonisierung der gemeinsamen Berechnung von Stromversorgungssicherheit hin, werden die koordinierte Marktintegration der Erneuerbaren Energien und allgemein Flexibilitäten im Stromsystem fördern.

  • Preisbewegungen sollen ausdrücklich erlaubt und direkte sowie indirekte Preisdeckelungen vermieden bzw. abgeschafft werden. Für Zeiten von Knappheit im Markt und entsprechend hoher Preise verpflichten sich die Staaten den grenzüberschreitenden Handel von Strom nicht einzuschränken.

  • Der regulatorische Rahmen soll sicherstellen, dass die Bilanzkreisverantwortlichen ihren Verpflichtungen nachkommen.


Außerdem wurde eine Erklärung zum zehnjährigen Jubiläum des Pentalateralen Energieforums (PLEF) unterzeichnet. Darin wird der Rahmen für die weitere Zusammenarbeit zwischen den Benelux-Staaten, Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz gesetzt. Im Fokus stehen dabei u.a. die folgenden Punkte:

  • weitere Analyse der Optionen für die Kompatibilität von Kapazitätsmechanismen;

  • weitere Begleitung der lastflussbasierten Marktkopplung, die am 20./21. Mai 2015 in der Region Zentralwesteuropa begonnen hat;

  • Unterstützung für schnelle Lösungen im Bereich eines gemeinsamen Intra-Day-Marktes;

  • weitere Verbesserung der gemeinsamen Methodologie zur Bewertung der Versorgungssicherheit auf regionaler Ebene und die Fortführung der Erstellung von Berichten zur Lage der Versorgungssicherheit ab 2017;

  • Erstellung von Konditionen für die grenzüberschreitende Teilnahme an Kapazitätsmechanismen bis Juni 2016.


Schließlich wurde ein Memorandum of Understanding zur Stärkung des Baltic Energy Market Interconnection Plan (BEMIP) von den Ostsee-Anrainerstaaten sowie der Europäischen Kommission unterschrieben. Darin ist eine neue Struktur innerhalb des BEMIP vorgesehen mit einer High-Level Group (bestehend aus Kommissar und den Ministern sowie den Generaldirektoren oder Direktoren) und der technischen Ebene (bestehend aus Arbeitsgruppen der Experten der Kommission und der beteiligten Staaten). Zudem wird eine Themenausweitung vorgenommen: Neben Strom- und Gasmärkten, Infrastruktur und Stromerzeugung sollen nun neu auch die Aspekte Versorgungssicherheit, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und die Integration des baltischen Stromsystems bearbeitet werden. Schließlich ist die Erstellung eines Aktionsplans geplant, dessen Details jedoch erst noch definiert werden müssen

Aus Sicht des BDEW sind die geschlossenen Vereinbarungen wichtig, um die Zusammenarbeit der europäischen Länder bei Energiefragen zu stärken. Der BDEW engagiert sich seit Jahren für grenzüberschreitende Kooperationen zu diesem Zweck und begrüßt daher insbesondere diese Ziele der Vereinbarung für regionale Kooperation zur Stromversorgungssicherheit. Allerdings sind sie nur ein erster Schritt. Es bedarf noch weiterer, intensiver Anstrengungen, damit der Energiebinnenmarkt endlich europaweit Realität wird und die Versorgung gemeinsam gewährleistet werden kann. Die Bundesregierung sollte die Vereinbarung für regionale Kooperation sowie die Vorhaben innerhalb des PLEF als Grundlage nutzen, um zum Beispiel die Ausgestaltung des Energiemarktdesigns der Zukunft mit den anderen Staaten zu harmonisieren. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des in Frankreich bereits eingeführten Kapazitätsmarkts sinnvoll. Darüber hinaus sollte auch gemeinsam überlegt werden, wie mit Verletzungen von Binnenmarktregeln künftig umgegangen wird.

Schlussfolgerungen zur Energieunion

Nach der grundsätzlichen politischen Billigung der Rahmenstrategie für eine Energieunion durch die Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat am 19./20. März 2015 (BDEW direkt 4/2015) haben die Energieminister bei ihrer Tagung am 8. Juni 2015  Schlussfolgerungen verabschiedet. Darin begrüßen sie die fünf Dimensionen der Rahmenstrategie und fordern die rasche Umsetzung der darin vorgesehen Maßnahmen. Zudem sprechen sich die Mitgliedstaaten dafür aus, bei ihrer Ausgestaltung den Fokus auf die Energieverbraucher sowie auf die Schaffung von Investitionsanreizen zu legen.

In ihren Schlussfolgerungen fordern die Energieminister die Kommission schließlich auf, zügig Initiativen zum sogenannten "Governance-System" der Energieunion vorzulegen, die auch Leitlinien für die regionale Kooperation umfassen sollten. Letztere sollen nach den Vorstellungen der Minister in der zweiten Jahreshälfte 2015 vom Energieministerrat gebilligt und den Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat am 17./18. Dezember 2015 unterbreitet werden. Außerdem wollen die Energieminister den Staats- und Regierungschefs noch vor Dezember 2015 über die Fortschritte der Energieunion berichten.

Austausch zur Energiesicherheitsstrategie sowie zu LNG und Speichern

Der Austausch zur EU-Energiesicherheitsstrategie (BDEW direkt 11/2014) diente der Vorbereitung eines Fortschrittsberichts des Ministerrates, der den Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am 15./16. Oktober 2015 präsentiert werden soll. Grundsätzlich sahen die Minister die EU bei der Stärkung der Energiesicherheit auf einem guten Weg und forderten die Kommission auf, die in der Energiesicherheitsstrategie identifizierten Maßnahmen weiter engagiert umzusetzen. Darüber hinaus forderten die Energieminister eine Steigerung der Energieerzeugung bzw. -produktion in der EU, eine weitere Diversifizierung von Lieferwegen und -quellen sowie eine Stärkung der Notfall- und Solidaritätsmechanismen. Außerdem betonten sie die Bedeutung von Energieeffizienzmaßnahmen als wesentliches Element für die Energiesicherheit.

Der erste Meinungsaustausch zum Thema LNG und Speicher soll in die Vorbereitung eines entsprechenden Strategiepapiers einfließen, das die Kommission für das vierte Quartal 2015  angekündigt hat. Mit Blick auf LNG gab es dem Vernehmen nach eine offene und konstruktive Debatte. Dabei stand u.a. die Frage im Mittelpunkt, wie die bestehenden LNG-Infrastrukturen besser genutzt werden könnten. Hierbei standen für einen Teil der Mitgliedstaaten kommerzielle Fragen im Vordergrund, während andere LNG vor allem im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Versorgungssicherheit sahen.

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