Energie, die Zukunft schafft

Handlungsempfehlungen der Energiewirtschaft für die 21. Legislaturperiode.

 

„Die neue Bundesregierung hat es in der Hand: Ein klarer politischer Rahmen, der Ambitionen, Planungssicherheit und Innovationsspielräume vereint, ist unabdingbar, um die Energiewende effizient voranzubringen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken.“ 

KERSTIN ANDREAE, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung

Die Energiewirtschaft ist fundamental für eine sichere und klimaneutrale Versorgung, für die Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäuden und trägt damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei. Das Energiesystem wird dabei stetig erneuerbarer und resilienter. Eine klimaneutrale Energieversorgung dient so auch der Souveränität Deutschlands und der Europäischen Union.

Eine solche Energieversorgung ist perspektivisch günstiger als ein vornehmlich auf fossilen Energien basierendes System. Im Jahr 2024 wurden mehr als 50 Prozent des verbrauchten Stroms aus Erneuerbaren Energien erzeugt, Tendenz steigend. Erneuerbare und kohlenstoffarme Gase müssen zunehmend an die Stelle von Erdgas treten und ebenso wie der steigende Anteil von (Groß-)Wärmepumpen und Geothermie in der Wärmeerzeugung die Dekarbonisierung in allen Sektoren vorantreiben.

Ambitionierte Umsetzung erfordert Planungssicherheit

Für diesen Weg braucht es jetzt ambitionierte Machbarkeit. Dies bedeutet, mit dem klaren Ziel der Klimaneutralität vor Augen, die erforderlichen Maßnahmen kosten-, systemeffizient und vor allem praxistauglich umzusetzen. Ein klarer und verlässlicher rechtlicher Rahmen, der Ambitionen, Investitions- und Planungssicherheit vereint, ist dafür unabdingbar.

Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien muss sich zukünftig stärker am Ertrag und an den Kosten für die Systemintegration orientieren. Der für die Transformation erforderliche Netzausbau und die Netzmodernisierung müssen wirtschaftlich und kosten- und systemeffizient möglich sein. Die digitale Vernetzung kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten. Es braucht ferner die notwendigen Flexibilitäten mit Speichern und Wasserstofftechnologien. Auch bei der anstehenden Transformation der Gasnetze ist ein wirtschaftlicher Betrieb zu gewährleisten. Gleiches gilt bei der Wärmewende, bei der wir es uns nicht leisten können, Strom-, Gas- und Wärmenetze unabhängig voneinander zu installieren und somit möglicherweise Überkapazitäten zu schaffen. Priorisierung, Digitalisierung und kluge Verzahnung sind entscheidend. Integrierte und praxistaugliche Planung ist Grundlage für die Realisierung ambitionierter Ziele, für die Herstellung von Machbarkeit.

Investitionen für eine sichere Zukunft

Dieser Fokus hilft zugleich im Hinblick auf den Kapitalbedarf. Der Investitionsbedarf für die Transformation ist erheblich. Die Mittel des Staates sind dabei begrenzt. Künftig werden wir noch stärker privates Kapital für unsere Projekte gewinnen und hierzu die Investitionsbedingungen durch ein attraktives Umfeld verbessern müssen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir im internationalen Wettbewerb um Kapital stehen. Wenn die Renditechancen nicht attraktiv sind, wird das Kapital im Ausland investiert.

Klar ist: Mit diesen Investitionen in die Zukunft erhalten wir modernste und resiliente Infrastruktur, sichern Lebensqualität für alle und tragen mit wichtigen Innovationen zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei. Gleichzeitig müssen wir auch einfacher und schneller werden und Behörden aller Ebenen sollten sich auf das Gelingen von Projekten fokussieren. Auch das gehört zur Machbarkeit vor allem beim Hochlauf neuer Technologien. Wir brauchen mehr Pragmatismus in der Ausgestaltung und Umsetzung von Maßnahmen. Der Gesetzgeber muss sich darauf besinnen, Leitplanken zu setzen und sich nicht in Detaillösungen zu verlieren. Freiräume in der Gesetzgebung, in Forschung und Entwicklung und Umsetzung in der Praxis sind unerlässlich, um die bestmöglichen Lösungen zu finden. Das gilt auch für die europäischen Rahmenregelungen.

Neue Wertschöpfung und Marktchancen

Es geht auch darum, neue Wertschöpfung zu schaffen und hierfür neue, wettbewerbsfähige Märkte, insbesondere zur Dekarbonisierung der Industrie und des Mittelstands, zu etablieren. Dafür braucht es neben günstigem Strom und ausreichendem Angebot an erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen auch CCS und CCU, also die Speicherung und Nutzung von abgeschiedenem CO2. Diese werden bei der Dekarbonisierung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hierbei ist der Schutz der Trinkwasserressourcen sicherzustellen.

Im Ergebnis sichern ambitionierte Machbarkeit und Kosteneffizienz die Bezahlbarkeit. Diese sind der Grundpfeiler für Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sowie für Akzeptanz und Teilhabe. Transformation und Versorgungssicherheit gehen für die Energiewirtschaft Hand in Hand. Deutschland hat eines der stabilsten Strom- und Gasnetze der Welt und gewährleistet im europäischen Binnenmarkt und mit eigenen Erzeugungskapazitäten die Versorgungssicherheit. Aber wir brauchen für den weiteren Pfad zur Klimaneutralität neue Kapazitäten – durch eine Diversifizierung unserer Bezugsquellen, Flexibilisierungen, Speicher und steuerbare Leistung. Nach der Bundestagswahl müssen deshalb zeitnah die Ausschreibungen für neue zukunftsfähige Kraftwerke erfolgen.

Europäische Zusammenarbeit für eine starke Energieunion

Das Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2045 bedingt Innovation und neue kluge Lösungen. Die Energiewirtschaft liefert – sowohl beim Erreichen ihrer Klimaziele als auch bei Innovationen und Produkten. Dafür bedarf es Planungs- und Investitionssicherheit und Verläss-lichkeit in der nationalen und europäischen Energiepolitik. Die kommenden Jahre werden von der intelligenten Umsetzung dieser Maßnahmen geprägt sein. Dies betrifft vor allem die Neugestaltung des Marktdesigns, einschließlich der zukünftigen Finanzierung der Erneuerbaren Energien, der Dekarbonisierung der steuerbaren Kraftwerksleistung, des Wasserstoff-Hochlaufs, der Wärmewende und – last but not least – der Modernisierung der Netzinfrastruktur.

Viele regulatorische Weichen, die für die Energiepolitik in Deutschland von höchster Relevanz sind, werden auch auf EU-Ebene gestellt. Daher ist es von großer Bedeutung, dass sich die kommende Bundesregierung frühzeitig auf europäischer Ebene für pragmatische Lösungen aktiv und konstruktiv einsetzt. Dies gilt sowohl für Fragen der Wettbewerbsfähigkeit als auch der Resilienz und Rohstoffunabhängigkeit Europas, insbesondere bei der Ausgestaltung des Europäischen Clean Industrial Deal. Die Vernetzung über den Kontinent und der gemeinsame Markt sind ein Kernanliegen, um die Energieunion zu stärken und zu modernisieren. Wir brauchen ein starkes Miteinander in Europa.

Gemeinsames Handeln als Erfolgsfaktor

Bei allen künftigen Entscheidungen gilt es, die Vielfalt, Kompetenz und Erfahrung der Energiewirtschaft einzubinden. Nur dadurch konnte sowohl bereits ein großer Teil der Energieversorgung von morgen geschaffen als auch gleichzeitig eine drohende Gasmangellage abgewendet werden. Dieses Zusammenspiel von Politik und Energiewirtschaft ist essenzielle Gelingensbedingung für den Weg zur Klimaneutralität.

  • Bei der Planung von Stromerzeugung und Netzen die Effizienz des Gesamtsystems in den Mittelpunkt stellen
  • Flexibilitäten und Speicher integrieren
  • Stromsteuer auf europäisches Mindestmaß senken
  • besondere Transformationskosten der Energieinfrastruktur übergangsweise staatlich abfedern
  • Energieimporte und Lieferketten diversifizieren
  • Gasversorgung sichern
  • schnellstmöglich Investitionsrahmen für steuerbare Stromerzeugung schaffen (KWSG)
  • KWKG weiterentwickeln
  • bis 2028 integrierten Kapazitätsmarkt einführen
  • EU-Binnenmarkt weiter stärken
  • Schutz kritischer Energieinfrastrukturen gewährleisten
  • Zugang zu Eigenkapital stärken
  • Kapitalmarktfähigkeit verbessern
  • Energiewendefonds etablieren
  • wettbewerbsfähige Regulierung für Investitionen in Energienetze sicherstellen
  • Eigenes Bürokratieentlastungsgesetz für die Energie- und Wasserwirtschaft verabschieden
  • Nachweis-, Dokumentations- und Berichtspflichten reduzieren und das Once-Only-Prinzip umsetzen
  • Energierechtsrahmen wieder vereinfachen und praxistauglich ausgestalten
  • Planungs- und Genehmigungsverfahren zielgerichtet beschleunigen
  • Rechtsrahmen für Digitalisierung der Netze verbessern
  • Smart-Meter-Rollout vereinfachen und unterstützen
  • Reallabore für KI nutzen
  • Förderrahmen für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien weiterentwickeln
  • Ausbaupotenziale aller Erneuerbaren Energien nutzen
  • Photovoltaik-Mittagsspitzen steuerbar machen
  • regionale Wertschöpfung, Akzeptanz und Teilhabe sicherstellen
  • Regulatorischen Rahmen für effizienten Netzausbau und -betrieb ausgestalten
  • integrierte Netzplanung mit fundierten, realistischen Annahmen über alle Energieträger hinweg sicherstellen
  • Netzauslastung optimieren
  • Anforderungen an Wasserstoff praxistauglich ausgestalten, um Produktion und Import zu ermöglichen
  • Rechtsrahmen für Transformation der Gasnetze schaffen und Wasserstoffinfrastruktur aufbauen
  • Nachfrage langfristig absichern
  • Rechtsrahmen für die Wärmewende praxistauglich überarbeiten
  • Planungs- und Investitionsrahmen für klimaneutrale Wärme, etwa für Geothermie und (Groß-)Wärmepumpen, schaffen
  • Förderrahmen für Wärmenetze verbessern
  • Elektromobilitätspolitik als Standortpolitik erkennen
  • EU-CO2-Flottengrenzwerte beibehalten
  • Steueranreize für E-Fahrzeuge setzen
  • Ladesäulenausbau entbürokratisieren und staatliche Ladesäulen-Förderung beenden

Die vollständigen BDEW-Handlungsempfehlungen „Energie, die Zukunft schafft“ können Sie hier herunterladen.

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