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EU-Parlament hat sich zur Novellierung der F-Gase-Verordnung positioniert

Der BDEW unterstützt den Umstieg auf klimafreundliche Technologien, weist aber weiterhin darauf hin, dass dieser nur gelingen kann, wenn technische sowie baulich geeignete Alternativen für alle Anwendungsbereiche ausreichend auf dem Markt verfügbar sind und sachgerechte Übergangsregeln gelten.

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© GuruXOX / Shutterstock

Am 30. März 2023 stimmte das EU-Parlament mit einer breiten Mehrheit seine Position zur Novellierung der F-Gase-Verordnung ab. Insbesondere bei der Frage nach der Ersatzteilbeschaffung für Bestandsanlagen konnte der BDEW gemeinsam mit anderen nationalen und europäischen Branchenvertretern wesentliche Erfolge bei der Formulierung der Parlamentsposition erzielen. Weiterhin sieht die Branche jedoch Verbesserungsbedarf. Die Meinungsbildung im Rat steht ebenfalls kurz vor dem Abschluss, damit könnten die Trilogverhandlungen zeitnah beginnen.

Mit 429 Zustimmungen, 109 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen nahm das Europäische Parlament vergangene Woche mit einer absehbar breiten Mehrheit seine ambitionierte Positionierung an. Viele frühere, teils radikalere Vorschläge des federführenden Umweltausschusses (s. BDEW-Kurz-Statement vom 25.10.2022) waren nicht in die endgültige Parlamentsposition übernommen worden. Die Branche zeigte sich hinsichtlich wichtiger Punkte erleichtert, sieht aber dennoch weiterhin einige Regelungen sehr kritisch.

BDEW für klimafreundliche Technologien, aber mit umsetzbaren Rahmenbedingungen

Bereits der Entwurf der Europäischen Kommission vom 5. April 2022 zur Novellierung der F-Gase-Verordnung sieht unter anderem eine deutliche Einschränkung der künftigen Nutzung klimaschädlicher Fluoridgase in elektrischen Schaltanlagen vor. Der BDEW unterstützt ausdrücklich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien. Der Verband hat jedoch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Umstieg nur gelingen kann, wenn technische sowie baulich geeignete Alternativen für alle Anwendungsbereiche ausreichend auf dem Markt verfügbar sind (vgl. u.a. BDEW-Stellungnahme vom 28.06.2022).

In diesem Sinne hat der BDEW die Verhandlungen im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments über die letzten Monate aktiv begleitet. Die nun vom Parlament verabschiedete Position geht an vielen Stellen über den Entwurf der Europäischen Kommission hinaus, ist allerdings weniger drastisch als vom Umweltausschuss in seinem Bericht vom 1. März 2023 gefordert. Bereits zuvor war es gelungen, die Parlamentarier davon zu überzeugen, vom ursprünglich geplanten Vorzug der Fristen für ein Verbot von Gas mit hohem Treibhausgaspotential (Global Warming Potential = GWP) in Teilen abzurücken. Außerdem war erreicht worden, dass in Spannungsebenen über 52 kV weiterhin F-Gase mit einem GWP-Wert bis 1000 eingesetzt werden dürfen, wenn nachweislich keine F-Gas-freie Technologie beschafft werden kann. Diese Ausnahmeregelung soll zwar unter den Vorbehalt einer behördlichen Genehmigung gestellt werden. Sie öffnet aber den Weg für dringende Investitionen in Netzbetriebsmittel, bis auch für höhere Spannungsebenen geeignete F-Gas-freie Technologien zur Verfügung stehen.

Sorge um sicheren Netzbetrieb und Energiewende

Besonders problematisch war aus Sicht der Branche der Vorschlag des Umweltausschusses, die Beschaffung von Ersatzteilen für bestehende Anlagen zeitlich zu befristen. Die Folge wäre die erzwungene, nicht planbare Stilllegung bestehender Schaltanlagen vor dem Ende ihrer technischen Lebensdauer selbst bei geringem Reparaturbedarf. Dies hätte einen plötzlichen Bedarf für Ersatzinvestitionen mit kaum abschätzbaren Folgen für den Netzbetrieb bedeutet.

Hierzu gelang es dem BDEW gemeinsamen mit anderen nationalen und europäischen Branchenvertretern im Vorfeld der Abstimmung am 30. März, alternative Regelungen in der Parlamentsposition zu verankern, die eine fortlaufende Beschaffung von Ersatzteilen auch für Bestandsanlagen ermöglichen. Dass bei Reparaturen die eingesetzte F-Gase-Menge und die Kapazität der Schaltanlagen nicht ansteigen dürfen, ist eine deutlich geringere Einschränkung als ein komplettes Beschaffungsverbot für Ersatzteile.

BDEW-Bewertung der Parlamentsposition

Die nun in der Position des Europäischen Parlaments verankerte Regelung zur Ersatzteilbeschaffung für Bestandsanlagen ist aus Sicht des BDEW und europäischer Partnerverbände ein voller Erfolg. So wird sichergestellt, dass bestehende Anlagen repariert werden dürfen und eine Vorschrift für Schaltanlagen nicht zur Gefährdung des sicheren Netzbetriebs oder des Ausbaus der Stromnetze und somit des Anschlusses von Erneuerbaren Energien führen.

Die Verwendung von stark klimaschädlichen Gasen wie SF6 auch in der Energiewirtschaft auslaufen zu lassen wird durch entsprechende Vorschriften für Neuanlagen, die sachgerechte Übergangsregelungen enthalten, angereizt.

Positionsbildung auch im Rat

Im Rat steht die Meinungsbildung ebenfalls kurz vor dem Abschluss. Auch hierbei hatte sich der BDEW wiederholt mit Nachdruck eingebracht. Ein Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft, wonach bereits ab 2026 keine zusätzlichen SF6-Mengen in Umlauf gebracht werden dürften und die Nachfüllung dieses Gases ab 2035 vollständig hätte eingestellt werden müssen, konnte abgewendet werden.

Problematisch ist nach Ansicht der Branche weiterhin, dass die zuständige Ratsarbeitsgruppe – anders als Kommission und Parlament – die Ausschlussfristen für bisherige Technologien nicht an das Inverkehrbringen, sondern an die Inbetriebnahme der Anlagen knüpfen möchte. Dadurch entstehen den Betreibern Risiken, wenn sich die Inbetriebnahme aus von ihnen nicht verschuldeten Gründen über die Ausschlussfrist hinaus verzögert. Die derzeit von der Ratsarbeitsgruppe favorisierte Regelung, die insgesamt in Umlauf befindliche SF6-Menge ab 2035 zu begrenzen und ab diesem Zeitpunkt für die Nachfüllung bei bestehenden Anlagen nur noch wiedergewonnenes bzw. aufbereitetes SF6 zu verwenden, wäre nach überwiegender Ansicht in der Branche hingegen umsetzbar.

Nächste Schritte

Sollte der Rat bereits im April oder im Mai 2023 seine Position („Allgemeine Ausrichtung“) abstimmen, könnten die Trilogverhandlungen zeitnah beginnen. Ob die Novellierung noch vor Ende Juni unter der laufenden schwedischen Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden kann, hängt wesentlich vom Verlauf dieser Verhandlungen ab.

Der BDEW und die einbezogenen Unternehmen und Verbände werden sich auch in der Trilogphase weiterhin dafür einsetzen, dass die vorgetragenen Positionen in der neuen Fassung der F-Gase-Verordnung Niederschlag finden und diese der Branche einen sukzessiven, aber geordneten Ausstieg aus SF6-Gasen mit sachgerechten Übergangsregelungen ermöglicht.

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