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EuGH stärkt erneut Klagerechte von Umweltverbänden gegen Vorhabengenehmigungen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 15. Oktober 2015 ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Klagen von Umweltverbänden gegen Vorhabengenehmigungen verkündet. Danach ist es nicht zulässig, Klagerechte von Umweltverbänden auf solche Einwendungen zu beschränken, die bereits im Genehmigungsverfahren vorgebracht wurden bzw. hätten vorgebracht werden können. Das Urteil hat zur Folge, dass die entsprechende nationale Vorschrift auch in laufenden Gerichtsverfahren nicht mehr angewendet werden darf und sich der Prüfumfang der Gerichte voraussichtlich deutlich erweitern wird. Die Folge sind dann auch längere Gerichtsverfahren. Das Urteil berührt Projekte der Energie- und Wasserwirtschaft, die von Umweltverbänden gerichtlich angegriffen werden.

Die Kommission hatte im Jahr 2013 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Überprüfung einzelner Vorschriften des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) auf ihre Vereinbarkeit mit Europarecht erhoben. Gegenstand der Auseinandersetzung war das Verständnis der Vorschriften über Klagerechte von Umweltverbänden gegen umweltrelevante Vorhabengenehmigungen nach der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der Industrieemissionsrichtlinie. Das am 15. Oktober 2015 verkündete Urteil (C-137/14) bildet den vorläufigen Schlusspunkt in einer Reihe von Entscheidungen des EuGH zum UmwRG (zuletzt Urteil vom 17. November 2013 "Polder Alrtrip", siehe BDEW-direkt 12/2013).

Das UmwRG räumt Umweltverbänden bestimmte Klagerechte ein, enthält aber auch Beschränkungen. Eine in der Praxis sehr wichtige Beschränkung ist die sog. Präklusionsregelung (Paragraf 2 Absatz 3 UmwRG), nach der die Verbände im Klageverfahren mit solchen Einwendungen ausgeschlossen sind, die sie nicht bereits im Rahmen der Beteiligung im Genehmigungsverfahren vorgebracht haben. Die Präklusionsregelung dient in hohem Maße der Verfahrenseffizienz und wurde von den Gerichten in der Praxis auch häufig angewendet. Die Umweltverbände haben die Regelung stets kritisiert.

Diese Präklusionsregelung hat der EuGH nunmehr für europarechtswidrig erklärt und somit der EU-Kommission Recht gegeben. Die Bundesregierung hatte die Regelung verteidigt, wofür sich auch der BDEW eingesetzt hatte. Den Gesichtspunkt der Verfahrenseffizienz lässt das Gericht als Rechtfertigungsgrund für die weitreichende Beschränkung des klägerischen Vorbringens nicht gelten. Der EuGH gibt zwar den Hinweis, dass stattdessen eine Regelung zu missbräuchlichem oder unredlichem Vorbringen zulässig wäre. Eine solche Regelung hätte in der Praxis aber keine der geltenden Präklusionsregelung vergleichbare Wirkung.

Daneben hat das Gericht seine "Polder Altrip"-Rechtsprechung aus dem Jahr 2013 bekräftigt, nach der die Aufhebung einer Vorhabengenehmigung aufgrund eines Verfahrensfehlers nicht an ein vom Kläger zu beweisendes Kausalitätskriterium geknüpft werden darf. Dieses Urteil hat bereits Eingang in einem Gesetzentwurf zur Änderung des UmwRG gefunden, das aktuell im parlamentarischen Verfahren anhängig ist (siehe BDEW direkt 9/2015). Das nunmehr vorliegende Urteil wird eine weitere Novelle zur Folge haben, zu der bereits im November mit der Verbändeanhörung zu rechnen ist.

Absage an eine reine Interessentenklage Privater

Positiv hervorzuheben ist, dass der EuGH einer Rüge der EU-Kommission mit Blick auf Klagen Einzelner nicht gefolgt ist: Der EuGH hält es für zulässig, dass die gerichtliche Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung davon abhängig gemacht wird, dass diese den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Das bedeutet, dass private Kläger auch künftig eine Verletzung durch die Vorhabengenehmigung in eigenen Rechten geltend machen müssen. Einer reinen Interessentenklage ist damit erfreulicherweise eine Absage erteilt.

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