Der BDEW hat wegen der aktuellen Belastung der IT- und Prozessbereiche in den Unternehmen zur Krisenbewältigung der BNetzA vorgeschlagen, die regulatorischen Prozessprojekte zeitlich zu verschieben und sich auf die anstehenden IT-Sicherheitsarbeiten und eine Stabilisierung der Prozesslandschaft zu konzentrieren. Obwohl mit dem Vorschlag die gesetzlichen Vorgaben weiterhin eingehalten würden, lehnt die BNetzA eine Verschiebung bereits regulatorisch festgelegter Implementierungsfristen ab.
Die Unternehmen der Energiewirtschaft engagieren sich in hohem Maße in der Umsetzung vielfältiger gesetzlicher und regulatorischer Anforderungen. Um die Bürgerinnen und Bürger in dieser schwierigen Lage zu entlasten, setzen die Unternehmen der Energiewirtschaft u.a. mit den Energiepreisbremsen gegenwärtig sehr umfassende Maßnahmen um. Die Umsetzungen dieser Ad-hoc-Maßnahmen überschneiden sich mit einer Reihe bereits längerfristig regulatorisch vorgegebener Maßnahmen (u.a. Umsetzung der BNetzA-Festlegungen zur elektronischen Absicherung der Marktkommunikation durch AS4/Strom sowie zum Universalbestellprozess) und absehbarer Neuerungen infolge der Novellierung des MsbG und der anstehenden BNetzA-Festlegung zum § 14a EnWG.
Viele BDEW-Mitgliedsunternehmen haben an den BDEW adressiert, dass die Belastungssituation bei den Mitarbeitenden in den Unternehmen erheblich ist. Ferner ist die Umsetzung abhängig von der Verfügbarkeit von Software-Lösungen sowie Dienstleisterkapazitäten. Daraus können eine Priorisierung der Umsetzungsmaßnahmen, eine sinkende Qualität sowie lange ressourcenbindende Stabilisierungsphasen in den Unternehmen resultieren.
Der BDEW hat daher gemeinsam mit den relevanten Fachgremien einen Vorschlag erarbeitet, der vor dem Hintergrund einer veränderten Cyber-Bedrohungslandschaft den Fokus auf die Sicherheit in den energiewirtschaftlichen Prozessen und auf die Stabilisierung der bestehenden Prozesse legt. Basis des Vorschlags ist eine Gesamtschau aller IT- und prozessrelevanten Projekte. Im Ergebnis ließe sich der Go-Life aller in den nächsten Jahren anstehenden regulatorischen Prozessprojekte jeweils um ein halbes Jahr schieben, ohne dabei gesetzliche Fristen zu verletzen. Gleichzeitig könnten die anstehenden sicherheitsrelevanten Projekte priorisiert werden. Die Einigung auf dieses Vorgehen hätte bis zum 31. März 2023 erfolgen müssen, um eine geordnete Umsetzung sicherzustellen.
Der BDEW hat den Bedarf zur Anpassung der Implementierungsfristen auf Spitzenebene gegenüber der BNetzA und dem BMWK sehr deutlich kommuniziert und die Entscheidung der BNetzA kritisiert. Die BNetzA ist den Vorschlägen nicht gefolgt. Sie hat darauf verwiesen, dass sonst jene Unternehmen, die eine fristgerechte Implementierung schaffen, durch eine Verschiebung der Vorgaben benachteiligt würden.
Damit sind die nachstehenden IT-/prozessrelevanten Projekte wie geplant umzusetzen:
- Oktober 2023 bis 1. April 2024: Einführung der elektronischen Absicherung der Marktkommunikation durch AS4 Strom
- 1. Oktober 2023 und 1. April 2024: Umsetzung der BNetzA-Festlegung zum Universalbestellprozess
- 1. Oktober 2023: Umsetzung der BNetzA-Vorgaben zur ladevorgangsscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für die Elektromobilität
- 1. Oktober 2023: Einführung digitaler Sperrprozesse für die Sparte Gas
- Tbd.: Umsetzung neuer Vorgaben aus dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende
- Tbd.: Umsetzung von § 14a EnWG (steuerbare Verbrauchseinrichtungen)
- 1. April 2025 (von BNetzA avisiert): Umsetzung des BNetzA-Festlegungsverfahrens für einen beschleunigten Lieferantenwechsel in 24 Stunden
Der BDEW wird sich weiterhin gegenüber der Politik und BNetzA dafür einsetzen, dass adäquate Zeitfenster zur Implementierung von Regelungen zur Umsetzung der Liberalisierung, Dezentralisierung und Flexibilisierung der Energiewirtschaft gesetzt werden. Außerdem sind Projekte zu priorisieren, die substanziell zu einer Beschleunigung der Energiewende sowie zur Cyber-Sicherheit beitragen. Natürlich wird der BDEW auch weiterhin die Unternehmen bei der Umsetzung der Vorgaben durch praxisorientierte Umsetzungsdokumente und Anwendungshilfen unterstützen.