Drucken

Klagerechte gegen Vorhabengenehmigungen maßvoll ausgestalten

Vorhabengenehmigungen für Erzeugungsanlagen, Leitungsbau- und Wasservorhaben sind von Privatpersonen und Umweltverbänden unter den u.a. im Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) geregelten Voraussetzungen gerichtlich anfechtbar. Das Bundesumweltministerium hat eine "kleine Novelle" des UmwRG angestrengt, nach der Verfahrensfehler, z.B. im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung, eine größere Bedeutung bekommen sollen.

Der vom Bundeskabinett am 12. August 2015 beschlossene und gegenüber dem ersten Referentenentwurf des Bundesumweltminsteriums angepasste Gesetzentwurf hat erfreulicherweise vom BDEW vorgebrachte Kritikpunkte berücksichtigt. Insbesondere kann ein privater Kläger Verfahrensfehler auch künftig nur dann rügen, wenn er durch den Fehler individuell benachteiligt wurde.

In Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erzeugungsanlagen, Leitungsbau- und Wasservorhaben sind vielfältige Vorschriften zu beachten. Dabei spielen auch Verfahrensvorschriften eine maßgebliche Rolle. Fehler im Verfahren, beispielsweise im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung, erhöhen das Risiko einer Klage und einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung durch das Gericht. Der BDEW hat in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Bundesumweltministeriums einer "kleinen Novelle" des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eine maßvolle Neuregelung der Folgen von Verfahrensfehlern gefordert. Insbesondere sollte ein Klagerecht Privater an eine Verletzung in eigenen Rechten geknüpft werden. Der nunmehr vom Bundeskabinett am 12. August 2015 beschlossene Entwurf eines "Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12" räumt Kritikpunkte des BDEW in weiten Teilen aus und ist insoweit grundsätzlich positiv zu bewerten.

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahre 2013 ("Altrip"), mit dem die Anforderungen an die Folgen von Verfahrensfehlern im Klageverfahren verschärft wurden. In dem Urteil hatte der EuGH insbesondere die Regelung zu den Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern in § 4 UmwRG als unvollständig gerügt.

Inhalte des Gesetzentwurfs

Der Entwurf sieht in mehreren Punkten Änderungen des § 4 UmwRG vor. Dies betrifft zum einen die Differenzierung zwischen absoluten Verfahrensfehlern, die wegen ihrer Art und Schwere zwingend zu einer gerichtlichen Aufhebung der angegriffenen Entscheidung führen müssen und relativen Verfahrensfehlern, die eine solche Aufhebung nicht zwingend erfordern. Im Falle eines relativen Verfahrensfehlers soll die Behörde die Möglichkeit haben, nachzuweisen, dass sich der Fehler auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgewirkt hat (Kausalitätserfordernis). Gelingt ihr dies nicht, wird vermutet, dass der Verfahrensfehler die Entscheidung beeinflusst hat.

Dem Grunde nach sind die Vorschläge eine folgerichtige Umsetzung der Altrip-Entscheidung des EuGH. Während der Referentenentwurf vom 26. Juni 2015 aber noch deutlich über das zur Umsetzung Notwendige hinaus ging, sind diese Punkte mit dem nunmehr vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf weitgehend beseitigt. Nach dem Referentenentwurf stand zu befürchten, dass ein Privater die Vorhabengenehmigung wegen eines schweren Fehlers im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgreich anficht, obwohl ihn der Fehler gar nicht betroffen hat, weil er z.B. vom Vorhabenträger gesondert informiert und einbezogen wurde. Dies hat der beschlossene Gesetzentwurf korrigiert. Daneben muss der Verfahrensfehler der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der Beteiligung genommen und diese nicht nur erschwert haben. Auch dies ist eine positive Fortentwicklung des Referentenentwurfs, die der BDEW gefordert hatte.

Stellungnahme des BDEW

Neben der Forderung, dass ein privater Kläger durch den Verfahrensfehler auch in seinen eigenen Rechten verletzt sein muss, um die Aufhebung der Entscheidung zu erwirken, hat der BDEW dargelegt, dass eine Anpassung des UmwRG rechtlich nicht zwingend geboten ist. Die Rechtsprechung kann die ihr vorliegenden Einzelfälle ohne Weiteres anhand der Vorgaben des EuGH in der Altrip-Entscheidung umsichtig bewerten. Änderungen am Wortlaut des § 4 UmwRG bergen die Gefahr, dass über das notwendige Maß hinaus gegangen wird, was sich im Referentenentwurf auch zeigte. Hilfsweise machte der BDEW Formulierungsvorschläge zu § 4 UmwRG, um beabsichtigte oder unbeabsichtigte Verschärfungen gegenüber den Vorgaben des EuGH zu vermeiden. Die Kritikpunkte sind nun weitgehend ausgeräumt.

Weitere Änderungen des UmwRG absehbar

Mit weiteren Änderungen am UmwRG, etwa mit Blick auf die von der Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz im Jahr 2014 gerügten Mängel sowie das laufende Vertragsverletzungsverfahren zum UmwRG vor dem EuGH, zu dem ein Urteil im Herbst 2015 erwartet wird, ist zu rechnen. Hierzu wird es aber ein gesondertes Gesetzgebungsverfahren geben. Der BDEW wird die Interessen der Energie- und wasserwirtschaft auch dort gezielt einbringen.

Suche