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Das Markttransparenzstellen-Gesetz - von der REMIT-Umsetzung zum Monitoring der Energiewende

Der Bundesrat hat am 23. November 2012 das vom Deutschen Bundestag beschlossene Markttransparenzstellen-Gesetz gebilligt. Das Gesetz ergänzt die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und schafft die Voraussetzung für die Errichtung einer Markttransparenzstelle für die Überwachung des Großhandels mit Strom und Gas. Die Markttransparenzstelle soll u.a. Informationen zu Fundamental-, Erzeugungs- und Handelsdaten für die Beurteilung verschiedenster Fragestellungen im Rahmen des Monitorings und der Begleitung der Energiewende sammeln. Das Gesetz setzt mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zugleich die Vorgaben der Europäischen Verordnung über Energiemarktintegrität und -transparenz (REMIT) um. Es wird einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt und damit voraussichtlich noch bis Jahresende 2012 in Kraft treten.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes und der Änderung im GWB ergeben sich noch keine konkreten Handlungspflichten hinsichtlich der Datenmeldung an die Markttransparenzstelle. Die Befugnisse der Markttransparenzstelle müssen zunächst in einer Verordnung konkretisiert werden.

Das Gesetz ergänzt außerdem die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) wird mit dem Inkrafttreten der neuen Regelungen auch für die Überwachung der Einhaltung der REMIT-Vorgaben zuständig sein. Weder das EnWG noch die REMIT selbst sahen bisher konkrete Sanktionen für Verstöße vor. Die REMIT verpflichtet die Mitgliedstaaten vielmehr, innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Inkrafttreten Sanktionen vorzusehen und die Durchsetzung der EU-Verordnung sicherzustellen. Diese Umsetzungsverpflichtung aus der REMIT hat Deutschland mit der Ergänzung der Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten in Paragraph 95 EnWG und der Einführung von Strafvorschriften in Paragraphen 95a und b EnWG bereits vorzeitig erfüllt. Mit Blick auf die Auslegung der REMIT-Pflichten bestehen derzeit allerdings noch große Unsicherheiten. Der BDEW hatte bereits im Dezember 2011 eine Handlungsempfehlung zur Umsetzung der REMIT-Vorgaben veröffentlicht. In welchem Maß die neuen Sanktionen praktisch Anwendung finden werden, ist aber noch offen.

Der BDEW hatte bereits den Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas stark kritisiert. Den betroffenen Unternehmen drohen hoher Verwaltungsaufwand und damit verbunden erhebliche bürokratische Lasten, die in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Das geplante Vorgehen passt sich nicht in den europäischen Rahmen ein und verdoppelt Berichtspflichten mit Blick auf die seit Dezember 2011 geltende EU-Verordnung REMIT. In der Expertenanhörung am 15. Oktober 2012 äußerte sich die Mehrheit der Sachverständigen - darunter auch das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur - kritisch bis ablehnend zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf des Markttransparenzstellen-Gesetzes, auf dessen Basis neben den Großhandelspreisen für Energie auch Kraftstoffpreise an Tankstellen überwacht werden sollen.

Das Gesetz sieht jetzt eine neue Aufteilung der Arbeiten zwischen Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur vor. Das Bundeskartellamt soll - wie ursprünglich geplant - die Marktbeobachtung im Bereich Kraftstoffe übernehmen. Die Bundesnetzagentur wird dagegen zukünftig für die Überwachung der Strom- und Gasmärkte zuständig sein.

Diese Änderung ist nach Einschätzung des BDEW insoweit konsequent, als sich das ursprüngliche Ziel des Gesetzes von wettbewerbsrechtlichen Fragen der missbräuchlichen Kapazitätszurückhaltung hin zu Fragen der Versorgungssicherheit verschoben hat.

Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur hatten schon im Rahmen einer Anhörung im Bundestag geäußert, dass die Erhebung dieser Daten zur Marktüberwachung, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen habe, nicht mehr erforderlich sei, da Kapazitätszurückhaltung kein Problem mehr sei.

Aktuell sollen die in der Markttransparenzstelle gesammelten Informationen zu Fundamental-, Erzeugungs- und Handelsdaten für die Beurteilung verschiedenster Fragestellungen im Rahmen des Monitoring und der Begleitung der Energiewende verwendet werden. Der BDEW kritisiert am Markttransparenzstellen-Gesetz weiterhin, dass die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen der Marktteilnehmer zur Datenmeldung und -veröffentlichung ungenutzt bleiben.

Mit Blick auf die Umsetzung der REMIT-Verordnung bleibt es darüber hinaus leider nach wie vor bei einem nationalen und wenig zweckmäßigen Sonderweg. Diese Auffassung teilt auch die EU-Kommission. Das Gesetz zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle in Deutschland ignoriert die enge Verknüpfung der europäischen Energiemärkte und beschränkt sich auf eine nationale Betrachtung des Energiehandels.

Der befürchtete Aufbau von Doppelstrukturen zur Erfassung von Handelsgeschäften und Fundamentaldaten wird auch durch die Verlagerung der Aufgaben zur Bundesnetzagentur nicht aufgehoben. Der BDEW wird sich im Rahmen der praktischen Umsetzung weiterhin für die Synchronisierung des Startzeitpunktes der Datenmeldung an die Markttransparenzstelle mit der Datenmeldung im Rahmen der REMIT an die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) einsetzen, um den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen zu begrenzen. Derzeit läuft eine Konsultation der europäischen Kommission zur Meldung von Transaktionsdaten im Rahmen der REMIT, an der sich der BDEW auch beteiligt. Mit der Stellungnahme fordert der BDEW auch die Synchronisierung der verschiedenen europäischen Meldeanforderungen an die Unternehmen der unterschiedlichen Regulierungssysteme (z.B. REMIT, EMIR, ESMA). Die Konsultation läuft bis zum 7. Dezember 2012.

Da der Bundesrat in seiner Sitzung vom 23. November 2012 zu dem Gesetz keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt hat, ist der Weg frei für die Ausfertigung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und die anschließende Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Das Gesetz wird am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (in der Regel innerhalb von ca. vier Wochen nach dessen Verabschiedung) in Kraft treten.

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