Hintergrund der Studie über Einflussfaktoren auf den zukünftigen Leistungsbedarf der Verteilnetzbetreiber waren die stets konträren Positionen und Annahmen von VNB und FNB im Zuge des NEP Gas hinsichtlich der Entwicklung von Erdgasverbrauch und Leistungsbedarf. Während die FNB stets im NEP Gas die Annahme zugrunde legten, dass die bei den Endverbrauchern bereitzustellende Leistung analog zum Gasverbrauch sinken wird und dies zu einer Reduktion des zukünftigen Leistungsbedarfs beim nachgelagerten Netzbetreiber führen würde, sahen es die VNB hingegen als nicht erwiesen an, dass der im NEP Gas unterstellte Rückgang des Erdgasverbrauchs in Deutschland zu einem Rückgang des Leistungsbedarfs im Verhältnis 1:1 führt.
Die FNB stützen ihre Annahmen dabei auf den Ansatz der Prognos AG, welche die angefragten Bestellleistungen der VNB für das Folgejahr auf der Basis der Erdgas-Bedarfsentwicklungen aus dem Szenariorahmen in die Zukunft prognostiziert. Die VNB hingegen stützen sich auf das tatsächliche Wachstum der letzten Jahre und prognostizieren individuell einen Trend für die nächsten zehn Jahre. Dabei verwenden sie in erster Linie firmeninterne Statistiken und Erkenntnisse aus der Netz- und Regionalplanung und berücksichtigen die Rückmeldung nachgelagerter Netzbetreiber.
Angesichts dieser konträren Positionen von FNB und VNB bezüglich der Entwicklung des Leistungsbedarfs äußerte die Bundesnetzagentur (BNetzA) im Zuge der Bestätigung des NEP Gas 2014, dass sie die Bedenken der VNB gegen den FNB-Prognose teile, denn: "die Korrektur des Kapazitätsbedarfs auf Basis dieses Ansatzes bildet in einigen Regionen, insbesondere im süddeutschen Raum, nicht den gegenwärtig bestehenden Kapazitätsbedarf der Verteilernetzbetreiber ab und lässt die Befürchtung aufkommen, dass Engpässe bei der Gewährung der Kapazitäten im Rahmen der internen Bestellungen nicht hinreichend durch Netzausbauplanung abgefedert werden" und forderte die FNB auf, diese unterschiedlichen Positionen zu erläutern.
Die bedarfsgerechte Netzausbauplanung der Fern- und Verteilnetzebene ist aber eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen Deutschlands. Ein wichtiger Bestandteil hierfür ist eine sachgerechte Prognose der Entwicklung des Leistungsbedarfs bei Letztverbrauchern. Die Netze müssen dem Leistungsbedarf gerecht werden, um eine sichere Versorgung mit Gas gewährleisten zu können. Bei der Erstellung des NEP Gas hat die Berücksichtigung des zukünftigen Leistungsbedarfs der VNB eine hohe Bedeutung, da dieser den erforderlichen Ausbau des deutschen Erdgasnetzes insgesamt beeinflusst.
Wesentliche Ergebnisse der Studie
In der FfE-Studie wurden mehrere Faktoren (u.a. Sanierung im Gebäudebestand, Energiekostenentwicklung) in den Sektoren wie Haushalte, Industrie und Gewerbe, Handel und Dienstleistung genauer betrachtet, die einen Einfluss auf den Leistungsbedarf der VNB haben und es wurde eine differenzierte Analyse zu einzelnen RLM- und SLP-Kundensegmenten vorgenommen. Die Studie bestätigt den angenommenen Zusammenhang zwischen Erdgasverbrauch und Leistungsbedarf, allerdings in einem komplexeren Verhältnis als zunächst vermutet.
Sie kommt zu dem Schluss, dass der Leistungsbedarf in Deutschland von 2015 bis 2025 um 6,2 Prozent (unter Annahme konstanter Leistungsbezüge in der Industrie) bzw. 7,8 Prozent (unter Annahme konstanter Vollbenutzungsstunden in der Industrie) sinkt, wenn der Gasverbrauch entsprechend der Energiereferenzprognose in diesem Zeitraum um 12,7 Prozent zurückgeht. Einzelne Betriebe und deren zukünftiger Verbrauch bzw. deren Umstieg auf Erdgas konnten aufgrund der Granularität der Energiereferenzprognose darin nicht betrachtet werden. Hierdurch kann es in Einzelfällen deutliche Abweichungen des Leistungsbedarfs von Verteilnetzen in beide Richtungen geben, da regionale Unterschiede bei der Leistungsnachfrage möglich sind.
Schwerpunkt bzw. Aufgabe der Studie war die Ermittlung der Einflussfaktoren auf den zukünftigen Leistungsbedarf, nicht die für die Modellierung auch erforderliche Inputgröße des zukünftigen Erdgasverbrauchs. Vor diesem Hintergrund ist in der Studie vereinfachend auf die aktuelle Energiereferenzprognose zurückgegriffen worden.
Um Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, die zukünftige Entwicklung der Leistung ihrer Netze auf Basis der Energiereferenzprognose zu betrachten, wurden die Ergebnisse in einem Excel-Tool mit regionaler Auflösung zusammengefasst. Die regionale Auflösung ist relativ offen gehalten, so dass der Verteilnetzbetreiber die voreingestellten postleitzonenscharfe Indikationswerte entsprechend seiner netzspezifischen Belange und Wachstumsansätze begründet anpassen kann. Mit dem Leistungsbedarfstool steht den VNB ein Instrument für die Ermittlung der Langfristprognose zur Verfügung. Der Leistungsbedarf der VNB kann von diesen zukünftig noch fundierter abgebildet und somit der angemessene Netzausbau in den FNB-Netzen noch besser angezeigt werden, um letztlich bestehende Engpässe aufzulösen und potentielle Netzengpässe erst gar nicht entstehen zu lassen.
Weiteres Vorgehen / Empfehlung des BDEW
Die Ergebnisse der Studie sollen in die zukünftigen Netzentwicklungspläne Gas (ab NEP Gas 2016) einfließen und in den Modellierungen Berücksichtigung finden. Die BNetzA hat darüber hinaus mit der Bestätigung zum Szenariorahmen NEP Gas 2015 die FNB beauftragt, die Langfristprognose der VNB bis 2025 als verpflichtend in der Modellierung zum NEP Gas anzusetzen.
Für die Ex-post-Arbeiten zur Studie befürwortet der BDEW die Prüfung der Weiterentwicklung von Paragraph 16 Langfristprognose in den laufenden Arbeiten zur KoV VIII, insbesondere eine mögliche Überführung mit Anpassung des Excel-Tools für VNB zur Ermittlung des zukünftigen Leistungsbedarfs aus der Studie. In diesem Kontext möchte der BDEW darauf hinweisen, dass zukünftig auch geprüft werden sollte, inwieweit die alleinige Bezugnahme auf die Energiereferenzprognose in der Studie nicht durch alternative Ansätze ggf. in Form eines Korridors (ähnlich wie bei der Darstellung des Leistungsbedarfs im Industriekundensegment) ergänzt werden könnte, da die Grundannahme in der Studie davon ausgeht, dass ein Verbrauchsrückgang erfolgt, es aber weiterhin andere Studien gibt (z.B. Shell/BDH, Hauswärme-Studie, 2013), welche einen deutlich geringeren Verbrauchsrückgang im Haushaltssektor prognostizieren.