Drucken

BDEW begleitet Überarbeitung der EU-Verordnung zur Sicherheit der Erdgasversorgung

Am 8. April 2015 endete die Konsultation der Europäischen Kommission mit Blick auf die anstehende Novellierung der Erdgas-Versorgungssicherheits-Verordnung (Erdgas-SoS-VO). Der BDEW hat sich mit einer detaillierten Stellungnahme in den Prozess eingebracht.

Die Vorarbeiten der Europäischen Kommission für die angekündigte Überarbeitung der Erdgas-Versorgungssicherheits-Verordnung (Erdgas-SoS-VO) schreiten voran. Am 8. April 2015 endete die Frist der öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission, die das Thema Energiesicherheit als einen Schwerpunkt im Jahr 2015 identifiziert hat. Grundlage für die Überarbeitung sind die Ergebnisse der Stresstests zur Energiesicherheit im Winter 2014/2015 sowie des Berichts zur Umsetzung der Erdgas-SoS-VO, den die Kommission am 16. Oktober 2014 vorgelegt hatte. Der BDEW hat eine Stellungnahme zu der Konsultation erarbeitet. Neben einer Bewertung der von der Kommission zur Diskussion gestellten Ansätze beinhaltet diese auch konkrete Vorschläge für eine bessere Umsetzung und punktuelle Anpassung der bestehenden Verordnung.

Funktionierender Wettbewerb und belastbare Infrastruktur sind Grundlage für Versorgungssicherheit

Die Ergebnisse des Stresstests 2014/2015 haben gezeigt, dass die Versorgungssicherheit in den bestehenden Systemen der Mitgliedstaaten dort am stärksten ist, wo sich funktionierende, d.h. offene und liquide Märkte mit einer Vielzahl von Versorgern und einem intensiven Wettbewerb ausgebildet haben. Die Krisenanfälligkeit hingegen ist dann am größten, wenn infrastrukturelle Defizite die Diversifikation der Versorgung und die Ausgestaltung eines funktionierenden Wettbewerbs einschränken. Die Existenz funktionierender Märkte auf Basis belastbarer Infrastrukturen in allen EU-Mitgliedstaaten ist deshalb Grundlage für die Gewährleistung EU-weiter Versorgungssicherheit.

Zur Stärkung des Wettbewerbs setzt sich der BDEW dafür ein, dass Unternehmen grundsätzlich weiterhin eigenverantwortlich Entscheidungen treffen können, um den Versorgungsverpflichtungen gegenüber ihren Endkunden nachkommen zu können. Auch im Falle von Versorgungsstörungen sollten Marktmechanismen so lange wie möglich aufrecht erhalten werden, um erst bei Auftreten eines Notfalls Kompetenzen an Nationalstaaten und daraufhin auf die europäische Ebene zu übertragen: Das bewährte dreistufige Vorgehen der Entscheidungsfindung (1. Erdgasunternehmen, 2. Mitgliedstaaten, 3. EU) ist deshalb zu erhalten. Parallel zur Ausbildung eines intensiven Wettbewerbs sollte der Ausbau einer belastbaren Infrastruktur von den Mitgliedstaaten forciert werden; um regionalen Gegebenheiten gerecht zu werden, sollte dieser Ausbau der nationalstaatlichen Entscheidungshoheit unterliegen.

Die bisherige Erdgas-SoS-VO bietet mit dem bestehenden Versorgungs- sowie dem Infrastrukturstandard bereits einen geeigneten Rahmen zum Erreichen eines gleichen Niveaus in den Mitgliedstaaten, auf Basis dessen die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit weiter gestärkt werden kann. Die Umsetzung der bereits vorgegebenen Standards sollte deshalb in allen Mitgliedstaaten forciert werden. Um dem Solidaritätsgedanken im Krisenfall gerecht zu werden, sollten die Mitgliedstaaten jedoch gleichzeitig größtmögliche Transparenz in Bezug darauf gewährleisten, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der Versorgungs- und Infrastrukturstandards implementieren.

BDEW-Positionen zur Novellierung der Erdgas-SoS-VO

Zusammen mit diesen grundlegenden Positionen ergeben sich somit folgende konkrete Ansätze in der Weiterentwicklung der Erdgas-SoS-VO:

  • Zur Stärkung des Binnenmarkts sollten die EU-Mitgliedstaaten die bereits vorliegenden Vorgaben zum Infrastrukturstandard konsequent umsetzen; eine Überarbeitung des bestehenden Standards ist nicht notwendig. Zusätzlich sollten die Mitgliedstaaten insbesondere dort, wo es der Erreichung des Standards dient, die Möglichkeit zum physischen Reverse-Flow schaffen bzw. ausbauen.

  • In der Einhaltung des vorgegebenen Versorgungsstandards sollte ein ergebnisorientierter Ansatz verfolgt werden. Die Mitgliedstaaten sowie insbesondere die Unternehmen sollten einen entsprechenden Freiraum bei ihrer Wahl der Maßnahmen zur Einhaltung des Standards haben. Es sollte jedoch transparent sein, mit welchen Maßnahmen die jeweiligen Mitgliedstaaten den Standard erfüllen.

  • Die nationalstaatlichen Festlegungen der jeweiligen Kreise geschützter Kunden in den Mitgliedstaaten sollten zum Erreichen einer Gleichbehandlung bei notwendigen Solidaritätsmaßnahmen eine strikte Einhaltung der Vorgaben in der Erdgas-SoS-VO verfolgen; eine darüber hinausgehende Änderung der bestehenden Vorgaben ist jedoch nicht erforderlich.

  • Bei Vorliegen eines Notfalls muss ein bindender grenzüberschreitender Kommunikationsprozess zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, um nicht-marktbasierte Anpassungen grenzüberschreitender Lastflüsse in Engpasssituationen operativ umsetzen zu können. Dazu müssen entsprechende Vorgaben in der Erdgas-SoS-VO geschaffen werden, die gleichzeitig sicherstellen, dass ungebührliche Einschränkungen grenzüberschreitender Lastflüsse verhindert werden.

  • In auftretenden Engpasssituationen ist die eindeutige Zuordnung von Maßnahmen zu den verantwortlichen Akteuren zwingend erforderlich. Dazu ist sicherzustellen, dass bei Gasmangelsituationen, welche nicht mehr durch marktbasierte Maßnahmen beherrscht werden können, die Notfallstufe ausgerufen wird und dadurch ausschließlich die zuständige Behörde zur Anordnung nicht-marktbasierter Maßnahmen berechtigt, aber auch verpflichtet ist.

  • Die prozessuale Zusammenarbeit im Rahmen der Gas Coordination Group sollte derart konkretisiert werden, dass ihre Beratungsfunktion in Engpasssituationen belastbar wahrgenommen werden kann. Nur dadurch kann sie einen adäquaten Beitrag zum Krisenmanagement leisten.

Weiterer Verlauf der Novellierung

Die Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission wird die insgesamt 107 eingegangenen Stellungnahmen auswerten und plant, die Arbeiten an der parallel begonnenen Gesetzesfolgeabschätzung (Impact Assessment) bis Ende August 2015 abzuschließen. Vor Ablauf des Jahres, voraussichtlich im November 2015, möchte die Kommission dann einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Erdgas-SoS-VO vorlegen. Der BDEW wird sich weiterhin intensiv auf europäischer und nationaler Ebene für die beschriebenen Positionen einsetzen und seine Mitgliedsunternehmen kontinuierlich über den weiteren Verlauf informieren.

Suche