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Länderportrait:

Grünes Geld für Ghana 

Das Weltklima ist nur zu retten, wenn der globale Süden mitzieht. Doch wie lassen sich Maßnahmen finanzieren? Unterwegs in Ghana. 

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© Daria Fürst / BDEW

Das Land, auf dem Joseph Tetteh steht, ist voller haushoher Bambusbüsche. Als Bambusfarmer bezeichnet sich der Mann, der hier in Ghana – gut 15 Flugstunden von Dortmund entfernt – im Trikot der Dortmunder Borussia arbeitet, wie in einem Video erkennbar ist. Gerade hat er gelernt, wie man die Bambusvorkommen auch in Zukunft erhalten kann. Denn, angesichts der riesigen Büsche kaum zu glauben, es droht Knappheit: „Wir haben erfahren, dass die Art, wie wir den Bambus schlagen, Auswirkungen auf sein Wachstum hat“, erklärt Joseph Tetteh. 

Mit dem wild wachsenden Bambus hat Tettehs Heimatland einen wertvollen Rohstoff. Das schnell wachsende Gehölz lässt sich etwa zu Holzkohle verarbeiten. Oder zu nachhaltigem Toilettenpapier, wie es das niederländische Unternehmen „The Good Roll“ tut. Dazu hat es in der ghanaischen Hauptstadt Accra eine Tochtergesellschaft gegründet und in diesem Frühjahr eine Fabrik in der Kleinstadt Akosombo eröffnet, in der aus dem Bambus Toilettenpapier wird. Das Geld für den Ankauf des Rohstoffs von Bauern wie Tetteh wird gerade auf der Crowd-Investing-Plattform Frankly Green gesammelt: Es geht um eine „Alternative, die das Klima schont, fair produziert wird, die lokale Wirtschaft im Herkunftsland unterstützt und hunderttausende Bäume vor der Abholzung rettet“.

Klimaschutz: Nötig und schwierig

Der Klimaschutz – er ist auch in Ghana wichtig. Vor allem, um die eigenen Lebensgrundlagen zu erhalten, denn die Auswirkungen des Klimawandels bedrohen afrikanische Länder häufig deutlich stärker als Länder auf anderen Kontinenten. Und das, obwohl der durchschnittliche CO2-Ausstoß eines Menschen in Ghana mit 0,5 Tonnen deutlich niedriger liegt als beispielswiese der deutsche Pro-Kopf-Ausstoß von etwa 7,7 Tonnen CO2. 

Wie also kann Klimaschutz dort erreicht werden, wo vergleichsweise wenig zum Klimawandel beigetragen wird? Für die Antwort ist der gegenwärtige Zustand der Republik Ghana entscheidend. Hierzulande gilt sie als demokratisch gefestigt und als wichtiger Stabilitätsanker in Westafrika, seit 2017 ist sie zudem offiziell Reformpartner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) setzt sich für bessere Rahmenbedingungen für private Investitionen insbesondere im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz ein. 

Erfolge dabei sind wegen Corona, einer 2014 bis 2016 durchlebten Energiekrise ebenso wie des Ukraine-Kriegs gerade ebenso notwendig wie schwierig: Finanziellen Spielraum für den Klimaschutz hat das Land, dessen Währung dieses Jahr um 22 Prozent gegenüber dem Dollar verloren hat, nicht. Dem Council on Foreign Relations zufolge befindet sich Ghana unter den Top 10 der Länder mit dem höchsten Risiko eines nahenden Staatsbankrotts. Abhilfe schaffen sollen die Hilfe des Internationalen Währungsfonds und Einsparungen, die das ohnehin stark reduzierte Wirtschaftswachstum weiter belasten dürften. 

Die infolge des russischen Angriffskriegs auch hier steigenden Energiekosten treffen die Bevölkerung hart, auch wenn das durchschnittliche Jahreseinkommen Ghanas mit rund 1.700 Euro im regionalen Vergleich stark ist. Und obwohl das Land mit 87 Prozent der Bevölkerung eine der höchsten Elektrifizierungsraten Afrikas aufweist, sind mehr als vier Millionen Menschen vor allem in ländlichen Regionen noch ohne Zugang zu Elektrizität.

Hilfe aus dem globalen Norden

Allein die Umsetzung der im Pariser Klimaabkommen festgelegten Beiträge zur Bekämpfung des Klimawandels kostet Ghana bis 2030 rund 9,3 Milliarden Dollar. Nicht nur multilateral verhandelte Finanzierungsabkommen können dabei helfen, sondern auch Privatpersonen – dank Crowd-Investing-Plattformen wie Frankly Green, die an der Frankfurt School of Finance & Management in Kooperation mehrerer Einheiten entstand: Beteiligt sind etwa der Fondsmanager und Vermögensverwalter FS Impact und die sozial-ökologische GLS Bank. Das Bundesumweltministerium fördert Frankly Green im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative. Im September 2021 ging die Plattform online. Ghana gehört zu den ersten Ländern, auf die sich ihr Augenmerk richtet. Die Zusicherung, dass tatsächlich grüne Investments angeboten werden, ist laut Operations-Manager Torsten Becker „beim Crowd Investing einfacher als bei anderen Anlageformen, da man direkt in ein Unternehmen statt in eine Vielzahl von Titeln investiert.“ Zentral für Transparenz und Glaubwürdigkeit sei zudem die strenge Überprüfung der Unternehmen und der jeweils angestrebten Wirkung.

Zurück nach Akosombo, in die neu errichtete Fabrik, in der aus Bambus Toilettenpapier wird. Damit für die Produktion genug Bambus gekauft werden kann, müssen mindestens 150.000 Euro zusammenkommen. „Ihre Darlehensrückzahlung plus Zinsen erhalten die Investorinnen und Investoren dann über einen Zeitraum von drei Jahren“, so Valerie Muschik von Frankly Green. Die Gründung einer ghanaischen Tochterfirma war eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit den Niederländern. Denn weil Frankly Green in Fokusländern wie Ghana gezielt Unternehmen unterstützen will, die ihren Teil zum Klimaschutz beitragen – in der Regel KMU –, erklärt Muschik, würde die Plattform „keine Unternehmen finanzieren, die in Deutschland Produkte herstellen und für einen Produktionsschritt oder zum Verkauf nach Afrika bringen“. 

Win-Win-Situation für lokale Betriebe und die deutsche Energiebranche

Deutsche Anbieter klimafreundlicher Energielösungen, die eigene Produkte oder Dienstleistungen nach Ghana bringen möchten, sind indes richtig beim Projektentwicklungsprogramm (PEP) der Exportinitiative Energie, das von der GIZ im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt wird. „Energieintensive Industrien in Ghana haben angesichts steigender Strompreise großes Interesse an erneuerbaren Energien. Zudem sind viele lokale Betriebe motiviert, nachhaltiger zu produzieren und ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren“, sagt Tangmar Marmon, Clusterkoordinator der GIZ in Ghana. Ein Beispiel ist der obstverarbeitende Betrieb Bomarts Farms, auf dessen Dach 2021 Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 170 Kilowatt Peak installiert wurden. Die Herstellung von Trockenfrüchten erfordert viel Energie. Mit der Einführung von Photovoltaik spart das Unternehmen erheblich Stromkosten und bis zu 115 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr ein. 

Im PEP werden lokale Unternehmen zunächst zur technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit eines konkreten Erneuerbaren-Projekts beraten. Die GIZ bringt die lokalen Unternehmen entsprechend ihrer Anforderungen mit deutschen Systemanbietern zusammen. In diesen Kooperation „wird die Energiewende in den Partnerländern vorangetrieben, gleichzeitig profitieren deutsche Anbieter klimafreundlicher Energielösungen“, so Tangmar Marmon. Eine Win-Win-Situation, von der im Fall der Aufdachanlage beim Früchtebetrieb zwei deutsche und zwei ghanaische Unternehmen profitieren: Die deutsche Ecoligo GmbH verleiht die Anlage per Leasing an Bomarts Farms. Engineering und die Bauleitung übernahm die BeBa Africa GmbH zusammen mit dem lokalen Subunternehmer Tino Solutions, der sich vor Ort auch um die Wartung der Anlage kümmert. 

Licht und Schatten zugleich

Der Technologiefokus des PEP liegt auf Photovoltaik. Sechs Projekten mit einer Gesamtleistung von 1,85 Megawatt hat das Programm bisher den Weg geebnet. Das privatwirtschaftliche Investitionsvolumen liegt über 1,7 Millionen Euro. „Länder wie Ghana verfügen aufgrund hoher Sonneneinstrahlung und überdurchschnittlicher Energiepreise über günstige Voraussetzungen für einen Rollout dieser Technologie“, sagt Tangmar Marmon. Diesem Standortvorteil steht ein Moratorium entgegen, das die Regierung aufgrund der Überkapazität im Energiesektor 2019 auf Auktionen von privat finanzierten Großprojekten zur Netzstromproduktion (vs. Produktion für den Eigengebrauch) verhängt hat. Der Grund: Um die durch Dürre schwindenden Energiemengen aus Wasserkraft zu kompensieren, setzte die Regierung auch auf den Kauf fossiler Energien zu festen Abnahmemengen – was nun wie ein Bremsklotz für so manche innovative Idee wirkt. Trotz der Bereitschaft der Geldgeber liegen damit Investitionen auf Eis. Das PEP hat rund 40 Projekte mit einem potenziellen Investitionsvolumen von über 18 Millionen Euro und einer Gesamtleistung von bis zu 20 Megawatt in der Pipeline.



Erneuerbare Energien bringen Klima und Wirtschaft auf Zukunftskurs, Bambus-Toilettenpapier schont die Wälder. Es gibt viele Wege, Ghana zu unterstützen. „Mit der Entwicklung der Crowd-Investing-Plattform wollten wir Finanzierungsthemen rund um Klimawandel und Energiewende in die breite Öffentlichkeit tragen“, sagt Torsten Becker von frankly.green. Denn für manche Investoren gilt die mögliche Hilfe aus dem globalen Norden nicht nur wegen der klammen Finanzlage des Landes, sondern nicht zuletzt wegen des Gefälles beim Verursachen des Klimawandels auch als eine Frage der Gerechtigkeit.

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