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3 Fragen an...

Sven Hannawald

Auf dem Gipfel seiner Karriere musste Sven Hannawald auf die Bremse treten. Wie fängt man neu an, wenn man so hoch geflogen ist?

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© Robert Albrecht/BDEW

Herr Hannawald, Sie waren einer der erfolgreichsten Skispringer aller Zeiten – dann mussten Sie Ihre Sportlerlaufbahn aufgrund von psychischen Problemen beenden. Wie gelingt es, sich nach einer solchen Erfahrung neu zu erfinden? 
Für mich persönlich lautet die Antwort vor allem, sich Zeit zu nehmen. Mit dem nächsten Schritt zu warten, bis man wieder mit beiden Beinen fest im Leben steht. Nach meiner Diagnose Burnout und meinem Klinikbesuch dachte ich ja zuerst, dass ich weiter Skispringen können werde. Aber mein Körper hat mir dann ganz schnell das klare Signal gegeben, dass es für Höchstleistungen nicht mehr reichen wird. Deshalb musste ich aussteigen aus der Skisprungwelt, in der ich mich eigentlich wohlgefühlt habe.

Die größte Herausforderung für mich war damals, mir die nötige Ruhe zu gönnen, um mich neu zu sortieren. Als Leistungssportler ist man es ja gewöhnt, von Montag bis Sonntag einen Trainingsplan durchzuziehen und immer zu wissen, was als Nächstes kommt. Hier auf die Bremse zu treten und zu warten, dass sich etwas ergibt, das sich richtig anfühlt: Das war sehr schwierig für mich. Aber es war am Ende der Weg, der für mich funktioniert hat. 

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die heute junge Generation WintersportlerInnen? 
Ich erfreue mich an ihnen und genieße, dass ich als ARD-Experte live vor Ort sein darf und die Stimmung miterleben kann. Obwohl ich damals mit einem Burnout ausgestiegen bin, hege ich ja keinen Groll gegen den Skisprungsport. Ich finde, es ist ein Privileg, diesen Sport ausüben zu dürfen und die Gefühle zu erleben, die damit verbunden sind. Die heute jungen Sportlerinnen und Sportler unterscheiden sich im Übrigen gar nicht so sehr von unserer Generation damals: Leistungssport war und ist knallhart und viel Privates muss liegen bleiben. Und jeder, der Profisport macht, ist es gewohnt, von klein auf ein etwas anderes Leben zu führen als die Altersgenossen.

Was sich geändert hat ist das Bewusstsein für den eigenen Körper und seine Grenzen, die Jungen sind achtsamer mit sich. Gleichzeitig erleben sie durch die sozialen Medien eine zusätzliche Belastung, der wir damals noch nicht ausgesetzt waren. Wie wir damals müssen auch die jungen Wintersportlerinnen und -sportler heute ihren eigenen Weg finden, in diesem „Dschungel“ zu bestehen. 

In Zeiten von Klimawandel und Energiekrise: Welche Zukunft hat der Wintersport noch? 
Ich denke: eine andere Zukunft. Mit Wintersport verbinden die meisten von uns tief verschneite Welten. Das wird es wohl so in Zukunft nicht mehr geben. Man sieht schon jetzt immer öfter, dass Wettkämpfe wanken und dass der Aufwand größer wird, die nötigen Bedingungen herzustellen. Es wird sich zeigen, ob man daran festhalten kann und will. Um das Skispringen mache ich mir weniger Gedanken.

Wir haben schon zu meiner aktiven Zeit im Sommer trainiert, auf Kunststoffmatten. Selbst die Eisspur an der Schanze ist heute verzichtbar. Trotzdem gibt es natürlich auch hier Fragezeichen: zum Beispiel, ob es noch vertretbar ist, um die Welt zu fliegen für Wettkämpfe. Aber klar ist: Ohne Schnee würden wir auskommen. Natürlich ist es erstmal ungewohnt aber wahrscheinlich wird man irgendwann sagen „Ach, die sind früher nur im Winter gesprungen? Krass.“ 

Sven Hannawald…
…gewann 2002 als erster Skispringer überhaupt alle vier Springen der Vierschanzentournee. Er war vierfacher Weltmeister, Olympiasieger im Team und Deutschlands Sportler des Jahres. Doch der Druck war zu groß: 2005 beendete der Ausnahmesportler seine Karriere, nachdem er am Burnout-Syndrom erkrankte. Heute steht Sven Hannawald als TV-Experte an der Schanze und führt eine Unternehmensberatung für betriebliche Gesundheit. 

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