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Drohnen in der Energiebranche:

Aus der Vogelperspektive

Schneller, effizienter, sicherer: Wie Drohnen den Arbeitsalltag in der Energiewirtschaft erleichtern – und ihn digitalisieren.

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© Robert Albrecht/BDEW

 

Vierter August 2022, Traktorunglück in Weilerswist, Kreis Euskirchen. Ein Jungbauer hat einen Strommast gerammt und die schwere Stahlkonstruktion in die Knie gezwungen. Die 110.000-Volt-Überlandleitung ist gestört, 55.000 Menschen sind vorerst ohne Strom – allerdings nur kurz. Schon vier Stunden später hat der Betreiber Westnetz die Versorgung wieder hergestellt. Unterstützung bekam der lokale Notfallstab dabei von einem kleinen Helfer: einer Drohne. Ein klassischer Anwendungsfall, erinnert sich Westenergie-Technikvorstand Dr. Stefan Küppers. 

Drohnen werden in der Energiewirtschaft immer wichtiger. Sie sind schnell, effizient und tragen so dazu bei, Arbeitsabläufe zu beschleunigen. In mehr als 80 Prozent der Fälle werden Drohnen in der Energiebranche heute für Inspektionen eingesetzt, heißt es in einem Branchenreport, zudem spielen Kartografie- und Vermessungsaufgaben (14%) eine wichtige Rolle. Insgesamt und über alle Branchen hinweg sind laut einer Studie des Verbands Unbemannte Luftfahrt in Deutschland rund 80.000 kommerziell genutzte Drohnen im Einsatz; bis 2025 könnten es 132.000 sein. Allein die Westenergie-Tochter Westnetz nutzt in ihrem rund 50.000 Quadratkilometer großen Gebiet circa 50 Drohnen und hat dafür etwa 100 Mitarbeitende zu Pilotinnen und Piloten weitergebildet. 

Aufklärungseinsatz bei der Flutkatastrophe

So konnten die Experten mit ihrem Equipment auch in Weilerswist schnell am Unglücksort sein: um sich aus der Luft ein Bild von dem Schaden zu machen und zu klären, wie sie die Trasse sichern können. Das habe die Planung erleichtert, sagt Küppers: „Einen Hubschrauber zu bestellen, ist mit Vorlaufzeiten im Stundenbereich verbunden. Und es ist um den Faktor zehn teurer.“ Außerdem ist der Helikoptereinsatz manchmal schlichtweg nicht möglich, wie bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, als Hilfs- und Aufklärungsflüge seitens der Bundeswehr und der Behörden Vorrang hatten. Mithilfe der Drohnen konnte das Team damals die Schäden an Ortsnetzstationen und Freileitungen aus der Nähe inspizieren.

Die zwei Katastrophenfälle zeigen: Drohnen übernehmen bei Westnetz Aufgaben, für die es früher einen Mitarbeitenden vor Ort in luftiger Höhe brauchte. Im Alltag sind sie auch hier vor allem bei Inspektionen und der Instandhaltung der Leitungen gefragt, zudem zur Dokumentation, Überwachung und Vermessung bei größeren Bauvorhaben. Stimmen die Sichtverhältnisse, liefern die Drohnen dann eine Rundumsicht, nehmen Leitungsseile und Isolatoren auch aus Blickwinkeln auf, die für einen Monteur von der Traverse aus gar nicht möglich wären. „Wir haben natürlich dadurch auch klare Vorteile bei der Arbeitssicherheit,“ sagt Dr. Stefan Küppers. Eine Mastbesteigung sei seltener nötig. 

„Drohnen werden zunehmend Standard“

Aufgepoppt ist die Idee bei Westnetz vor rund zehn Jahren: Im Rahmen des Ideenmanagements schlug ein Mitarbeiter vor, mit kleinen sechsrotorigen Hexacoptern zu arbeiten; eine Projektgruppe lotete Einsatzmöglichkeiten aus und startete erste Tests. Mittlerweile hat die EU nicht nur den regulatorischen Rahmen vereinheitlicht. Die Fluggeräte sind auch kostengünstiger, kompakter und in großer Vielfalt am Markt verfügbar. Ausgestattet mit Wärmebildkameras, helfen sie Energieversorgern beim Monitoring der Module in Solarparks, anderswo machen sie Leckagen im Fernwärmenetz sichtbar. Sie können Sonderinspektionen übernehmen, indem sie in Kamine oder Kühltürme konventioneller Kraftwerke fliegen, oder die Blitzschutzprüfung bei Windenergieanlagen. Allein im EnBW-Konzern seien mittlerweile rund 30 Drohnen im Dienst, schätzt Dr. Anja Schuster.

Als Leiterin des Forschungsprojekts Drohnen@Erzeugung bündelt sie die Aktivitäten rund ums Thema im Bereich Erzeugung – etwa wenn es um die Bewertung neuer Einsatzmöglichkeiten geht, um Fragen rund um die Schulung des Fachpersonals, zur Registrierung und zur Versicherung der Drohnen. „Die Drohnentechnologie wird zunehmend zum Standard, da sie viele Vorteile bietet“, sagt Schuster. Der konkrete Nutzen sei dabei nicht immer in Zahlen zu fassen. Ein Beispiel kann sie dennoch nennen: die „automatisierte Rotorblattinspektion“. Stand eine Windkraftanlage dafür früher acht Stunden still, weil Kletterer per Seilzugtechnik auf den Turm mussten, reichen heute 30 Minuten. Perspektivisch wolle man daher Drohnen häufiger für Regelinspektionen nutzen. Auch die Vermessung sei ein Einsatzfeld: egal, ob es dabei um das Volumen der Kohlehalden vor Kraftwerken geht oder um potenzielle Anlagenstandorte.  

Mit 200 Kilogramm Last offshore unterwegs

Und dann ist da noch die „Offshore Drone Challenge“, für die bei EnBW Marcus Ihle verantwortlich ist. „Wir wollen künftig mit 200 Kilogramm Last 100 Kilometer oder weiter aufs Meer hinausfliegen. Das ist etwas, was es bislang noch nicht gibt“, fasst er den Kern des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Forschungsvorhabens zusammen. Die Zustellung der Materialien für die turnusmäßige Überprüfung der Windkraftanlagen auf hoher See könnte dann in Zukunft aus der Luft erfolgen, auch Servicetechniker könnten so schnell in die Offshoreparks gelangen. „Wir machen uns dafür die Entwicklungen der Urban Air Mobility zunutze, also das, was man sich unter Lufttaxis in Megacitys vorstellt“, sagt Ihle. Die Branche bekäme mit der Offshorelogistik einen spannenden Anwendungsfall – der Transport der Werkzeugtaschen sei, was Last und Strecke angeht, ein strategischer Zwischenschritt hin zum Taxibetrieb zwischen Häuserschluchten. Gerade fließe in den Bereich viel Venture Capital, regelmäßig werden Fortschritte verkündet. 

Innovation von oben: Drohnen im Einsatz

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Damit die Drohne in einigen Jahren dann das Transportschiff ersetzt und die Windparkbetreiber damit ihre Logistik – aktuell der größte Kostenpunkt – verschlanken können, muss es allerdings auf einigen Baustellen noch vorangehen. Dazu zählt nicht nur die Drohnenentwicklung selbst, sondern auch die Typenzertifizierung der Windkraftanlagen, die künftig auch für den Drohnenbetrieb konzipiert sein müssen, oder die Regulierung von Behördenseite: Wer genehmigt einer Schwerlastdrohne den unbemannten Flug ins Hochseegebiet? Die Motivation des Unternehmens, trotzdem dranzubleiben, bringt Ihle so auf den Punkt: „Wir müssen im Betrieb die Investitionen erwirtschaften und die Windparks daher so effizient wie möglich betreiben. Daher schauen wir uns diese Innovationen an.“

Pilotprojekt für vollautomatischen Drohnenflug

Zwar geht es hier nicht um Lastendrohnen – „Spezialdrohnen“ sind bei Westnetz allerdings auch ein Thema. Etwa der „Feuerspeier“, der zum Beispiel Flugdrachen schnell aus Freileitungen entfernen kann, ohne dass der Strom dafür abgeschaltet werden muss. Oder eine Sonderanfertigung des Start-ups Beagle Systems: Die Drohne mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern fliegt vollautomatisch Leitungen ab – und gibt dann beispielsweise die Koordinaten durch, wo genau ein Blitz eingeschlagen hat. „Das ist ein Pilotprojekt für den vollautomatischen Drohnenflug in der Energiewirtschaft“, sagt Dr. Stefan Küppers. „In einem Umfeld, in dem die Aufgaben schneller zunehmen, als wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren können, helfen Drohnen, die Arbeit effizienter zu verteilen.“ 

Und sie helfen, die Ressourcen effizient und nachhaltig zu planen: indem sie einen regelrechten digitalen „Datenschatz“ liefern – geografische Daten, Zustandsinformationen und eine Vielzahl an Bildern, die sich mithilfe Künstlicher Intelligenz beschleunigt auswerten lassen. Westnetz hat auf dieser Grundlage etwa eine zustandsabhängige Instandsetzungs- und Instandhaltungsstrategie entwickelt, damit Materialien nur dann ausgetauscht werden, wenn es wirklich erforderlich ist. EnBW arbeitet an automatisierten Schadensberichten und Schadenskategorisierungen. Und beide Unternehmen teilen noch eine langfristige Vision: auf Basis der Daten einen „digitalen Zwilling“ ihrer Betriebsmittel aufzubauen, also ein virtuelles Modell der gesamten Anlagen. Das könne beispielsweise die Betriebsüberwachung deutlich erleichtern.



Laut Dr. Anja Schuster von der EnBW liegt hier das größte Potenzial: „Die Drohne zu fliegen ist nur die Basis. Die Musik spielt bei der Erarbeitung von Lösungen und der Nutzung der Daten.“ Genau hier müssen neue Geschäftsmodelle also ansetzen – so sieht das auch Westenergie-Technikvorstand Dr. Stefan Küppers: „Man sollte die Drohne als Sensor auch nicht überschätzen, sondern immer einen Entwicklungspfad vor Augen haben, der wirklich Nutzen produziert. Sonst verfällt man in Spielereien.“ 

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