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Was der Markt hergibt

Dinge, die die Welt nicht braucht. Oder doch? Fünf Beispiele für ebenso abseitige wie erfolgreiche Geschäftsideen.

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© Robert Albrecht/BDEW

Ein Prinzip der Marktwirtschaft geht so: Wo eine Nachfrage besteht, wird sie befriedigt. Und zwar zu dem höchsten Preis, der sich dafür erzielen lässt. Produkte hingegen, die niemand haben will, verschwinden vom Markt. 

Fortschritt entsteht gemeinhin dadurch, dass jemand etwas Neues erfindet und damit ein Bedürfnis befriedigt. Manchmal sind das Bedürfnisse, die auf den ersten Blick einleuchten – zum Beispiel nach einem wärmenden Kleidungsstück, Licht in der Dunkelheit oder einem Verkehrsmittel. Manchmal sind es aber auch Bedürfnisse, die einem auf den ersten Blick nicht einleuchten. Befriedigt werden auch sie. Sogar dann, wenn bis zu ihrer Erfindung kaum jemandem klar war, diese Bedürfnisse überhaupt zu haben. Wie zum Beispiel diese fünf: 

Plitsch und Platsch
Darf es eher ein sanftes Plätschern oder lieber Regen à la Bindfäden sein? Vielleicht noch ein wenig Windgeheul dazu? Die Videoplattform YouTube bietet gestressten Menschen eine Vielzahl von stundenlangen Videos mit nur einem Inhalt: Regen und ähnliche Wetterphänomene in Bild, Ton und Dauerschleife. Denn die Hirnforschung weiß, dass Naturgeräusche uns entspannen und sogar beim Einschlafen helfen können – anders als Tatütata und motorbetriebene Laubbläser. Mit Entspannendem lässt sich entspannt Kasse machen, wie der Influencer Michel Gruska glaubhaft versichert und auch recht explizit vorführt. Man besorge sich lizenzfreies Ton- und Bildmaterial, erzeuge mit kostenloser Video- und Audiosoftware ewiglange Entspannungsvideos und vermarkte diese sodann über das YouTube-Partnerprogramm mit Werbeeinblendungen. Einmal auf YouTube hochgeladen, werden solche Filme die geneigten Betrachter sanft in den Schlaf wiegen – und gleichzeitig kann der Schöpfer der Werke schäfchenzählend seinen Kontostand mehren. 

Und täglich grüßt … die Kartoffel
Wie heißt es im Volksmund so schön: „Sag’s mit Blumen!“ - doch es geht auch ohne Stängel und Blüten: Pflanzliche Grußbotschaften lassen sich nämlich auch per Apfel oder Kartoffel verbreiten. Als Pionier in diesem Geschäftsfeld gilt der Amerikaner Alex Craig, der bereits 2015 auf die Idee kam, unter potatoparcel.com einen Versand von Grußkartoffeln anzubieten: Die Schale wurde auf Wunsch und gegen Aufpreis liebevoll von Hand mit bis zu 140 Zeichen Text oder auch einem kleinen Bildchen beschriftet. Schon kurz nach dem Launch verdiente Craig nach eigenen Angaben bis zu 13.000 US-Dollar monatlich. Er verkaufte das Business nach einem knappen halben Jahr (Sehnenscheidenentzündung?) an den Start-up-Entrepreneur Riad Bekhit, der die Geschicke des Unternehmen bis heute als Chief Potato Officer leitet – und inzwischen auch nach Australien, Europa und Kanada liefert. Wer’s regional und fruchtiger mag, der kann in Deutschland Äpfel mit gelasertem Wunschlogo und/oder Text bestellen, direkt aus dem „Alten Land“ und noch dazu in Bioqualität. Guten Appetit. 

„Die Luft ist rein!“
Müde? Erschöpft? Urlaubsreif? Dann tut bekanntermaßen eine Luftveränderung gut. Dafür muss man nicht einmal den Ohrensessel verlassen, denn Luft lässt sich auch nach Hause liefern. Das ist sowohl zu recht zivilen Preisen von 3,50 Euro pro Dose möglich (dafür gibt’s dann eben auch „nur“ Berliner Luft) als auch zu höchst gesalzenen Tarifen, wie sie das Unternehmen Vitality Air anbietet. Wer mag, der kann hier reinen Sauerstoff aus der Sprühflasche ordern, aber auch Originalluft aus den Rocky Mountains oder dem kanadischen Banff National Park. Hierfür werden dann allerdings schon mindestens 25 Dollar pro Flasche fällig. Und britische Expats finden bei Mybaggage.com eine Kollektion aus schottischer, irischer, walisischer und englischer Luft – auf Wunsch auch mit Fish-and-Chips- oder London-Tube-Färbung. Ein Wermutstropfen bleibt: Die Idee, Luft per Luftpost zu verschicken, erzeugt hinsichtlich der erwartbaren Klimabilanz ein gewisses Störgefühl. 

Tausche Büroklammer!
Wer es zu etwas bringen will, der muss nicht immer nur nach dem Mammon trachten. Manchmal reichen auch geschickte Tauschgeschäfte. Das bewies der kanadische Blogger Kyle MacDonald, als er 2015 auf seiner Website eine rote Büroklammer zeigte und die Netzgemeinde aufforderte, höherwertige Tauschangebote abzugeben. Zuerst tauschte er sie gegen einen fischförmigen Stift, den er noch am selben Tag gegen einen handgemachten Türknauf aus Keramik versetzte. Den Knauf wiederum tauschte er wenig später gegen einen Grill, für den ihm in der Folge jemand einen Stromgenerator anbot. Und so weiter. Nach nur 14 Tausch-Transaktionen war Kyle MacDonald – sicherlich vor allem durch die mediale Berichterstattung und zahlreichen Verlinkungen seines Projekts befeuert – Eigentümer eines zweistöckigen Farmhauses in Kipling (Saskatchewan), verbunden mit einer lebenslangen Ehrenbürgerschaft des Ortes. Wahrscheinliches Bedürfnis hier: dabei sein, Teil haben an einer guten Geschichte. Die ursprüngliche „One Red Paperclip“ Website ist inzwischen nicht mehr online, es gibt im Internetarchiv jedoch noch eine Kopie von damals

„Gib dem Affen Glitzer!“
Nicht jedes Geschenk bereitet Freude. Diese Binsenweisheit wurde bereits in der griechischen Sage um den Trojanischen Krieg ausführlich ausgebreitet – bis heute verstehen wir unter einem Danaergeschenk etwas, das wir lieber nicht ausgepackt hätten. Auch dies gibt es als Geschäftsmodell. So kann man unter https://www.schickdeinenfeindenglitzer.com/ Briefe verschicken lassen, die mit feinstem Glitzerstaub gefüllt sind. Nach dem Öffnen des Briefs dürfte der Empfänger erst einmal eine ganze Weile damit beschäftigt sein, den buntschillernden Staub aus Kleidung, Teppich oder Computertastatur zu saugen. Wer eine solche Botschaft verschicken möchte, der sollte allerdings darauf Acht geben, dass das Gegenüber juristisch nicht allzu gewieft ist: Mit etwas Glück und Geschick lässt sich eine solche Aktion nämlich als Sachbeschädigung ahnden. Und, wie §303 des Strafgesetzbuches weiß: Schon „der Versuch ist strafbar“.

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