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Holger Banik:

„Fest­hal­ten an Aus­bau­zie­len für uns un­ver­zicht­bar“

Warum Häfen immer wichtiger werden: Im Gespräch mit Holger Banik von Nie­der­sach­sen­Ports.

Portrait Holger Banik, NiedersachsenPorts

© Robert Albrecht / BDEW

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Holger Banik, was macht den Hafen Cuxhaven so es­sen­zi­ell für die deutsche Off­shore-Wind­ener­gie?
Vor allem ex­zel­len­te geo­gra­fi­sche Ge­ge­ben­hei­ten: Mit Elb­mün­dung und Nord-Ost­see-Ka­nal steht uns eine echte Dreh­schei­be in den Osten und in Richtung Nordsee zur Verfügung. Als Mul­ti-Pur­po­se-Ha­fen waren wir tra­di­tio­nell schon immer stark im klas­si­schen Um­schlag­ver­kehr, in­zwi­schen boomt aber be­kann­ter­ma­ßen auch wieder das On- und Off­shore­ge­schäft. NPorts hat seit 2008 über 200 Mio. EUR in den Bau von Off­shore-Lie­ge­plät­zen in­ves­tiert. Es stehen schwer­last­fä­hi­ge Kai­an­la­gen und Lo­gis­tik­flä­chen zur Verfügung.

Rund 80 Prozent der großen Bauteile für Wind­kraft­an­la­gen, die im Au­gen­blick in Deutsch­land verbaut werden, gehen durch diesen Hafen. Siemens Gamesa baut sein Werk am Standort aus, um hier 14 MW Off­shore-Tur­bi­nen zu fertigen. Wir freuen uns sehr, dass sich mit Titan Wind ein weiterer Produzent von Wind­kraft­ko­mo­nen­ten hier in Cuxhaven an­ge­sie­delt hat, um eine hoch­mo­der­ne Pro­duk­ti­ons­an­la­ge für Monopiles auf­zu­bau­en, also riesige Fun­da­ment­bau­tei­le für Off­shore-Wind­kraft­an­la­gen.

Off­shore-Be­trei­ber fordern, dass ein Teil des neuen In­fra­struk­tur­son­der­ver­mö­gens in die Häfen fließt. Was sollte konkret mit dem Geld geschehen?
Geld aus dem In­fra­struk­tur­son­der­ver­mö­gen sollte vor allem auf die En­er­gie­wen­de einzahlen. Wir reden also über Off­shore-Wind, ver­flüs­sig­te Gase, Ammoniak zum Cracken von Was­ser­stoff – und LNG als Über­brü­ckungs­tech­no­lo­gie. Da besteht Bedarf nicht nur in Cuxhaven. Um die Häfen in Nie­der­sach­sen da­hin­ge­hend voll­um­fäng­lich aus­zu­bau­en, werden wir für die ver­schie­de­nen Projekte vor­aus­sicht­lich etwa eine Milliarde Euro benötigen. Die kommen natürlich nicht alle vom Bund oder vom Land, auch die Ter­mi­nal­be­trei­ber werden sich mit privatem Kapital be­tei­li­gen müssen. Da In­ves­ti­tio­nen in Ha­fen­in­fra­struk­tu­ren für die En­er­gie­wen­de mit großen Un­si­cher­hei­ten hin­sicht­lich der zu­künf­ti­gen Aus­las­tung und der po­li­ti­schen Aus­rich­tung verbunden sind, wird es sehr schwierig, für diese Projekte privates Kapital als An­teils­fi­nan­zie­rung zu ak­qui­rie­ren.

Hier wäre stärker als bisher der Bund bei der Mit­fi­nan­zie­rung gefragt. Großen Mit­tel­be­darf gibt es aber auch für die Un­ter­hal­tung und den Ausbau der Ha­fen­in­fra­struk­tur abseits der En­er­gie­wen­de. Hierfür werden weitere ca. 1,2 Mrd. EUR benötigt. Von den nie­der­säch­si­schen Häfen pro­fi­tiert ja das ganze Land bis nach Bayern hinunter. Über Cuxhaven werden bei­spiels­wei­se die Autos von BMW weltweit ver­schifft – und auch der Off­shore-Strom bleibt be­kann­ter­ma­ßen nicht nur in Nie­der­sach­sen. Mittel aus dem In­fra­struk­tur­son­der­ver­mö­gen wären in den NPorts-Hä­fen somit gut angelegt.

Hat Cuxhaven jetzt schon ein Ka­pa­zi­täts­pro­blem?
2016 konnten Sie bei uns auf dem Hafen noch Enten jagen. Diese Zeiten sind vorbei. Es knirscht noch nicht, aber der Hafen ist voll. Und deswegen bauen wir aktuell drei neue Off­shore-Lie­ge­plät­ze mit einer Länge von 1,2 Ki­lo­me­tern schwer­last­fä­hi­ger Kai­an­la­gen und 38 Hektar Logistik- und La­ger­flä­che. Ende 2027 werden die ersten Lie­ge­plät­ze in Betrieb genommen und einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Off­shore-Wind­parks leisten.

Wenn Häfen im großen Stil erweitert werden, ist das teuer und nicht immer kon­flikt­frei.
Wir haben das große Glück, dass alle dieser Arbeiten innerhalb des aus­ge­wie­se­nen Ha­fen­be­reichs statt­fin­den. Wir müssen also kein neues Land er­schlie­ßen und darüber mit Anwohnern oder Tou­ris­mus­ver­ant­wort­li­chen dis­ku­tie­ren. Es handelt sich, wenn Sie so wollen, eher um einen Lü­cken­schluss. Und was die Finanzen angeht, befinden wir uns in der kom­for­ta­blen Lage, dass wir jeweils 100 Millionen Euro vom Bund, vom Land und als Vor­aus­zah­lung von späteren Nutzern erhalten haben. Denn alle wissen: Wir werden diese Ka­pa­zi­tä­ten brauchen, daran besteht allseits nicht der geringste Zweifel.

Wegen der Off­shore-Aus­bau­zie­le - werden wir die weiter brauchen?
Ganz unbedingt! Mit den von der Bun­des­re­gie­rung vor­ge­ge­be­nen Off­shore-Aus­bau­zie­len werden die be­ste­hen­den Ka­pa­zi­tä­ten in den deutschen Seehäfen nicht aus­rei­chen. Es ist von ele­men­ta­rer Bedeutung, dass wir Auf- und Aus­bau­zie­le haben und dass diese Bestand haben. Ob man jedes dieser Ziele wirklich auf den Tag genau pünktlich erreicht, das ist am Ende gar nicht so wichtig. Aber wir brauchen dieses Com­mit­ment, diese Ver­läss­lich­keit.

Sonst passiert das, was wir zwischen 2012 und 2016 mit der Kürzung der Aus­bau­zie­le erlebt haben: ein echtes Tal der Tränen für die gesamte deutsche Off­shore-In­dus­trie, bei dem tausende von Ar­beits­plät­zen verloren gegangen sind. Sie dürfen nicht vergessen: Wenn man In­fra­struk­tu­ren baut, wenn man einen Hafen baut, dann baut man den für eine Nut­zungs­zeit von 100 Jahren und nicht von zwei Monaten.

Haben sich aus Ihrer Sicht die Trans­port­strö­me durch geo­po­li­ti­sche Krisen der letzten Jahre verändert?
Ja, wir merken das ganz deutlich. Natürlich haben wir viel weniger Verkehr aus Russland, dafür kommt per Bahn we­sent­lich mehr Getreide aus der Ukraine an, das dann über die Schiffe weiter verteilt wird. Und zum Glück ist auch das Thema Offshore jetzt wieder in aller Munde.

Was ging Ihnen als erstes durch den Kopf, als Sie hörten, dass es zu Neuwahlen und damit mög­li­cher­wei­se auch zu einem Neustart der deutschen Kli­ma­po­li­tik kommt?
Das war in der Tat eine Über­ra­schung! Bei NPorts mussten wir erst mal ganz tief durch­at­men. Denn wir haben uns schon gefragt, wie die neue Regierung jetzt das Thema En­er­gie­wen­de bespielen wird. In­zwi­schen wissen wir, dass die En­er­gie­wen­de weiter verfolgt wird und es glück­li­cher­wei­se ein In­fra­struk­tur­pa­ket gibt. Das ist für uns eminent wichtig, denn wir bauen unsere Häfen ja nicht aus Spaß an der Freude, sondern für Importe, Exporte und die Sicherung der Industrie in Deutsch­land – lang­fris­tig und im großen Stil.

Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?
Als nach dem Kriegs­aus­bruch in der Ukraine die Sorge vor einer Gas­man­gel­la­ge umging, haben wir anhand der LNG-Ter­mi­nals gesehen, wie un­glaub­lich schnell man etwas gemeinsam schaffen kann, wenn alle es wollen und richtig anpacken. Da haben Politik und Pri­vat­wirt­schaft intensiv und zügig zu­sam­men­ge­ar­bei­tet. Warum hat das so gut geklappt? Weil ein immenser Druck da war. Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass wir ein solches Tempo auch vorlegen können, wenn der Druck nicht ganz so groß ist.

Braucht es dafür mehr Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung?
Ich bin kein großer Freund dieses Begriffs. Ohne eine gewisse Bü­ro­kra­tie und ohne gewisse Regeln geht es nämlich nicht. Aber ich würde es begrüßen, wenn die Bü­ro­kra­tie Vor­aus­set­zun­gen für kon­zer­tier­tes Handeln schafft – und die be­tei­lig­ten Akteure dann auch so handeln.



Wie sieht Ihre Zu­kunfts­vi­si­on für Cuxhaven 2050 aus?
Die ist ganz einfach: Der Hafen ist voll ausgebaut und brummt. Titan Wind hat seine Pro­duk­ti­on auf­ge­nom­men und ist aus­ge­las­tet. Auf dem Ha­fen­ge­län­de fahren viele Trans­port­fahr­zeu­ge voll autonom. Wir sind sauber, effizient und leis­tungs­stark.

Und mit welchem Treib­stoff fahren die Schiffe 2050?
Eine sehr gute Frage. Werden es Elek­tro­nen oder Moleküle sein? Wir wissen es noch nicht. Es gibt Über­le­gun­gen sowohl in Richtung Ammoniak als auch in Richtung Methanol. Das ist ein sehr dy­na­mi­scher Prozess – und ich bin selbst gespannt darauf, womit Schiffe im Jahr 2050 fahren. Das Einzige, was ich hoffe und wovon ich ausgehe: dass es nicht mehr fossiler Schiffs­die­sel sein wird.

Herr Banik, vielen Dank für das Gespräch.

Holger Banik

ist seit dem Jahr 2014 kauf­män­ni­scher Ge­schäfts­füh­rer der Nie­der­sach­sen Ports GmbH & Co. KG, die die nie­der­säch­si­schen Seehäfen an der deutschen Nord­see­küs­te betreibt

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