• Verband
  • Energie
  • Wasser/Abwasser
  • Presse
  • MAGAZIN
  • Service
  • Übersicht

Verband

Erdgas, Strom und Heizwärme sowie Wasser und Abwasser. Der BDEW vertritt über 2000 Unternehmen.

Zum Verband

MAGAZIN

"Zweitausend50" - das Online-Magazin

STARTSEITE

Service

Der BDEW erarbeitet Branchenpositionen, findet Lösungen, erstellt Zahlenmaterial und Grafiken und bereitet diverse Informationen rund um die Themen der Energie- und Wasserwirtschaft auf.

Header Magazin Zweitausend50 Schwerpunkt Schuldenbremse

Schufa:

„Fast alle Deutschen zahlen ihre Kredite pünktlich zurück.“

Im Gespräch mit Anna-Lena Rawe von der SCHUFA: Wie funk­tio­niert Scoring und wie ist die Zah­lungs­mo­ral der Deutschen?

Anna-Lena Rawe, Pressesprecherin bei der SCHUFA Holding AG

© Monika Lourenco / BDEW

Frau Rawe, wenn über das Thema Geld dis­ku­tiert wird, fällt immer das Bonmot von der schwä­bi­schen Hausfrau, die gut wirt­schaf­tet und nur das Geld ausgibt, was sie hat. Hätte sie – oder natürlich auch der schwä­bi­sche Hausmann - bei der Schufa einen guten Score?
Für Pri­vat­per­so­nen scheint es grund­sätz­lich emp­feh­lens­wert, nur das zu kaufen, was man sich leisten kann. Al­ler­dings sind Einnahmen und Ausgaben für uns bei der Schufa überhaupt nicht wichtig: Wir wissen nicht, wie viel Einkommen oder Vermögen eine Person hat. Eben so wenig kennen wir den Kon­to­stand. Wenn wir aber annehmen, dass die schwä­bi­sche Hausfrau ver­mut­lich schon seit Jahr­zehn­ten ein Girokonto bei ein- und derselben Hausbank hat, dann würden wir das positiv be­ur­tei­len: Dass da jemand schon sehr lange eine Ver­trags­be­zie­hung zu einem Kre­dit­in­sti­tut unterhält, die of­fen­sicht­lich stö­rungs­frei läuft.

Sie bewerten die Kre­dit­wür­dig­keit von Ver­brau­chern und Un­ter­neh­men per Scoring. Was ist Scoring ei­gent­lich?
Scoring ist eine Technik, die in ganz un­ter­schied­li­chen Bereichen zum Einsatz kommt – von der Wet­ter­vor­her­sa­ge bis hin zur Medizin. Grundidee ist es, die Wahr­schein­lich­keit be­stimm­ter Er­eig­nis­se vor­aus­zu­sa­gen. Bei unserem Credit Scoring pro­gnos­ti­zie­ren wir anhand von kre­dit­re­le­van­ten Daten, wie wahr­schein­lich es ist, dass eine Person ihre Verträge ord­nungs­ge­mäß bedient. Hier geht es vor allem um das pünkt­li­che Bezahlen von Rech­nun­gen oder die Rück­zah­lung von Krediten. Damit wollen wir Un­ter­neh­men vor Zah­lungs­aus­fäl­len ihrer Kunden schützen, aber auch Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher vor einer Über­schul­dung.

Welche Daten verwenden sie hierzu?
Wir erhalten von unseren Ver­trags­part­nern wie Banken, Ver­sand­händ­lern oder En­er­gie­ver­sor­gern zunächst einmal Ba­sis­da­ten – bei­spiels­wei­se über die Eröffnung eines Gi­ro­kon­tos oder den Abschluss eines Vertrags. Wir erfahren aber auch, wenn es Störungen im Ver­trags­ver­hält­nis gibt, bei­spiels­wei­se mehrfach an­ge­mahn­te und nicht bediente For­de­run­gen, geplatzte Kredite oder In­sol­ven­zen. Diese wirken sich negativ auf den Score aus. Es kann unter Umständen auch negative Aus­wir­kun­gen auf den Score haben, wenn jemand sehr viele Kre­dit­kar­ten und Gi­ro­kon­ten hat. Das bedeutet nicht, dass die konkrete Person dadurch au­to­ma­tisch weniger kre­dit­wür­dig wäre. Die Statistik zeigt aber, dass das generelle Aus­fall­ri­si­ko steigt, je mehr Konten eine einzelne Person hat.

Bedeutet die Aufnahme eines Kredits, dass sich mein Score ver­schlech­tert?
Die Aufnahme von Ra­ten­kre­di­ten bedeutet in der Regel eine zu­sätz­li­che fi­nan­zi­el­le Belastung. Das heißt, dass danach weniger Spielraum für weitere fi­nan­zi­el­le Be­las­tun­gen besteht. Daher sinkt auch der Score erstmal, wenn man einen neuen Kredit aufnimmt. Die Rück­zah­lung ver­bes­sert den Score im Laufe der Zeit aber wieder. Nachdem der Kredit voll­stän­dig bezahlt wurde, kann der Score sogar besser sein als vor der Aufnahme des Kredits. Auch das pünkt­li­che Zu­rück­zah­len eines Kredits wirkt sich positiv aus, ebenso wie generell lang­fris­ti­ge Ge­schäfts­be­zie­hun­gen.

An­ge­nom­men, ich habe zwei­ein­halb Millionen Euro geerbt und besorge mir fünf ver­schie­de­ne Kre­dit­kar­ten und acht Bank­ver­bin­dun­gen, weil ich mein Tagesgeld hin- und her­schie­ben möchte. Könnte mein Score dann also sinken, obwohl ich reich bin?
Wie gesagt speichert die Schufa keine Daten zu Einkommen oder Vermögen, ob jemand reich ist, weiß die Schufa also nicht. In diesem konkreten Fall würden wir sehen, dass jemand innerhalb kurzer Zeit sehr viele Kre­dit­ver­pflich­tun­gen eingeht, was sta­tis­tisch das Risiko eines Zah­lungs­aus­falls erhöht und sich negativ auf die Kre­dit­wür­dig­keit auswirken kann.



Wie stellen Sie sicher, dass Scoring nicht zur Dis­kri­mi­nie­rung führt?
Indem wir aus­schließ­lich Daten zu Zah­lungs­stö­run­gen und Ge­schäfts­be­zie­hun­gen her­an­zie­hen, um den Score zu bilden. Weder Ge­schlecht, Herkunft, Alter po­li­ti­sche Ein­stel­lung oder Daten aus sozialen Netz­wer­ken fließen in das Scoring ein.

Gibt es bei der Be­ur­tei­lung der Kre­dit­wür­dig­keit grund­sätz­li­che Un­ter­schied zwischen der Pri­vat­per­son und einem Un­ter­neh­men?
Ja. Bei der Bewertung von Un­ter­neh­men fließen we­sent­lich mehr Daten in den Score ein: bei­spiels­wei­se Umsätze und Bilanzen, Alter des Un­ter­neh­mens und Branche, aber auch die Anzahl der Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Bei sehr kleinen Un­ter­neh­men kann auch die per­sön­li­che Bonität des Inhabers mit ein­be­zo­gen werden.

In den letzten Jahren kamen vermehrt Zah­lungs­dienst­leis­ter auf den Markt, die eine „Jetzt kaufen, später bezahlen“-Men­ta­li­tät fördern. Wie be­ur­tei­len Sie solche Angebote?
Diese Angebote werden in der Tat immer beliebter, vor allem bei der jüngeren Ge­ne­ra­ti­on. Klein­kre­di­te haben vor vier Jahren etwa 20 Prozent der bei uns re­gis­trier­ten neuen Kredite aus­ge­macht. 2021, also ein Jahr später, waren es schon 30 Prozent. Besonders unter jüngeren Personen be­ob­ach­ten wir, dass sie kleinere Kredite aufnehmen. Tat­säch­lich können diese Kredite zur Schul­den­fal­le werden. Wir sehen zwar bisher noch kein Ansteigen der Zah­lungs­aus­fäl­le, al­ler­dings zeigen unsere Umfragen unter Ju­gend­li­chen und jungen Er­wach­se­nen, dass sie sich mehr Auf­klä­rung und In­for­ma­tio­nen rund um das Thema wünschen.  

Apropos Schul­den­fal­le: Wie kre­dit­wür­dig sind die Deutschen ei­gent­lich?
Mus­ter­gül­tig. Die Menschen in Deutsch­land zahlen – und das schon seit Jahr­zehn­ten - rund 98 Prozent ihrer Kredite stö­rungs­frei und pünktlich zurück. Das können Sie unter anderem in unserem Kre­dit­kom­pass nachlesen, den wir jährlich ver­öf­fent­li­chen.

Trotz Pandemie und Ukrai­ne-Krieg?
Ja, die Zahlen haben sich auch durch diese beiden Krisen nicht verändert. Al­ler­dings ergeben unsere Ver­brau­cher­um­fra­gen, dass sich die Menschen in den letzten Jahren zunehmend stärker fi­nan­zi­ell ein­schrän­ken müssen. Sie treten ge­wis­ser­ma­ßen auf ihre private Schul­den­brem­se, indem sie An­schaf­fun­gen zu­rück­stel­len oder auf teuren Konsum ver­zich­ten. Wir be­ob­ach­ten, dass die Menschen deutlich vor­sich­ti­ger werden. Wenn Sie so wollen: wie die schwä­bi­sche Hausfrau. Ob das eine gute Ent­wick­lung ist, ist eine andere Frage.

Frau Rawe, vielen Dank für das Gespräch.

Anna-Lena Rawe

ist Pres­se­spre­che­rin bei der SCHUFA Holding AG in Wiesbaden.

Mehr In­ter­views bei Zwei­tau­sen­d50

„Nur der Staat kann in Krisen Si­cher­heit bieten.“ – der Ökonom und DIW-Prä­si­dent Marcel Fratz­scher fordert in Krisen staat­li­ches Handeln – und benennt ein Tabu. Zum Interview

„Schon jetzt ein Bröckeln des Ge­ne­ra­tio­nen­ver­trags.“ – der Soziologe Stefan Schulz über die Frage,  wie der de­mo­gra­phi­sche Wandel unsere Zukunft gefährdet. Zum Interview

„Wandel durch Handel – das hat nicht funk­tio­niert.“ – der deutsch-chi­ne­si­sche Jour­na­list und Schrift­stel­ler Felix Lee über chi­ne­si­sche In­dus­trie­po­li­tik. Zum Interview


Zurück zur Ma­ga­zin-Über­sicht „Schulden bremsen?“

Suche