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Hier gelingt die Energiewende, Teil III:

GrowSmarter

Manche Projekte leisten einen einzigartigen Beitrag zur Energiewende. Teil 3 unserer Reihe: GrowSmarter in Köln

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© Robert Albrecht/BDEW

 

Was macht diesen Beitrag zur Energiewende einzigartig?
Mit dem Projekt GrowSmarter wollte der Energieversorger RheinEnergie gemeinsam mit Partnerunternehmen und -städten bereits 2015 und damit als erste Stadt in Deutschland den Beweis angetreten, dass Sektorkopplung funktioniert. Als „Testobjekt“ wurde die Stegerwaldsiedlung in Köln-Mülheim energetisch saniert und zugleich eine Blaupause für die Verzahnung von Energie-  und Wärmeerzeugung, Mobilität und Kommunikationstechnologien geschaffen. Der Projektmanager Christian Remacly: „Unser ehrgeiziges Ziel war es, vor Ort den spezifischen Energiebedarf von 130-180 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter und Jahr auf 30 – 40 kWh/m²/Jahr zu senken und parallel die CO2-Emissionen sowie die Primärenergiefaktoren um 60 bis 70 Prozent zu reduzieren. Das ist uns gelungen.“

Wie wurde das Projekt umgesetzt?
Es fanden mehrere Maßnahmen gleichzeitig statt. Zum einen wurden die 16 Häuser der Stegerwaldsiedlung – bestehend aus rund 900 Wohneinheiten – saniert. Standardfenster wurden gegen dreifach verglaste Fenster ausgebaut, Fassaden und Keller neu gedämmt und die Dachgeschosse ausgebaut. Parallel wurden neue Aufzüge in die Häuser integriert, die mit Rekuperationsenergie arbeiten – beim Abwärtsfahren wird also keine Energie benötigt, sondern sogar welche erzeugt. Auch die Beleuchtung wurde großflächig auf langlebige und energiesparende LED-Leuchtmittel umgestellt.

Zur autarken Energieerzeugung wurden auf den Dächern der Stegerwaldsiedlung Photovoltaikmodule mit einer Gesamtfläche von rund 6.000 Quadratmetern installiert, die die ebenfalls neu aufgestellten 41 Wärmepumpen mit Strom versorgen. Der bereits existierende, bisher nicht genutzte Fernwärmeanschluss wurde übernommen und dient nun dazu, Lastspitzen abzufangen. 16 neu errichtete Batteriespeicher sind in der Lage, die selbst erzeugte Solarenergie zwischenzuspeichern und verschiedenen Abnehmern zur Verfügung zu stellen. 



Alle technischen Komponenten wurden über ein cloudbasiertes Energiemanagement miteinander vernetzt – und jedes Gebäude bekam einen digitalen Energy-Manager: eine Anlage, die alle 15 Minuten mehr als 6.000 verschiedene Datenpunkte je Gebäude an eine Cloudsoftware, das sogenannte Siedlungsmanagement, sendet. Diese analysiert  laufend die eingehenden Daten und sendet einen optimierten  36 Stunden-Fahrplan an die lokalen Anlagen. Der Strom der PV-Anlagen geht zunächst an die Wärmepumpen. Wenn diese ausreichend versorgt sind, geht überschüssiger Strom in den Batteriespeicher. Sobald dieser voll ist, erhalten die Mieter den Strom über ein eigenes Mieterstrommodell – und wenn dann immer noch Strom übrig sein sollte, wird dieser ins Netz eingespeist. So geht buchstäblich keine Kilowattstunde verloren. 

Gab es Hürden und Hindernisse?
Christin Remacly erinnert sich: „Das war natürlich ein sportliches Projekt. 16 voll vermietete Gebäude mit 900 Wohneinheiten im laufenden Betrieb zu sanieren: Das forderte nicht nur uns als Energieversorger und unsere Partnerunternehmen wie die DEWOG, das verlangte zuweilen auch den Mieterinnen und Mietern einiges ab. Wir mussten Straßen aufreißen, Kellerräume neu aufteilen, um die Steuerungstechnik unterzubringen – und auch Fassadenarbeiten sind bei Mietern nicht grundsätzlich beliebt.“ Auch sei man bei den Erschließungsarbeiten auf Überraschungen gestoßen, insbesondere bei den Tiefbautätigkeiten: „Wir haben alte Granaten und Hohlräume gefunden und mussten teilweise den Boden mit Flüssigbeton neu verdichten.“ Eine weitere Herausforderung: Die Projektbetreiber hatten ein recht komplexes System geschaffen, bei dem zu Beginn niemand genau wusste, wie im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für alle Seiten korrekt abgerechnet werden muss.

Remacly: „Wir haben uns mit allen beteiligten Behörden zusammengesetzt und gemeinsam einen Plan entwickelt, um das EEG richtig zu interpretieren.“ Trotz der zahlreichen Hürden wurden zwei Drittel der Gebäude innerhalb der geplanten Bauzeit von drei Jahren fertiggestellt.  Die verbleibenden Gebäude wurden mit einer vergleichsweise geringen Verzögerung von einem Jahr 2019 erfolgreich fertiggestellt. Das Gesamtprojekt hatte eine Laufzeit von fünf Jahren (2015 – 2019) wovon drei Jahre Bauzeit und zwei Jahre Evaluierung geplant waren. 

Was braucht ein Energiewendeprojekt zum Gelingen?
Neben technischer Kompetenz und sorgfältiger Planung geht es vor allem um Kommunikation, sagt Remacly: „Alle müssen miteinander sprechen. Sowohl untereinander in den Gewerken als auch zwischen Stadt und den Gewerken. Vor allem aber müssen die Bewohnerinnen und Bewohner abgeholt werden. Die sollten ständig wissen, was wann und warum passiert. Wenn man es schafft, alle in ein Boot zu holen und stets transparent zu kommunizieren, dann ist ein Großteil des Erfolges gesichert.“

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