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Innovation:

Idee war gut, aber die Welt noch nicht reif

Erfinder sind Pioniere und wagen sich auf unbekanntes Terrain. Viele kämpfen gegen Widerstände – oder auch sich selbst …

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© Robert Albrecht/BDEW

Wer war nochmal der Erfinder der Glühbirne? Richtig, Joseph Wilson Swan! Wer jetzt stutzt und auf Thomas Alva Edison verweist, der irrt. Swan arbeitete bereits seit 1860 und somit deutlich vor Edison an der Glühbirne  – und ließ sie auch zuerst patentieren. Edison verbesserte lediglich Swans Modell und meldete zwei Jahre später diese verbesserte Variante zum Patent an. Es folgte ein Rechtsstreit, der jedoch ein gutes Ende nahm: Swan und Edison begruben das Kriegsbeil und gründeten gemeinsam die Firma Ediswan. 

Die Geschichte der Erfinderschicksale ist bunt und schillernd; vielen weiteren Erfindern blieben Erfolg und Reichtum verwehrt, obwohl ihre Kreationen bahnbrechend waren. Klar ist: Schon immer war die Menschheit im Aufbruch, suchte neue Wege und Innovationen. Warum aber scheitern manche Erfindungen – und ihre Erfinderinnen und Erfinder mit ihren Ideen? Wer sich auf die Suche nach den Gründen macht, der stößt vor allem auf folgende Probleme: Kein klares Ziel, keine Fürsprecher, Probleme mit Behörden – oder auch fehlende finanzielle Mittel, um Erfindungen zu schützen oder marktreif zu machen. 

Erfinder im Gegenwind 

Wie zum Beispiel Antonio Meucci – ein Name, der es wohl nur bei wenigen Fachleuten „klingeln“ lässt. Dabei erfand Meucci bereits fünf Jahre vor Alexander Graham Bell das Telefon, um von seiner Werkstatt aus Kontakt mit seiner im Wohnhaus liegenden, schwer an Rheuma erkrankten Frau halten zu können. Als er 1871 seine Erfindung patentieren lassen wollte, fehlte ihm jedoch das Geld für die damit verbundenen Gebühren. Die Folge: Sein Patentantrag lief unbearbeitet aus. Später versuchte er, seine Erfindung an die Western Union Telegraph Company zu verkaufen. Doch dort hatte man offiziell kein Interesse. Zwei Jahre danach verlangte Meucci seine Einreichungsunterlagen zurück. Western Union behauptete aber, die Papiere seien verlorengegangen. 1876 wiederum meldete Alexander Graham Bell ein Patent des Telefons an: pikant, denn Bell war ein Mitarbeiter von Western Union. In einem jahrelangen Rechtsstreit versuchte Meucci erfolglos, die Rechte an seinem Patent zurückzubekommen. 1889 starb er völlig verarmt. 

Störrische Persönlichkeiten und mächtige Gegner

Geradezu tragisch ist die Geschichte des deutschen Luftfahrtpioniers Georg Baumgarten, der mit seiner Forschung den Grundstein für den späteren Erfolg des Zeppelins legte. Mehrere Jungfernflüge mit seinen Luftschiffen endeten mit Abstürzen und Unfällen, noch dazu wurde ihm sein Jähzorn zum Verhängnis: Als ihn ein Fabrikant öffentlich beleidigte, forderte Baumgarten ihn zum Duell, schoss – und traf glücklicherweise daneben. Wenig später wurde Baumgartens Schuldunfähigkeit festgestellt, und er verbrachte den Rest seines Lebens in der „Landes-Irrenanstalt Colbitz“. Ruhm und Geld strich hingegen später Ferdinand Graf von Zeppelin ein, dessen Luftschiff auf Baumgartens Forschungsarbeiten basierte. 

Mächtige Gegner hatte auch der deutsche Erfinder Richard Vetter: Der gelernte Müllermeister entwickelte einen Brennwertkessel, bei dem durch Abkühlung der Verbrennergase nicht nur der Wirkungsgrad gegenüber bisherigen Kesseln erhöht werden konnte. Durch die geringen Abgastemperaturen war es außerdem auch möglich, einfache Kunststoffrohre zur Abgasausleitung zu verwenden. Sein für damalige Verhältnisse umweltfreundlicher Ofen wurde jahrelang von Schornsteinfegerverbänden, dem Umweltbundesamt und dem TÜV torpediert. In der Folge fand sich kein deutscher Hersteller, der bereit war, den Ofen zu produzieren. Immerhin konnte Vetter sein Verfahren 1986 an eine Schweizer Unternehmensgruppe verkaufen. 



Viele Erfinder scheitern auch an rechtlichen Auflagen oder Behörden: Der deutsche Forstbeamte Karl Drais erfand ein Laufrad mit Lenkung, den Vorläufer des Fahrrades. Auf seiner Jungfernfahrt von Mannheim nach Schwetzingen erreichte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Stundenkilometern. Das war den Baden-Württemberger Stadtvätern zu rasant, die Nutzung seines Laufrades auf Gehsteigen wurde behördlich untersagt. Die Erfindung wurde aufgrund ihrer mangelnden Komplexität trotzdem in ganz Europa kopiert, Drais hingegen konnte an den Einnahmen nicht partizipieren. 

Hubschrauber oder Kochgeschirr?

Ein weiterer Hemmschuh auf dem Weg zum erfolgreichen Erfinder ist mangelnde Fokussierung. So entwickelte und konstruierte der deutsche Ingenieur Engelbert Zaschka unter anderem den Vorläufer des heutigen Hubschraubers, einen zerlegbaren und faltbaren Kleinwagen – aber auch einen „gewölbten Kochgeschirrabgießdeckel, der als Reibeisen und Sieb benutzt werden kann“. Nebenher war er in der leichten Muse unterwegs und komponierte Unterhaltungstitel wie „Slavoma – der neueste Tanz“ (1925) und den Schlager „Wer hat denn bloß den Hering am Schlips mir festgemacht?“ (1928). Zeit seines Lebens war Zaschka weder mit seiner Tonkunst noch seinen Erfindungen kommerziell erfolgreich. Vermutlich hätte er besser daran getan, sich auf ein Projekt zu konzentrieren. 

Einzelkämpfer als Auslaufmodell

Betrachtet man die Schicksale von Erfindern, denen der Erfolg verwehrt blieb, dann stößt man stets auf einen Misserfolgsfaktor: „Der klassische Erfinder war und ist Einzelkämpfer. Aber als Einzelkämpfer hat man es ungemein schwer, den weiten Weg von der genialen Idee bis hin zum kommerziellen Erfolg zu gehen“, sagt Dr. Christoph Kolbeck. Er ist Professor für Entrepreneurship an der Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst in Hildesheim und betreut seit vielen Jahren als Mentor Start-ups in der Gründungsphase. Eine Start-up-Gründung im interdisziplinär gemischten Team sei wesentlich Erfolg versprechender als ein Alleingang, sagt Kolbeck, denn so können technische, wirtschaftliche und kommunikative Herausforderungen jeweils von Spezialisten ihres Fachs angegangen werden: „Kaum jemand ist in der Lage, eine geniale Idee hervorzubringen, die für die Realisierung notwendige Finanzierung hochzukurbeln und dann auch noch ein funktionierendes Marketing aufzusetzen.“

Doch selbst, wenn die äußeren Rahmenbedingungen stimmen und Erfinder oder Gründer im Team arbeiten, müssen ihre Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sein: So brachte Audi bereits 1997 ein Hybridauto heraus, doch es wurden damals lediglich 90 Exemplare verkauft. Drei Jahre später jedoch sollte Toyota mit dem Prius den europäischen Markt für Fahrzeuge mit Hybridantrieben aufmischen. Auch das Smart Home, heute in aller Munde, ist keine neue Erfindung: Bereits in den 1980-er Jahren entwickelten sowjetische Programmierer ein Heimautomationssystem mit Sprachsteuerung namens „Sphinx“. Doch die Zeit war offensichtlich noch nicht bereit für derlei Spielereien.

Den Gründergeist fördern 

Dass wir – auch und gerade für die Energiewende – Innovationen brauchen, wird niemand bezweifeln. Doch wie kann man Erfindern und Gründern hierzulande ein innovationsfreundlicheres Klima bescheren? Christoph Kolbeck hat auf diese Frage eine klare Antwort und einen Fall aus Hildesheim, dem Sitz seiner Hochschule: „Wir brauchen mehr vernetzte Gründungsökosysteme. Hier in Hildesheim konnten wir so etwas aufbauen: Die Hochschule arbeitet eng mit der Wirtschaftsförderung zusammen, der Oberbürgermeister und der Vorstand der Sparkasse unterstützen uns aktiv. Und mit unseren Coworking-Spaces ermöglichen wir es Gründern, sofort interdisziplinär zusammenzuarbeiten und sich erst einmal nicht um die notwendigen Räumlichkeiten kümmern zu müssen.“ Kolbecks Rat an Tüftler und Erfinder: „Raus aus dem Keller oder der Garage, versucht es nicht als Einzelkämpfer, sondern sucht Mitstreiter und Mentoren!“

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