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Drei Fragen an...

Prof. Dr. Miranda Schreurs

Kritischer Blick von außen: Die US-Politologin und Klimaschutzexpertin über europäische Klimapolitik und die Covid-19-Folgen.

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© Illu: Miranda Schreurs/BDEW

Miranda Schreurs lehrt Klima- und Umweltpolitik an der Technischen Universität München. Die US-amerikanische Politikwissenschafterin war im Jahr 2011 Mitglied der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung – berufen von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Frau Schreurs, in der EU treten Differenzen zur Klimapolitik immer wieder offen zu Tage. Ist eine gemeinsame Klimapolitik von 27 Ländern überhaupt möglich? 
Zu einer der faszinierendsten Eigenschaften der Europäischen Union gehört für mich, dass sie bisher recht gut in der Lage war, in der Klimaschutz- und Nachhaltigkeitspolitik international eine führende Position einzunehmen. Als Amerikanerin, die seit langem in der Europäischen Union lebt und arbeitet, finde ich es beachtlich, dass die EU sogar ehrgeizigere Klima- und Nachhaltigkeitsgesetze  beschließen konnte als die Vereinigten Staaten. Wir wissen aber auch, dass manche Mitgliedsstaaten bisweilen eine fortschrittlichere Politik blockieren. Deutschland beispielsweise hat oft gebremst, wenn andere Länder strengere Normen zur Kraftstoffeffizienz forderten. Auf der anderen Seite fordern Länder wie Polen finanzielle und technologische Hilfen, um sich von ihrer starken Kohle-Abhängigkeit zu lösen.



Aber egal, welche Eigenheiten einzelne Länder für sich in Anspruch nehmen: Durch die Abstimmungsregeln der EU mit qualifizierter Mehrheit sind die Nachzügler immer mehr oder weniger gezwungen, mitzumachen, wenn sich eine ausreichend starke Koalition zur Unterstützung des Wandels bildet. Das Prinzip der Lastenteilung hat dabei immer dazu beigetragen, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen abzufedern. Zusammengefasst: Ja, ich denke schon, dass eine gemeinsame Klimapolitik in der EU möglich sein kann.

Glauben Sie, dass die Coronakrise sich letztlich als eine Art unerwarteter 'Turbolader' für eine klimafreundliche EU-Politik erweist? 
Einiges spricht dafür: Was wir der Umwelt antun, fällt auf uns zurück – das ist mittlerweile Konsens in der Bevölkerung. Wir haben außerdem gesehen, dass die Luftverschmutzung in vielen städtischen Gebieten zu Zeiten der strengen Lockdowns erheblich zurückging. Und wir haben gesehen, dass der überwiegende Teil emissionsintensiver Dienstreisen eigentlich unnötig ist. Die Corona-Pandemie kann sich also in vielen Bereichen als Turbolader für den europäischen Energiewandel, aber auch die EU-Klimapolitik und den Green Deal auswirken.



Wir müssen aber aufpassen, dass wir unsere Umwelt- und Klimaziele jetzt nicht wegen der finanziellen Herausforderungen schwächen, die durch den wirtschaftlichen Abschwung entstehen. Je mehr Regierungen jetzt ihre Wirtschaft durch öffentliche Ausgaben stützen müssen, desto stärker sollten sie sich bei diesen Ausgaben auf die Stärkung des grünen Übergangs konzentrieren. Also konkret: Investitionen in Energie- und Ressourceneffizienz, erneuerbare Energien, digitale Infrastruktur, Maßnahmen zur Renaturierung und öffentliche Verkehrsmittel sowie in Bildung und Berufsausbildung im Bereich der Nachhaltigkeit.

Sehen Sie Europa in der Klima- und Energiepolitik an der Spitze oder haben andere Weltregionen uns inzwischen überholt?
Die EU spielte eine entscheidende Rolle, als es um Starthilfe für Erneuerbare Energien ging. Inzwischen haben sich jedoch viele andere Länder der Bewegung angeschlossen - und einige haben Europa inzwischen überholt. China liegt weltweit an der Spitze, die Vereinigten Staaten stehen bei der installierten EE-Kapazität an zweiter Stelle. Japan hat Deutschland in Bezug auf installierte Photovoltaik überholt und ist weltweit führend in der Hybridfahrzeugtechnologie. Indien und eine Reihe von Ländern des Nahen Ostens investieren ebenfalls in großem Umfang in Solarprojekte mit enormen Größenordnungen.



Die Liste ließe sich fortsetzen. Wenn Europa als Kontinent auf lange Sicht seine glaubwürdige und maßgebliche Rolle bei der Energiewende nicht gefährden will, dann dürfen wir jetzt nicht nachlassen bei der Transformation zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Gesellschaft. Nicht zuletzt auch, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben.

Biografie


Prof. Dr. Miranda Schreurs ist eine US-amerikanische Politikwissenschaftlerin. Derzeit hat sie an der Technischen Universität München den Lehrstuhl für Umwelt- und Klimapolitik inne. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der internationalen und vergleichenden Klima-, Energie- und Umweltpolitik. 2011 wurde Prof. Schreurs von Kanzlerin Angela Merkel als Mitglied der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung berufen. Sie war Mitglied in dem Sachverständigenrat für Umweltfragen der deutschen Regierung (2008-2016) und ist stellvertretende Vorsitzende des European Environment and Sustainable Development Advisory Council.

 


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