Bis 2050 will Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt werden. Dafür müssen alle Wirtschaftsbereiche umgebaut werden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verglich die Aufgabe mit der Mondmission. Wir zeigen, wo Europa sich schon auf den Weg gemacht hat und dabei über Grenzen hinweg Ideen austauscht und zusammenarbeitet. Zum Beispiel mit dem niederländischen Erfolgsmodell „Energiesprong“, nach dessen Vorbild auch Häuser in Deutschland, Italien und Frankreich seriell saniert werden sollen. Vierter und letzter Teil einer Serie zu europäischen Energiwende-Projekten.
Es ist eine Binse: Die sauberste Energie ist die, die erst gar nicht erzeugt werden muss. Deswegen ist die Erhöhung der Energieeffizienz ein wesentlicher Teil der europäischen Klima-Strategie. Im Fokus sind dabei vor allem Gebäude: Auf sie entfallen etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen. Europa will seine Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent senken. Um das zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen von Gebäuden um 60 Prozent sinken, ihr Energieverbrauch um 14 Prozent und der Energieverbrauch für Heizung und Kühlung um 18 Prozent.
Damit das gelingen kann, muss die Renovierungsquote rasant steigen: EU-weit wird jedes Jahr gerade mal ein Prozent des Gebäudebestands durch Renovierungen energieeffizienter. Im Oktober 2020 hat die EU deshalb eine Strategie für eine „Renovierungswelle“ veröffentlicht: Die Renovierungsquote soll sich in den nächsten zehn Jahren mindestens verdoppeln. Dabei fordern Experten auch neue Herangehensweisen: Gebäudesanierung müsse zur leicht erhältlichen und leicht umsetzbaren Maßnahme werden.
Eine Idee dafür kommt aus den Niederlanden und nennt sich „Energiesprong“ (also „Energiesprung“ auf deutsch): Ziel ist die kostengünstige energetische Sanierung in nur wenigen Tagen. Dafür setzt Energiesprong auf einen digitalisierten Bauprozess und serielles Bauen mit vorgefertigten Elementen. Als Ergebnis dieser seriellen Sanierung werden bestehende Gebäude innerhalb kürzester Zeit zu bezahlbaren Kosten auf einen Net-Zero-Standard gebracht, erzeugen also die übers Jahr benötigte Energie für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom selbst.
Der bei Sanierungen sonst sehr hohe Anteil handwerklicher Arbeit auf der Baustelle wird reduziert, das soll zu deutlich niedrigeren Kosten führen. Außerdem soll der zeitliche und finanzielle Aufwand für Gebäudesanierungen besser planbar werden. Dadurch könnten Hausbesitzerinnen oder -besitzer eher bereit sein, sich für eine Sanierung ihrer Immobilie zu entscheiden.
In Deutschland koordiniert die Deutsche Energie-Agentur (dena) die Initiative, finanziert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und unterstützt vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Das Projekt ist zunächst auf eine Dauer von drei Jahren angelegt und will die Grundlagen für die energetische Sanierung in Deutschland schaffen. In den Niederlanden wurden bereits 5.000 Gebäude seriell saniert, auch in Frankreich, Großbritannien und Italien haben erste Gebäude den „Energiesprung“ gemacht.
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