Vor 30 Jahren entstand der erste Offshore-Windpark der Welt – elf Windräder vor der dänischen Insel Lolland. Die Erbauer gingen damals von 20 Jahren Lebensdauer aus, doch die Anlagen liefen 25 Jahre ohne nennenswerte Ausfälle. Seitdem – und dank dieses ersten ambitionierten Projekts – haben die Ingenieurinnen und Ingenieure viel dazugelernt. Die Wirkung von Wind und Wellen können sie bereits in der Tragstruktur und im Design der Anlage und der Komponenten berücksichtigen. Zudem wird die Überwachung während des Betriebs immer präziser, nicht zuletzt durch das Internet of Things. So lassen sich die Anlagen konsequent innerhalb der berechneten Designgrenzen, zum Beispiel bezüglich der Schwingung durch Eigenfrequenz, betreiben. Auch das sorgt für lange Haltbarkeit. Ist ein Rückbau nötig, trumpfen Windkraftanlagen mit einer Recyclingquote von 85 bis 90 Prozent auf. Allerdings ist noch unklar, inwieweit sich zum Beispiel der Stahl von Offshore-Anlagen nach 30 oder 40 Betriebsjahren auf dem Meer wiederverwerten lässt.
Das Energieunternehmen EnBW konzipiert, baut und betreibt seit 2009 Windparks, darunter Deutschlands größten Offshore-Windpark in der Nordsee. Alle Offshore-Windenergieanlagen des Unternehmens sind seit der Installation in Betrieb. Die Einhaltung ihrer Designgrenzen wird genau überwacht. Nur in wenigen Einzelfällen werden die Grenzen überschritten, beispielsweise wenn die Bodenbeschaffenheit nicht verlässlich bewertet werden konnte. Um solche Fälle schnell zu erkennen, wird jede Windenergieanlage nach der Installation vermessen. Bei Abweichungen werden die Designberechnungen erneuert und gegebenenfalls lastreduzierende Maßnahmen ergriffen. Dies ist allerdings nur selten nötig. Obwohl die Offshore-Windenergieanlagen für eine Betriebszeit von bis zu 30 Jahren ausgelegt sind, halten sie vermutlich länger. Wie lange, das gilt es nun herauszufinden.
Die Wende unter der Erde
40 bis 45 Jahre sollen Mittelspannungskabel halten, das ist die regulatorisch veranschlagte Nutzungsdauer. Auf Grundlage dieser Angaben planen Netzbetreiber wie TEN Thüringer Energienetze die Betriebsdauer ihrer Stromkabel. Sie wurden bisher nicht enttäuscht: Moderne VPE-Kabel – das sind Kabel mit einer Isolierung aus vernetztem Polyethylen halten in der Regel wie angekündigt. Und auch die älteren Papiermasse-Kabel haben in der Vergangenheit die Erwartungen erfüllt. Nur die zu DDR-Zeiten hergestellten und verlegten PE-Kabel machen Thüringens größtem Verteilnetzbetreiber Sorgen. Sie erreichen selten die ursprünglich veranschlagte Nutzungsdauer und werden mit zunehmendem Alter immer anfälliger für Störungen. Auch mit der höheren Auslastung und der zunehmend wechselnden Belastung aufgrund der ungleichmäßigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und neuer Lasten wie Elektromobilität sind die Kabel der ehemaligen DDR überfordert. Daher hat TEN zur Ermöglichung der Energiewende für diesen Kabeltyp anhand der Störungsentwicklung ein Auswechselprogramm aufgelegt.
Die Störanfälligkeit ist nur einer der Gründe, die einen Austausch und die Verlegung neuer Stromkabel notwendig machen. Immer mehr Kundinnen und Kunden folgen dem Trend der Dezentralisierung und wollen selbst Energie ins Netz einspeisen. Weiterhin stellen Industriebetriebe im Rahmen der Dekarbonisierung ihre Produktionsprozesse von Gas auf Strom um. Dafür benötigen sie einen leistungsfähigen Netzanschluss.
Die alten Kabel werden nach dem Ausbau einer Wiederverwertung zugeführt. Insbesondere Metalle wie Aluminium und Kupfer lassen sich recyceln. Die ölgetränkte Isolierung alter Papiermasse-Kabel muss dagegen umweltgerecht entsorgt werden. Um alte VPE-Kabel richtig recyceln zu können, müssen die Metalle von der VPE-Isolierung und möglichst auch das Polyethylen vom VPE getrennt werden. Das funktioniert zum Beispiel mithilfe von elektrostatischen Separatoren. Sie trennen selbst feinste Metallteilchen von weniger als 0,1 Millimetern vom Isoliermaterial. So werden die Kunststoffe vor der Weiterverarbeitung gesäubert und die wertvollen Metalle zurückgewonnen.
Die Last der Mobilität
100 Jahre sollte die Leverkusener Rheinbrücke halten, doch nach nicht mal 50 Jahren ermüdeten die Stahlträger und es bildeten sich Risse. 2012 wurde die damals meist befahrene Autobahnbrücke Deutschlands für den Schwerlastverkehr gesperrt. Der ehemalige nordrhein-westfälische Verkehrsminister Michael Groschek bezeichnete die Brücke als „Mahnmal für den katastrophalen Zustand der deutschen Infrastruktur“. Aber wie kam es dazu?
Die alte Brücke wurde nach dem damaligen Stand der Technik und den damaligen Verkehrszahlen gebaut. Seitdem hat sich das Verkehrsaufkommen verdreifacht, noch dazu sind die LKW schwerer beladen als damals. Außerdem zeichneten sich Qualitätsmängel bei dem 1960er-Jahre-Bau ab. Alle diese Faktoren haben die Lebensdauer der Brücke drastisch verkürzt.
Die Autobahn GmbH des Bundes baut nun die erste neue Brücke, um die Rheinbrücke zu ersetzen. Ende 2023 soll sie fertig sein. Danach wird die alte Brücke abgerissen und an ihrer Stelle die zweite neue Brücke gebaut. Um die Reste der alten Brücke recyceln zu können, muss das Material zunächst von Schadstoffen befreit werden. Teile der Stahlbrücke sind für Forschungen an Altstahl zum Beispiel durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vorgesehen, der restliche Konstruktionsstahl für die Schrottverwertung.
Ende 2027 sollen die beiden neuen Rheinbrücken fertig sein. Ihre Bemessung orientiert sich am Bedarf der Verkehrsprognose 2030 und den neuesten Normen. Die Qualität soll eine engmaschige Überwachung in der Planungs- und Bauphase sichern. Lediglich Verschleißteile wie die Fahrbahnübergänge und der Straßenbelag müssen dann regelmäßig erneuert werden. Doch die Rheinbrücken selbst sollen diesmal so lange halten wie geplant: 100 Jahre.
Mehr zu Windkraftanlagen
Wenn das Windrad mit der Cloud spricht – mit dem IoT zum Energienetz der Zukunft. Zum Artikel
Repowering, Weiterbetrieb oder Rückbau – der Kampf um die Windmühlen. Zum Artikel
Windkraft – umgeben von Wasser. Zum Artikel
Zurück zur Schwerpunkt-Übersicht Infrastruktur