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Biowasserstoff:

Auf dem Weg zur lebenden Fabrik?

Wie winzige Algen dabei helfen könnten, Biowasserstoff in großen Mengen herzustellen.

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© Daria Fürst / BDEW

Sie sind grün, winzig klein – und große Hoffnungsträger: Mikroalgen können unter bestimmten Bedingungen ihren Stoffwechsel so umstellen, dass sie selbstständig Wasserstoff produzieren. Schon seit vielen Jahren suchen Forschende und Entwicklerinnen nach Wegen, wie man große Mengen Biowasserstoff mit Hilfe der Mini-Multitalente erzeugen könnte. Doch einige Fragen sind noch offen.

Grün vs. Bio

Er gilt als ein zentrales Element der Energiewende: Grüner Wasserstoff soll in Zukunft Nullemissionsflüge ermöglichen und klimafreundliche Lkw und Schiffe antreiben. Gewonnen wird das farblose Gas bisher vor allem über die Elektrolyse: Dabei spaltet Strom aus erneuerbaren Energiequellen das Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff. Dieses Verfahren ist zwar CO2-neutral, aber bisher auch sehr energieintensiv und kostspielig.

Auf der Suche nach Alternativen setzen einige Forscherinnen und Forscher auf sogenannten „biobasierten Wasserstoff“, kurz: Biowasserstoff: Dieser kann aus Biomasse oder mithilfe von Mikroorganismen gewonnen werden. Seit längerem gelten vor allem bestimmte Grünalgen als zukunftsträchtige Energielieferanten. Diese sind so klein, dass etwa zehn Zellen quer nebeneinander auf die Schnittfläche eines Haares passen würden. Und doch stecken in ihnen viele Talente. 

Hoffnungsträger: Grünalgen auf Diät 

Chlamydomonas reinhardtii. So lautet der Name des Stars unter den Grünalgen, der bereits vor über 80 Jahren für Erstaunen sorgte. Damals entdeckte der Photosynthese-Experte Hans Gaffron, dass eben diese einzellige Alge ab und an von Sauerstoff- auf Wasserstoffproduktion umschaltet. Den Grund dafür fand man erst viele Jahre später, in den 1990ern, heraus. Es ist Schwefelmangel. Oder anders gesagt: Die Alge ist auf Diät. Denn während sie unter normalen Bedingungen die durch die Photosynthese gewonnenen Elektronen in ihr eigenes Wachstum steckt, fehlen ihr dafür bei Nährstoffmangel die Bausteine. Die Notlösung der Grünalge: Sie setzt die überschüssige Lichtenergie mit Hilfe eines speziellen Enzyms zu Wasserstoff um, den sie an ihre Umgebung abgibt.  

Die Herausforderung: der große Maßstab

Riesige Wassertanks voller Algen, die regenerativen Treibstoff erzeugen und die dafür eigentlich nur Sonnenlicht benötigen? Theoretisch ein vielversprechendes Konzept. Warum aber scheiterte trotz jahrelanger Forschung die Idee bisher in der Praxis? „Wir müssen noch Antworten auf viele Fragen finden“, sagt Prof. Thomas Happe. Der Biologe von der Ruhr-Universität Bochum ist einer der weltweit renommiertesten „Algenversteher“: Ihm gelang es 1993, das für die Wasserstoffproduktion verantwortliche Enzym, die sogenannte Hydrogenase, zu isolieren.

Seitdem hat es der Leiter der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie unter anderem geschafft, die gesamte Reaktion im Detail aufzuschlüsseln – und die Wasserstoffherstellung ins Reagenzglas auszulagern. Dass es heute noch keine große „Algen-Wasserstofffabrik“ gibt, liegt laut Happe zum Beispiel am massiven Platzbedarf der Produktion bei noch zu geringer Wasserstoffausbeute. Aber auch die hohen Ansprüche der Algen, um gut zu wachsen, stehen im Weg: „Algenkulturen können durch Bakterien und Pilze verunreinigt werden und Sauerstoff stört die Wasserstoffproduktion.“ 

Auf der Suche nach Lösungen: die Enzymarchitekten

Wie also kann es gelingen, Biowasserstoff im größeren Maßstab herzustellen? Ein wichtiger Schlüssel liegt für Happe darin, das Enzym Hydrogenase widerstandsfähiger und langlebiger zu machen. „Hydrogenase kann in der Sekunde 10.000 Wasserstoffmoleküle herstellen, aber verträgt keinen Sauerstoff. Wir suchen deshalb nach Möglichkeiten, das Enzym so zu verändern oder synthetisch nachzubauen, dass Sauerstoff die Wasserstoffproduktion nicht länger hemmt.“



Erste Erfolge gibt es bereits. So ist es neben Prof. Happe auch anderen Forschenden der TU München, des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion und des CNRS Marseille gelungen, verschiedene Hydrogenasen zu „bauen“, die in der Gegenwart von Sauerstoff mehrere Wochen lang Wasserstoff produzieren kann. Aktuell setzt Happes Team aber auch auf neuartige Designs, wobei die Algen bzw. ihr besonderes Enzym weiter als Vorbild dienen. „Kann es zum Beispiel katalytische Strukturen aus DNA geben, die die Funktion der Hydrogenase übernehmen können? Damit würden wir sehr robuste, günstige Biowasserstoffproduzenten schaffen.“

Spannende Nische oder echte Chance?

Bleibt die Frage: Wird Biowasserstoff aus Algen bzw. künstlichen Hydrogenase-Systemen irgendwann wirklich unsere Autos antreiben können? „Grundsätzlich unterscheidet sich Biowasserstoff im chemischen Aufbau nicht vom grünen Wasserstoff, wie er bei der Elektrolyse erzeugt wird. Daher glauben wir auch fest an ähnliche Anwendungsgebiete“, so Happe. Bisher können mit Biowasserstoff aus Algen eher kleinere Anwendungen betrieben werden. Dass Biowasserstoff eine Rolle bei der Bewältigung der Klima- und Energiekrise spielen kann – davon ist Prof. Happe überzeugt: „Wir brauchen langfristig Alternativen für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Künstliche Hydrogenase-Systeme, wie die, an denen wir arbeiten, können hierfür eine Lösung ein.“

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