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Perspektive Sprunginnovation:

Radikal hoffnungsvoll

Ideen, die die Welt verändern, kommen nach wie vor aus Deutschland. Die Bundesagentur SPRIN-D ist optimistisch.

Illustration Bundesagentur für Sprunginnovation SPRIN-D

© Robert Albrecht / BDEW

 

Im brandenburgischen Schipkau in der Lausitz entsteht die größte Windkraftanlage der Welt. In 364 Metern Höhe soll ab Sommer 2025 Energie gewonnen werden. Die Idee dazu hatte der inzwischen verstorbene Ingenieur Horst Bendix. Er wollte Windräder weiter in den Himmel ragen lassen als bisher: In höheren Lagen weht der Wind deutlich stetiger, sodass die Anlagen effizienter arbeiten können.

Innovationssprung für die Energiewende

Dass dieses Stück Ingenieurskunst den Weg in die Wirklichkeit findet, ist einer Begegnung zwischen Bendix und dem Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovation SPRIN-D zu verdanken. Als größter Deep-Tech-Finanzierer Europas investiert die Agentur seit ihrer Gründung von Jahr zu Jahr mehr in radikale Innovationen wie die von Bendix. Finanziert wird SPRIN-D vom Bundesbildungsministerium und vom Bundeswirtschaftsministerium. Bei ihrer Gründung wurde die Agentur zunächst auf zehn Jahren angelegt, wofür ein Budget von insgesamt rund einer Milliarde Euro einkalkuliert wurde.

2.111 Projekte hat das Team bislang analysiert und 163 finanziert, darunter das Höhenwindrad. Ende 2020 investierte die Agentur aus Leipzig in ihre erste Projektgesellschaft: die Tochtergesellschaft beventum, die den neuen Konstruktionsansatz heute in Schipkau mit dem Dresdner Unternehmen Gicon umsetzt. Ein entscheidender Innovationssprung für die Energiewende – beziehungsweise eine „Sprunginnovation“, wie es bei SPRIN-D heißt: „Kommt eine Sprunginnovation in die Welt, ist diese – die Welt – danach merklich anders als zuvor“, sagt Berit Dannenberg, kaufmännische Geschäftsführerin bei SPRIN-D.

„Reallabor“ für den Mut des Staates

In diesem Jahr ist die Agentur fünf Jahre alt geworden. Ein Vorbild bei ihrer Gründung war die 1958 von US-Präsident Eisenhower gegründete Defense Advanced Reserach Projects Agency (DARPA): ein staatlich subventionierter Brutkasten, von dem Gründer mit Finanzmitteln ausgestattet wurden. Auch hierzulande müsse der Staat weiter inkubieren, sagt SPRIN-D-Direktor Rafael Laguna de la Vera. „Geld ist genug da, der ,Return on Invest‘ wird gewaltig sein. Wir müssen einfach nur machen.“ SPRIN-D sei „so etwas wie das Reallabor“ für den Mut des Staates.

Das höchste Windrad der Welt



Eine weitere staatliche Aufgabe, die SPRIN-D nach Aussage von Laguna de la Vera übernimmt: Innovationshemmnisse aus dem Weg zu räumen. Denn von der Idee im Labor bis zum Massenprodukt haben Gründerinnen und Gründer einige Hürden zu meistern. Eine davon ist die Finanzierung, die vielen privaten Geldgebern zu riskant ist. „Wir fangen mit unserer Förderung an, wenn eine Idee aus der Grundlagenforschung kommt“, sagt Laguna de la Vera. „Dann bewegen wir die innovativen Akteure dazu, ein Unternehmen zu gründen, helfen ihnen, ihr geistiges Eigentum in die neue Firma zu transferieren und unterstützen sie mit der ersten Finanzierung.“

Klimaschutz neu gedacht

Ein wichtiges Werkzeug dabei sind sogenannte Challenges, bei denen die Köpfe hinter den Ideen mit Sprunginnovationspotenzial um Förderung kämpfen. Im Innovationswettbewerb „Carbon-to-Value“ etwa geht es um neuartige Methoden, um große Mengen CO2 langanhaltend der Atmosphäre zu entziehen und wirtschaftlich in Produkten zu binden.

Im Kontext der Windenergie konzentriert sich SPRIN-D „bewusst auf Windenergieanlagen, die nicht nur rechtliche Rahmenbedingungen erfüllen, sondern so konzipiert sind, dass sie ohne allzu großen Genehmigungsaufwand aufgestellt und zu geringeren Kosten hergestellt werden können“. Das Höhenwindrad etwa wird in einen bereits bestehenden Park integriert – wie ein „zweiter Stock“ oberhalb der bisherigen Windräder. So könnte die Stromerzeugung ohne neue Flächen verdoppelt werden.



Nicht nur Klima- und Umweltschutz, auch Gesundheit und der Kampf gegen digitale Desinformation sind Themen bei SPRIN-D. Die Ideen sind radikal, der Glaube an ihre Umsetzbarkeit hat ebenfalls etwas Radikales – vor allem in einer Zeit, da Zuversicht insgesamt eher Mangelware ist. Berit Dannenberg sagt dazu, Pessimismus sei wie Angst in manchen Situationen durchaus angebracht, als archaische Bremse aber meistens überflüssig: „Es gibt furchtbare Probleme, aber unter dem Strich bessert sich die Situation auf unserem Planeten seit 300 Jahren nachweislich signifikant. Viele große Herausforderungen unserer Zeit – Energie, Klima, Wasser, Krankheiten – lassen sich technologisch lösen.“

Eine Perspektive, die tatsächlich Grund für Optimismus bietet.

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