„Das Bundeswirtschaftsministerium geht mit der EnWG-Novelle viele wichtige Themen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Energiewirtschaft an. Viele der Maßnahmen können – richtig umgesetzt – dazu beitragen, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Das gilt unter anderem für den schnellen Ausbau und sicheren Betrieb des Stromnetzes. Die Änderungen beim Redispatch werden die Grundlage für ein schrittweises Vorgehen in Richtung eines verteilnetzweit umsetzbaren und effizienten Redispatch 2.0 auf Basis von Erfahrungen und Kapazitäten der Branche legen und zu mehr Rechtssicherheit führen. Positiv ist auch der Umstieg von einem energetischen Ausgleich der Endabrechnungs-Strommengen des EEG-Belastungsausgleichs hin zu einem rein finanziellen Ausgleich. Dies führt zu einer erheblichen Entlastung der Verteil- und Übertragungsnetzbetreiber.
Leider verliert sich der Gesetzentwurf in zu vielen Einzelmaßnahmen und Detailvorgaben. Durch dieses Mikromanagement laufen die Regelungen Gefahr die Energiewende eher zu bremsen als zu beschleunigen. Bürokratie erschlägt Effizienz, das kann so nicht bleiben. Es fehlt eine klare Priorisierung. Hingegen fehlen die tatsächlich dringend notwendigen Regelungen, um der Herausforderung von PV-Einspeisespitzen zu begegnen und sollten dringend nachgereicht werden.
Im nun vorgelegten Gesetzentwurf sehen wir insbesondere die kleinteiligen Vorgaben zu Netzanschlüssen kritisch. Die Zahl der Netzanschlussanfragen ist in den vergangenen Jahren sowohl auf der Einspeise- als auch auf der Lastseite exponentiell gestiegen. Die Netzbetreiber haben noch nie so viele Anlagen in ihr Netz integriert wie im vergangenen Jahr. Dieser Trend setzt sich fort. Richtig ist, dass Netzanschlussverfahren weiter vereinfacht werden müssen. Das ist im Interesse aller. Die nun mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen werden aber durch den hohen Detaillierungsgrad diesem Ziel nicht mehr gerecht. Der hohe bürokratische Umsetzungsaufwand würde erfolgreiche Prozesse überschreiben, Verfahren weiter verkomplizieren und dadurch ausbremsen. Das übergeordnete Ziel für schnellere Netzanschlüsse muss angesichts des Anlagenbooms und des Fachkräftemangels vielmehr ein spürbarer Bürokratieabbau für Netzbetreiber sein.
Der Gesetzentwurf enthält auch Regelungen zur Umsetzung von EU-Vorgaben zum Thema Energy Sharing (Gemeinsame Energienutzung). Energy Sharing soll auch Bürgerinnen und Bürgern ohne eigene Immobilie die Möglichkeit geben, lokal an der Erzeugung und Nutzung von Erneuerbarer Energie anderer teilzuhaben. Die vorgesehene Umsetzung ist allerdings überkomplex und geht insbesondere hinsichtlich der regionalen Grenzen, des Zeitpunkts der Anwendung und Aufgabenzuweisung deutlich über die Anforderungen der EU-Vorgaben hinaus. Dies erzeugt zusätzlichen Aufwand und Kosten. Die Vorgaben zur Gemeinsamen Energienutzung sollten deshalb auf das beschränkt werden, was gemäß den EU-Vorgaben erforderlich ist.
Auch die pauschale gesetzliche Beauftragung der Verteilnetzbetreiber mit einer Internetplattform zur weiteren Digitalisierung von Netzzugang und Netzanschluss sowie zur Abwicklung des Energy Sharings ist nicht ausreichend durchdacht und mit den Umsetzern in der Branche besprochen. So fehlt eine Kosten-Nutzen-Analyse und eine Klärung wer die entstehenden Kosten trägt. Auch hier gilt es unnötige und unrealistische Detailregelungen und Fristen zu vermeiden. Sinnvoller wäre es, dass Branche und Bundesnetzagentur beauftragt werden, eine kostengünstige und einfach umsetzende Lösung zu finden.
Bei allen gesetzlichen Maßnahmen ist zu bedenken, dass ein gesetzlicher Eingriff in bestehende Abläufe und Prozesslandschaften der Unternehmen immer auch zu Verzögerungen an anderen Stellen führen kann. Hier ist auch die Politik gefordert zu priorisieren und den Aufgaben den Vorrang zu geben, die energiewenderelevant sind und deren Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehe.“
Die BDEW-Stellungnahme zu den Entwürfen eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts finden Sie hier.