„Das vorgelegte Osterpaket räumt zwar mit einem Schlag viele der Hemmnisse aus dem Weg, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den letzten Jahren ausgebremst haben. Der entscheidende Hebel fehlt allerdings noch: Dringend notwendig ist ein effizienteres Planungs- und Genehmigungsrecht, das den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen deutlich beschleunigt. Dies ist leider erst für das Sommerpaket geplant. Wir brauchen hier aber mehr Tempo: Die Bundesregierung sollte deshalb die Voraussetzungen für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren in das Osterpaket integrieren.
Der Krieg in der Ukraine zeigt deutlich, dass wir uns schneller als gedacht unabhängig von fossilen Energieträgern und damit von russischen Energieimporten machen müssen. Zudem hat die Bundesregierung nun ihre Schätzung zum Bruttostrombedarf im Jahr 2030 von 710 TWh auf 750 TWh angehoben. Das wirkt sich auch auf den Bedarf an erneuerbar erzeugtem Strom aus: Bei einem gewünschten Anteil von 80 Prozent grünem Strom brauchen wir bis 2030 600 TWh Strom aus erneuerbaren Quellen. Das ist sehr ambitioniert. Ein Blick auf die ebenfalls angehobenen Ausbaupfade verdeutlicht die Dimension: Bis 2030 ergibt sich ein Bedarf von 115 Gigawatt (GW) Windenergie an Land - das entspricht einem Zubau von 10 GW jährlich - und bis 2040 160 GW. Bei der Photovoltaik geht die Bundesregierung von einer installierten Leistung von 215 GW bis 2030 aus, und von 400 GW bis 2040. Das erfordert einen Zubau von 22 GW jährlich.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien noch einmal deutlich erhöhen und dauerhaft den Turbo einstellen.
Positiv ist die generelle Einordnung der Erneuerbaren Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ und dass sie „der öffentlichen Sicherheit“ dienen. Damit wird den Behörden bei der Abwägung zwischen verschiedenen Interessen eine wichtige Entscheidungshilfe an die Hand gegeben, was sich positiv auf Genehmigungsverfahren auswirken kann. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum diese Einordnung zwar für Erneuerbare Energien gilt, sie explizit für die Wasserkraft aber wieder ausgehebelt wird. Die Wasserkraft sollte den anderen Erzeugungsarten von grünem Strom gleichgestellt werden.
Wichtig hierbei ist, auch entsprechende Bestimmungen in anderen Gesetzen wie dem Bundesnaturschutzgesetz, dem Baugesetzbuch und dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu verankern. Darüber hinaus müssen die Behörden fit gemacht werden für die hohe Anzahl der in den kommenden Jahren zu bearbeitenden Anträge. Hier bräuchte es eine deutlich stärkere Digitalisierung, mehr Personal und eine bessere Ausstattung in den Behörden.
Bei den Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren muss konsequenterweise auch der notwendige Ausbau der Netze mitgedacht und berücksichtigt werden, damit der erzeugte grüne Strom auch zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern kommt. Der forcierte Erneuerbaren-Ausbau erfordert auch den forcierten Netzausbau auf allen Spannungsebenen.“
BDEW-Bewertung zu wichtigen Punkten im Detail:
Die Vorschläge des Osterpakets für das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) bleiben weit hinter dem für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende notwendigen Anpassungen zurück. Um Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, brauchen wir Erzeugungsanlagen, die gesicherte, regelbare Leistung als Partner der Erneuerbaren Energien bereitstellen. Die Kraft-Wärme-Kopplung ist eine hocheffiziente Technologie, die auch mit Wasserstoff (H2) funktioniert. Wichtig ist jedoch, dass die H2-Readiness mit realistischen Terminsetzungen und Übergangsregeln ins KWKG aufgenommen werden muss. Darüber hinaus müssen KWK-Zuschläge kurzfristig dahingehend angepasst werden, dass die Kostensteigerungen der letzten zwei Jahre im Anlagenbau, die H2-Readiness und der Einsatz von H2 als Brennstoff für die Investoren wirtschaftlich abbildbar werden. Zudem sollte Biomethan als ein erneuerbarer Brennstoff weiterhin im KWKG förderfähig sein. Daher wäre es nun sinnvoll, die erforderlichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen zur KWK durch das Bundeswirtschaftsministerium zeitlich vorzuziehen und darauf aufbauend eine Anpassung der Förderkonditionen im KWKG vorzunehmen.
Im Hinblick auf kommunale Beteiligungsmöglichkeiten stellt das Osterpaket die richtigen Weichen, um die Akzeptanz der gewünschten Erneuerbaren-Projekten zu stärken. Es hätte aber auch noch weiter gefasst werden können, beispielsweise durch die Ausweitung auf den Anwendungsbereich „Solaranlagen auf sonstigen baulichen Anlagen“. Beim Prosuming sind weitere gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich, um das hier bestehende Potenzial zu erschließen. So dient zwar die Neufinanzierung der EEG-Umlage schon teilweise der Entbürokratisierung beim Eigenverbrauch. Ebenso gibt es beim Mieterstrom eine kleine Verbesserung mit der Nutzung von Nebengebäuden. Allerdings braucht es für die verschiedenen Prosuming-Modelle weitere regulatorische und bürokratische Vereinfachungen.
Zentral für den Ausbau der Windenergie an Land ist, dass sowohl die Ausbauvolumina als auch die Anzahl der Ausschreibungstermine pro Jahr angehoben und die Ausschreibungsmengen verstetigt werden. Mit diesen Regelungen werden die höheren Ausbauziele, die im vergangenen Jahr festgelegt wurden, im EEG gesetzlich verankert. Wichtig ist, dass der stärkere Zubau auch tatsächlich durch schnellere Verfahren und bessere Genehmigungschancen umgesetzt werden kann. Dies gilt ebenso für die geplanten Maßnahmen außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wie die Behebung von Konflikten mit Funknavigation und Wetterradaren. Entscheidend ist auch hier, dass die beschlossenen Maßnahmen konsequent umgesetzt werden. Um die Erreichung der Ziele sicher zu stellen, sollte das Flächenziel von zwei Prozent im Baugesetzbuch verankert werden.
Auch beim Ausbau der Photovoltaik wurden mit der Anhebung der Ausschreibungsvolumina für große Dachanlagen und Freiflächen die Ausbauziele im EEG umgesetzt. Positiv ist die Anhebung der Ausschreibungsschwelle auf 1 Megawatt bei Freiflächen- und Dachanlagen zu bewerten, ebenso die Anhebung der Vergütung bei Volleinspeisung. Diese Maßnahmen werden zu einer Beschleunigung des Ausbaus beitragen. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die geplante Vorgabe, dass Kommunen in ihren Verträgen mit Anlagenbetreibern zur finanziellen Beteiligung zusätzliche naturschutzfachliche Anforderungen vorgeben dürfen. Diese Vorgabe führt nicht zur Beschleunigung von PV-Projekten, sondern bremst sie zusätzlich aus.
Im scharfen Kontrast zu den Ausbauzielen gestalten sich hingegen die neuen Regelungen für die Wasserkraft, die eine Förderung für neue kleine Wasserkraftanlagen bis 500 kW und für die Ertüchtigung bestehender, kleiner Wasserkraftanlagen bis 500 kW ausschließen. Die Verknüpfung gewässerökologischer Gründe des Wasserrechts mit dem Energierecht ist hier nicht zielführend. Die Belange des Wasserhaushaltsgesetzes und die Aufrechterhaltung des darin unabhängig formulierten Populationsschutzes muss ohne Frage gewährleistet bleiben. Wichtig ist jedoch, dass das Wasser- und das Energierecht auch weiterhin unabhängig voneinander entwickelt werden, um Interessenkonflikte und Diskriminierungstatbestände auszuschließen.
Auch mit Blick auf die Nutzung von Biomasse/Biomethan wurde mit dem vorliegenden EEG-Entwurf eine Chance vertan, hier wichtige Anreize zu setzen. Insbesondere in der aktuellen Situation kann Biomethan einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung des Gasbezugs leisten. Hier sollten alle Optionen genutzt werden.
Die Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) hat das Potenzial, eine neue Dynamik beim Ausbau der Offshore-Windenergie zu entwickeln. Insbesondere die höheren Ausbauziele, die höheren Ausbaumengen und die allgemeinen Regelungen zum zweigleisigen Verfahren werden den Zubau von Windenergieanlagen auf See deutlich beschleunigen. Nachbesserungsbedarf besteht allerdings bei der Ausgestaltung des qualitativen Kriterienkatalogs. Insbesondere das Kriterium der Einmalzahlung nach dem Prinzip „Wer bietet mehr?“ führt zu höheren Risiken für Investoren und senkt damit die Realisierungswahrscheinlichkeit von Offshore-Projekten.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen der Energiepreise ist es gut, dass das Bundeswirtschaftsministerium nun auch die notwendigen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vorgenommen hat. Dazu gehört die Vorgabe, zur Anzeige der Geschäftsaufgabe eine längere Frist einhalten zu müssen. Dies gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern Zeit, sich um eine alternative Strom- oder Gasversorgung zu kümmern, und schafft Transparenz. Zukünftig können damit Situationen vermieden werden, in denen Hundertausende Kundinnen und Kunden unerwartet in die Ersatzversorgung fallen, weil unseriöse Billiganbieter einfach die Versorgung eingestellt haben. Zudem ist die Entkopplung der Tarife für die Grund- und die Ersatzversorgung ein wichtiger Schritt, der den Grundversorgern Rechtssicherheit gibt und den notwendigen Handlungsspielraum bei extremen Steigerungen der Beschaffungskosten verschafft.
Positiv sind auch die neuen Regelungen zum Netzausbau. Die stärkere Berücksichtigung der Klimaschutzziele in den Netzentwicklungspläne sichert eine zukunftsfeste Grundlage für den Ausbau der Netze. Die fortschreitende Digitalisierung beispielsweise bei der Abwicklung der Netzanschlussanfragen wird den Netzausbau beschleunigen und sorgt für Transparenz.