„Die energiepolitischen Vorschläge setzen an den richtigen Stellen an und adressieren dringliche Aufgaben. Offensichtlich wurde jedoch der Wärmebereich komplett vergessen. Hier muss nachgebessert werden“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Eine sichere, bezahlbare und zukünftig klimaneutrale Energieversorgung ist die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschlands und für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung.“
Die Investitionen sind aber nicht nur über das Sondervermögen abzubilden, sondern auch über den Bundeshaushalt und KTF. Daher erwarten wir im Einklang mit den anderen Wirtschaftsverbänden strukturelle Reformen und umfassenden Bürokratieabbau.
Positiv ist die geplante Senkung der Stromsteuer für alle sowie Zuschüsse zu den Übertragungsnetzentgelten. „Damit kann die Bundesregierung für eine Entlastung der Wirtschaft und der Haushalte bei den Strompreisen sorgen, Sektorkopplung voranbringen und positive volkswirtschaftliche Effekte erzielen,“ so Andreae. „Entscheidend ist nun eine zügige Einigung auf politischer Ebene. Die Senkung der Stromsteuer muss dauerhaft sein, damit Unternehmen und Haushalte langfristige Planungssicherheit erhalten.“
Auch weitere Vorhaben werden sich perspektivisch ebenfalls preissenkend auf die Strompreise auswirken. Dazu gehören der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Netzausbau, der Zubau von Gaskraftwerken sowie die mittelfristig gesicherte Verfügbarkeit von Erdgas und ein ernstgemeinter Bürokratieabbau.
Es ist gut, dass der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) verlässlich vorangetrieben wird. Eine verstärkte künftige Abstimmung zwischen EE-Anlagenbetreibern und Netzbetreibern im Hinblick auf die intelligente Ausnutzung von vorhandenen und künftigen Netzkapazitäten ist erforderlich. Gleiches gilt für den Zubau von Speichern und mehr Flexibilität, auch verbrauchsseitig.
Dringlich ist zudem der Zubau steuerbarer Kraftwerke. Eine Festlegung der Rahmenbedingungen muss auf die 100-Tage-Agenda der neuen Bundesregierung. Wir brauchen dringend Gigawatt. Dafür braucht es nach der Regierungsbildung eine rasche Abstimmung mit der EU über einen verlässlichen Investitionsrahmen, um die Ausschreibungen für neue Kraftwerke und Modernisierungen schnellstmöglich umsetzen zu können. Mittelfristig muss ein Kapazitätsmarkt etabliert werden. Es muss geprüft werden, ob eine Rückholung von Reservekraftwerken in den Strommarkt negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Neuanlagen hätte, beispielsweise von Gaskraftwerken, Speicher und Erneuerbaren Energien. Dies wäre dann ein großer Eingriff in die freie Preisbildung am Markt.
Den Gesetzentwurf zum Transport und zur Speicherung von Kohlendioxid für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors (CCS) aus der 20. Legislaturperiode unterstützen wir. Unter anderem zum Schutz der Grundwasserressourcen sind dauerhafte Lagerstätten für die nationale unterirdische Onshore-Speicherung von CO2 nicht zu berücksichtigen.
Damit der Strom von den Erzeugern zu den Verbrauchern gelangt, ist ein zügiger, zielgerichteter und kosteneffizienter Ausbau der Stromnetze notwendig. Dieser kann aber nur mit einem schnellen und deutlich verbesserten Regulierungsrahmen gelingen. Die geltenden und auch die nach dem NEST-Prozess vorgesehenen Regeln für die Verzinsung des eingesetzten Kapitals sind nach derzeitigem Stand nicht geeignet, die notwendigen Infrastruktur-Investitionen anzureizen. Wichtig ist, dass zügig, und zwar schon für dieses Jahr, messbare Verbesserungen des Regulierungssystems erzielt werden. Das geplante Sondervermögen sollte für den Ausbau und die Modernisierung der Energienetzinfrastruktur genutzt werden und sich verstärkend auf die Investitionen der Netztreiber auswirken.
Auch in anderen Bereichen ist es wichtig, Investitionen zu ermöglichen. „Privates Kapital muss gezielt mit staatlichen Geldern und Garantien gehebelt werden. Unser Energiewendefonds kann hierzu – speziell für den Wärmesektor - einen wichtigen Beitrag leisten. Zudem sind intelligente Abschreibungsmodelle erforderlich, um die dringend notwendigen Investitionen in die Energieinfrastrukturen zu beschleunigen", so Andreae.
"Es ist richtig, dass Wasserstoff als Schlüsselbranche anerkannt und gestärkt wird. Um den Hochlauf der Wasserstoff-Wertschöpfungsketten zu ermöglichen, müssen die Kosten für erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff gesenkt werden. Dafür sind Anpassungen der beiden delegierten EU-Rechtsakte notwendig", erklärt Andreae. Neben Forschung und Innovation braucht es auch eine schnelle Skalierung und Marktdiffusion. "In der Elektrolyse-Herstellung droht ein Fadenriss wie einst bei der Photovoltaik. Es braucht eine gezielte Anwendung im Gesamtsystem. Wasserstofferzeugung und -speicherung sind essenziell für die Resilienz des Energiesystems und die Nutzung aller Infrastruktur- und Erneuerbaren-Potenziale", so Andreae weiter.
Die Wasser- und Abwasserinfrastruktur muss vor dem Hintergrund des Klimawandels in den Infrastrukturfonds einbezogen werden. Wichtig ist, dass zudem mit den zukünftigen Verteidigungsinvestitionen auch Investitionen abgedeckt werden, die zur Bereitstellung und zum Schutz der kritischen Infrastrukturen in der Energie- und Wasserwirtschaft ergriffen werden müssen.
Auffällig ist, dass die Wärme im Sondierungspapier keinerlei Erwähnung findet. Wichtig ist hier, dass wir keinen Systemwechsel bekommen. Menschen, Handwerk, Gewerbe, Handel, Industrie und die Energieversorgungsunternehmen brauchen Planungs- und Investitionssicherheit. Die notwendige Überarbeitung des Gebäude-Energiegesetzes bis 2026 sollte genutzt werden, um die Regelungen zu vereinfachen und verständlicher zu gestalten. Es bedarf ein ganzheitliches „Wärmepaket“, neben einer Vereinfachung des GEG auch Novellierungen u.a. von der AVBFernwärmeV, der WärmelieferVO und eine signifikante Anhebung der Ausstattung vom BEW zur Förderung von Wärmenetzen.
Mit Blick auf die Elektromobilität sieht der BDEW einen Rückschritt. „Die Ablehnung von Strafzahlungen für die Automobilindustrie ist nachvollziehbar,“ so Andreae. "Gleichzeitig bestraft das Infragestellen der Flottengrenzwerte diejenigen, die frühzeitig in Elektromobilität investiert haben. Für die Ladesäulenbetreiber muss Planungssicherheit für ihre Investitionen gewährleistet werden", so Andreae. „Es ist aber gut, dass die Koalition neuen Schwung in den Elektromobilitätsmarkt bringen und hierzu Kaufanreize schaffen möchte.“
In Sachen Digitalisierung gibt es im Papier viel Luft nach oben. Digitalisierung und KI sind essenzielle Technologien für die deutsche Wirtschaft und die Energiewirtschaft. Hier droht Deutschland zurückzufallen.
Ganz oben auf die Agenda muss nun eine radikale Entbürokratisierung. „Regularien im Energiesektor müssen reduziert und praxisnah gestaltet werden. Zum Abbau der Bürokratie-, Dokumentations- und Berichtspflichten hat der BDEW zahlreiche Vorschläge vorgelegt, die im Rahmen der vorgesehenen Überprüfung berücksichtigt werden sollten. Jede Vorschrift muss hinsichtlich ihres Kosten-Nutzen-Verhältnisses überprüft werden", betont Andreae.