Die Energiewirtschaft hat die Bundesregierung zu Jahresbeginn aufgefordert, die Haushaltskrise schnell zu überwinden und künftig geordnete Planungssicherheit zu gewährleisten. „Die Bundesregierung muss jetzt Nägel mit Köpfen machen: Wir brauchen die Kraftwerksstrategie mit klaren Rahmenbedingungen, um den Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken anzureizen und Investitionssicherheit zu schaffen. Die Zeit drängt: Bis zum Jahr 2030 werden mindestens 15 Gigawatt (GW) an neuer gesicherter Erzeugungsleistung in Deutschland benötigt. Grundsätzlich gilt: Die zügige Realisierung der Kraftwerkskapazitäten braucht Investitionssicherheit. Dies muss auch durch eine kluge Verzahnung der Ausschreibungen mit einem zukünftigen Marktdesign, wie einem Kapazitätsmarkt, gewährleistet werden. Um Komplexität und Kosten deutlich zu senken, sollte unbedingt der Umfang der beiden EEG-Elemente der Kraftwerksstrategie (Wasserstoff-Sprinter und Wasserstoff-Hybrid-Kraftwerke) insgesamt überprüft werden. Es handelt sich insbesondere bei den Wasserstoff-Hybrid -Kraftwerken um teure, aber für die System- und Versorgungssicherheit nur sehr begrenzt relevante Komponenten. Der Schwerpunkt der Kraftwerksstrategie muss bei den systemrelevanten H2-ready-Kraftwerken liegen.“
Zudem müsse das Solarpaket so schnell wie möglich verabschiedet und der Erneuerbaren-Ausbau weiter erleichtert werden. „Mehr als 50 Prozent grüner Strom in 2023 sind ein Erfolg. Und wir können bis 2030 noch viel mehr schaffen. Im vergangenen Jahr haben wir gesehen: Bereits kleine Erleichterungen können den Ausbau merklich beschleunigen. Nun gilt es, weiter Bürokratie abzubauen und mehr Flächen für Anlagen bereitzustellen.“ Das Solarpaket enthalte viele sinnvolle Regelungen, um den Ausbau bei Photovoltaik (PV) und Wind an Land weiter zu beschleunigen. „PV-Anlagen müssen zügig und unkompliziert in die Netze integriert werden. Die geplante Duldungspflicht für den Bau von Netzanschlussleitungen für Erneuerbare Energien Anlagen wird dafür noch mehr Tempo bringen. Richtig und wichtig ist, dass die besonderen Solaranlagen eine deutliche Aufwertung erhalten sollen. Mit besonderen PV-Anlagen können viele Synergien genutzt werden, da hier häufig Anliegen aus Landwirtschaft und Naturschutz mit der Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien verbunden werden.“ Mit Blick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien sei auch das Thema Speicher von entscheidender Bedeutung. Daher sei es gut, dass das Bundeswirtschaftsministerium für das erste Quartal 2024 eine ganzheitliche Speicherstrategie angekündigt hat.
In diesem Jahr sei mit steigenden Energiepreisen aufgrund der Entscheidungen der Bundesregierung zur Streichung des Zuschusses zu den Übertragungsnetzentgelten zu rechnen. „Wenn der Staat angekündigte Entlastungen wie den Zuschuss zu den Netzentgelten streicht, wird sich das auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken“, sagte Andreae.
Die Bundesregierung sollte daher wieder das Thema Stromkostenentlastung in den Blick nehmen. Trotz des Wegfalls der EEG-Umlage hat Deutschland im europäischen Vergleich immer noch den zweithöchsten Betrag an Steuern, Abgaben und Umlagen hinter Dänemark und mit deutlichem Abstand zum Drittplatzierten Belgien. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Verbraucherinnen und Verbraucher böte hier eine wirksame und leicht umzusetzende Möglichkeit, den Strompreis zu entlasten und Sektorkopplungstechnologien wirtschaftlich attraktiver zu machen.
Zudem müssen Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Netzentgelten entlastet werden. „Bis die Netzausbau- und -umbauphase abgeschlossen ist, werden Engpassmanagement-Maßnahmen durch die Netzbetreiber erforderlich sein, um den Systembetrieb auch mit noch nicht perfekt ausgebautem Netz sicher zu stellen. Diese Kosten (2022: rd. 4,1 Mrd. €) sind keine originären Netzkosten, sondern notwendige Transformationskosten. Teile dieser Transformationskosten wurden im Jahr 2023 durch eine staatliche Teilfinanzierung der Netzentgelte gedeckt. Prognosen zeigen, dass weiterhin ein hohes Niveau an Transformationskosten auf der Übertragungsnetzebene zu erwarten ist. Gleichzeitig wird damit gerechnet, dass auch große Verteilernetzbetreiber umfangreiche Engpassmanagement-Maßnahmen ergreifen müssen. Daher muss geklärt werden, ob diese Transformationskosten ausschließlich über die Netzkunden zu finanzieren ist oder ob - wie beim ÜNB-Zuschuss – dies aus dem Bundeshaushalt finanziert werden sollte.“
Positiv seien die Initiativen der Bundesregierung zum Wasserstoff-Hochlauf: „Es ist gut, dass die Bundesregierung mutig und entschlossen vorangeht und den Bau eines deutschlandweiten 10.000 km langen Wasserstoffkernnetzes durch die Gasnetzbetreiber unterstützt und ermöglicht. Hier ist es der Bundesregierung gelungen, vor die Welle zu kommen. Wasserstoff ist ein wesentlicher Baustein für eine klimaneutrale Energieversorgung und für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Nur mit einem gut ausgebauten Netz kann der Wasserstoffhochlauf gelingen. Gut ist auch, dass für 60% des Wasserstoffkernnetz Leitungen des bestehenden Gasnetzes genutzt und umgestellt werden sollen. Dies schont Ressourcen und beschleunigt den Ausbau der notwendigen Infrastruktur. Es sei richtig, mit einem ehrgeizigen Kernnetz auf Ebene der Transportleitungen zu starten und die ‚Autobahnen‘ zu bauen. Um den Industriestandort Deutschland klimaneutral und zukunftsfest zu machen, müssen jetzt aber auch dringend die Rahmenbedingungen für die Verbindungsleitungen zum Kunden, beispielsweise mittelständische Unternehmen (Verteilnetze) geschaffen werden, betonte Andreae.
Im Bereich der Wärmewende wurde im vergangenen Jahr - trotz allen Streits - mit dem Gebäudeenergiegesetz und dem Wärmeplanungsgesetz das Fundament für die Wärmewende gelegt. „Die größte Aufgabe der kommenden Jahre ist aus unserer Sicht der Aus- und Umbau der Infrastruktur. Die Infrastrukturen sind die Basis für die Wärmewende! Zentral ist deshalb, dass der Aus- und Umbau der verschiedenen notwendigen Netzinfrastrukturen effizient und abgestimmt geplant und umgesetzt wird. Die Erstellung der kommunalen Wärmepläne ist hier ein erster, notwendiger Schritt. Entscheidend ist nun, dass Planung und Umsetzung Hand in Hand gehen. Dazu müssen die regionalen Netzbetreiber von Anfang an eng einbezogen werden.“ Für die enormen Infrastrukturinvestitionen, die für die Wärmewende notwendig sind, braucht es zudem Planungssicherheit und eine finanzielle Absicherung. Dafür braucht es von der Bundesregierung einen Förderrahmen, der den Netzbetreibern die notwendigen Investitionen ermöglicht. Das gilt insbesondere für die Bundesförderung effiziente Wärmenetze.
Um Klimaneutralität zu erreichen, ist zudem eine Transformation der Gasinfrastruktur notwendig. Je nach lokalen Gegebenheiten besteht die Transformation der Gasnetze aus drei unterschiedlichen Entwicklungsszenarien: Der Weiternutzung bestehender Gasnetze für klimaneutrale Gase, dem Bau neuer Wasserstoffleitungen und der Stilllegung von Leitungen, wo Gasanwendungen nicht mehr benötigt werden. Für alle drei Entwicklungspfade bestehen derzeit Defizite und Handlungsbedarfe im Rechts- und Regulierungsrahmen. Angesichts der Tragweite und der zeitlichen Dringlichkeit des Transformationsprozesses muss der Rechts- und Regulierungsrahmens schnellstmöglich weiterentwickelt werden.