Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur nimmt weiter an Fahrt auf: 39.538 öffentliche Ladepunkte sind aktuell im Ladesäulenregister des BDEW gemeldet, jede siebte davon ist ein DC-Schnelllader. Damit sind innerhalb von drei Monaten rund 3.800 neue Ladepunkte hinzugekommen. Der Zuwachs um gute 10 Prozent trotz Corona-Lockdown macht deutlich: Der Ausbau der öffentlichen Ladepunkte geht ungebremst weiter.
Beim Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur ist ebenfalls ein deutlicher Anstieg zu beobachten: Laut Bundesverkehrsministerium wurden seit Beginn des Förderprogramms für private Wallboxen Ende November 2020 bereits Förderanträge für über 300.000 Wallboxen gestellt. Der Fördertopf wurde von ursprünglich 200 Millionen auf jetzt 400 Millionen Euro aufgestockt. Bis zum Sommer werden daher mehrere Hunderttausend zusätzliche private Ladepunkte entstehen. Dieser Erfolg ist umso erfreulicher, als 9 von 10 Ladevorgängen bisher zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden.
„Die Energiewirtschaft ist der Wegbereiter der Elektromobilität und sorgt mit Ladesäulen, Netzen und zunehmend grünem Strom für das Gelingen der Verkehrswende. Wir glauben an den Erfolg der Elektromobilität und wollen kräftig in den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur investieren“, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Automobilbranche, Ladesäulenbetreiber und Kommunen sind in der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) zu dem Schluss gekommen, dass ein starrer Schlüssel von 1:10 Ladepunkte pro E-Fahrzeuge, wie von der EU-Kommission empfohlen, bei steigendem Marktanteil von E-Fahrzeugen zu kurz greift und der Hochlauf vielmehr als “moving target“ zu verstehen ist.
„Der Ausbaubedarf der Ladeinfrastruktur ist keine starre Zahl, sondern ein dynamisches System. Es ist mehr als fraglich, ob wir bis 2030 eine Million Ladepunkte brauchen, denn das wäre ein Szenario, das von mittlerweile überholten Voraussetzungen ausgeht: 900.000 Normalladepunkten á 11 kW. Die Forderung nach einer Million öffentlicher Ladepunkte berücksichtigt keinerlei Entwicklung: Immer mehr Fahrzeuge können ja heute schon schneller laden. Diese Dynamik müssen wir beim Ausbau der Ladeinfrastruktur berücksichtigen. Wichtig ist, dass die Ladeinfrastruktur den tatsächlichen Bedarf abdeckt und sichergestellt ist, dass immer ausreichend Möglichkeiten zum Laden gegeben sind. Aus unserer Sicht ist der dynamische Hochlauf von Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur wichtig. Welche Fahrzeuge kommen auf dem Markt: Wie viele vollelektrische Fahrzeuge, die die öffentlichen Ladesäulen wirklich brauchen, und wie viele Plug-in-Hybride, die nur selten öffentlich Strom tanken? Wie viele private Ladestationen werden parallel gebaut? Um eine Über-Subventionierung zu vermeiden, müssen wir die Ladetechnologien der Fahrzeuge und das Ladeverhalten der E-Mobilisten im Blick behalten“, sagte Andreae.
Dabei sei wichtig, dass der Ausbau marktgetrieben erfolge, also sich am tatsächlichen Bedarf der Kunden orientiere. „Wir brauchen für den Erfolg der Elektromobilität einen stabilen, kundenfreundlichen und verlässlichen Hochlauf der Ladeinfrastruktur. Für die Unternehmen, die diese aufbauen ist wichtig, dass ein Geschäftsmodell dahinter liegt.“
Der Erfolg der Elektromobilität entscheide sich vor allem im privaten Bereich. Daher brauchen wir vor allem hier schnelle Fortschritte. Die enorme Nachfrage nach dem Förderprogramm der Bundesregierung für private Ladestationen sind deshalb eine sehr gute Nachricht. „Auch der Zubau öffentlicher Ladesäulen muss weitergehen. Den Löwenanteil aller heute schon bestehenden Ladesäulen hat im Übrigen die Energiewirtschaft aufgebaut“, sagte Andreae.
10 Punkte für einen schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland
Damit der schnelle und stabile Ausbau des Ladenetzes gelingt, hat der BDEW einen 10-Punkte-Plan erstellt, mit Empfehlungen für die Bundesregierung.
Zentral ist, dass alle Akteure noch stärker Hand in Hand arbeiten. Das gilt vor allem auch für die Flächenverfügbarkeit: Bund, Länder und Kommunen sind gefragt, die möglichen Flächen für neue Ladesäulen-Standorte kurzfristig und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen. Zudem müssen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Die private Ladeinfrastruktur bietet trotz des immensen Anstiegs an privaten Ladepunkten auch weiterhin großes Potenzial. Ein noch ungehobener Schatz liegt beispielsweise beim Laden beim Arbeitgeber. Hierzu gehört die Ausstattung der Firmenfahrzeug-Inhaber mit einer Lade- statt mit einer Tankkarte. Oder eine einfache Regelung für die komplizierte Eigenstrom-Abgrenzung, die beim Arbeitnehmer mit PV-Anlage zu Hause nötig ist.
Entscheidend für eine klimafreundliche Mobilität ist auch ausreichend grüner Strom. Um den steigenden Bedarf zu bedienen, brauchen wir dringend einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Dass die Bundesregierung plant, 1.000 Schnellladestandorte auszuschreiben, um den Hochlauf weiter zu beschleunigen, ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Zentral sind hierbei drei Punkte: Das Programm muss diskriminierungsfrei allen Marktteilnehmern unkompliziert offenstehen, das Ausschreibungsdesign muss geklärt und das Programm rasch umgesetzt werden.
Gleichzeitig muss für die Betreiber eine klare Wettbewerbsperspektive parallel zum 1.000 Standorte-Programm gegeben sein. Das Programm wird nicht den Bedarf decken, daher muss weiter massiv in Ladeinfrastruktur investiert werden. Und wir brauchen ein Szenario, wie es nach dem Ende der Förderung bei der Schnellladeinfrastruktur weitergehen wird.
Kerstin Andreae: „80 Prozent der Ladepunkte werden von Unternehmen der Energiewirtschaft bereitgestellt. Sie treiben nicht nur den Ausbau der Ladeinfrastruktur kontinuierlich voran, sondern stellen auch leistungsfähige Netze, zunehmend erneuerbaren Strom und umfangreiche Serviceleistungen bereit. Damit ist klar: Die Energiewirtschaft ist ein zentraler Akteur, damit die Verkehrswende gelingt.“