Berlin/Stuttgart, 27. Juni 2023 – Im ersten Halbjahr 2023 haben Erneuerbaren Energien rund 52 Prozent des Bruttoinlandstromverbrauchs gedeckt. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag damit drei Prozentpunkte höher als im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres (1. Halbjahr 2022: 49 Prozent).
Insbesondere im Monat Mai 2023 war der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch mit 57 Prozent ungewöhnlich hoch. Lediglich im Februar 2022 wurde aufgrund außergewöhnlich hoher Windeinspeisungen bislang mit 62 Prozent ein höherer Erneuerbaren-Anteil erreicht.
Der hohe Erneuerbaren-Anteil im Mai ist vor allem dem sonnigen Wetter zu verdanken. Photovoltaik-Anlagen erzeugten in diesem Monat mit gut 8,8 Mrd. kWh Strom so viel Strom wie noch nie. Nach vorläufigen Schätzungen könnte der Erzeugungsrekord bei Photovoltaik im Juni sogar nochmals übertroffen werden und die Erzeugung erstmals bei mehr als 10 Mrd. kWh liegen.
„Dass wir heute mehr als die Hälfte unseres Stroms aus regenerativen Quellen gewinnen, hätte wohl noch vor zwanzig Jahren kaum jemand für möglich gehalten“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Damit wir bis 2045 vollständig klimaneutral leben und wirtschaften können, braucht es nicht nur einen passenden Regelungsrahmen, sondern auch Fachkräfte. Denn egal ob für den Bau von Windrädern, die Entwicklung von Speichern oder die Digitalisierung der Netze: Letztlich sind es Menschen, die die Energiewende umsetzen. Schon heute haben viele Unternehmen Probleme, qualifiziertes Personal zu finden. In den kommenden Jahren könnte sich die Situation noch drastisch verschärfen. Wir müssen deshalb mehr junge Menschen, insbesondere auch Frauen, für die Berufe der Energiewirtschaft begeistern. Hier braucht es auch Unterstützung der Politik. Die Energiewende darf nicht an den Fachkräften scheitern. Wir haben deshalb auch die Ausbildungsinitiative „AllesWasserVolt“ initiiert, die junge Menschen über die Berufsmöglichkeiten der Energiewirtschaft und konkrete Ausbildungsmöglichkeiten informiert.“
„Dass in Deutschland die Erneuerbaren bereits mehr als 50 Prozent des Strombedarfs decken, ist ein Erfolg,“ pflichtet Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des ZSW bei. „Berücksichtigt man jedoch, dass für das Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 die Stromerzeugung bereits 2035 vollständig auf erneuerbaren Energien basieren muss, wird deutlich, dass der weitere Ausbau erheblich schneller erfolgen muss, als in der Vergangenheit. Die Bunderegierung hat hier beispielsweise mit dem Vorrang für erneuerbare Energien oder der Digitalisierung der Verfahren bei Netzausbauvorhaben erste Weichen gestellt, um die Prozesse zu beschleunigen. Um das „Deutschlandtempo“ dauerhaft zu erreichen, müssen nun aber auch alle in der Praxis am Umsetzungsprozess Beteiligten den Turbo zünden. Dies gilt für den Aufbau der Erzeugungstechnologien ebenso wie für die Infrastrukturen, allen voran das Stromnetz insbesondere auch auf Verteilnetzebene. Hinzu kommt der Markthochlauf der Wasserstofftechnologien, die nicht zuletzt als Backup-Technologie für die Stromerzeugung und als Flexibilitätsoption für die Aufnahme von Leistungsspitzen erforderlich sind.“
Die Erzeugungszahlen im Einzelnen
Im ersten Halbjahr 2023 lag die Bruttostromerzeugung bei 266 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) – ein Rückgang um knapp 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2022: 298 Mrd. kWh). Dem stand ein Stromverbrauch von rund 263 Mrd. kWh gegenüber (1. Halbjahr 2022: 281 Mrd. kWh). Insgesamt wurden knapp 138 Mrd. kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt (1. Halbjahr 2022: gut 138 Mrd. kWh). Davon stammten gut 58 Mrd. kWh aus Wind an Land, 33 Mrd. kWh aus Photovoltaik, gut 22 Mrd. kWh aus Biomasse, knapp 12 Mrd. kWh aus Wind auf See und knapp 10 Mrd. kWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden gut 128 Mrd. kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 160 Mrd. kWh.
Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten
Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch im ersten Halbjahr 2023 beträgt gut 52 Prozent. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil erneuerbarer Energien im ersten Halbjahr 2023 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt ebenfalls knapp 52 Prozent.
Ansprechpartner für die Presse:
Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)
Julia Löffelholz
Telefon +49 (0)30 300199-1168
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Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
Baden-Württemberg (ZSW)
Petra Nikolić
Tel. +49 (0)711 7870-315
petra.nikolic@zsw-bw.de