Drucken

BDEW-Vorschlag zur Senkung des Investitionsbedarfs für die Energiewende

Freileitungen und Anbindungen von Offshore-Windparks bieten Einsparpotenzial

Der Umbau des Energiesystems ist notwendig, um einerseits CO2-Emissionen einzusparen und andererseits die deutsche Energieversorgung unabhängiger von den Importen fossiler Energieträger aufzustellen. Der damit einhergehende Investitionsbedarf ist enorm: 721 Milliarden Euro müssen allein bis 2030 investiert werden, davon allein 131 Milliarden Euro für den Aus- und Umbau der Übertragungsnetze. Die Energiewende zum Erfolg zu tragen, heißt deshalb auch, die Kosten jederzeit gut im Blick zu behalten.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat zwei Stellschrauben identifiziert, die ein relevantes Einsparpotenzial bieten: Die Aufhebung des Erdverkabelungsvorrangs bei den drei Trassen DC40 (OstWestLink), DC41 (NordWestLink) und DC42 (SuedWestLink) sowie eine Senkung der notwendigen Investitionen für die Anbindung von Offshore-Windparks durch verbesserte Planung. Mit den Maßnahmen können nach Schätzungen der beteiligten Unternehmen langfristig ab Mitte der 2030er Jahre Einsparungen im mittleren zweistelligen Milliardenbereich erzielt werden.

Aufhebung des Erdverkabelungsvorrangs:
Die gesellschaftliche Akzeptanz und das Gelingen der Energiewende hängen auch an der Begrenzung von Kosten. Der Gesetzgeber sollte daher die Gelegenheit ergreifen, die drei neuen Gleichstromtrassen DC 40, DC 41 und DC 42 auf die Realisierung durch Freileitungen umzustellen, da hier die Verfahrensschritte noch ganz am Anfang stehen und auch keine Bündelung mit Offshore-Trassen vorgesehen ist. Bei diesen Projekten ließe sich ein zweistelliger Milliardenbetrag einsparen, was erhebliche Kostendämpfungseffekte auf die Netzentgelte hätte. Da alle drei Projekte noch am Beginn des Planungsverfahrens stehen, würde kein Zeitverzug entstehen. Es braucht daher diesbezüglich eine zügige politische Entscheidung zu einem Freileitungsvorrang für DC 40-42, um Kosten zu sparen und zusätzlich auch den Netzausbau zu beschleunigen. Ausdrücklich nicht erfasst werden sollen alle anderen bestehenden Netzausbauvorhaben (wie beispielsweise SuedLink, SuedOstLink, NordOstLink, Rhein-Main-Link und andere), hier muss der Erdkabelvorrang beibehalten werden. So können projektbezogen Erdkabel vor dem Hintergrund möglicher Effekte der Grundstücks- und Immobilienpreise, Planungsverzögerungen (insb. Vogelschutz) sowie Wetter- und Sicherheitsaspekte und technischer Restriktionen die richtige Lösung sein.

Weitere Optimierung der Ausbaubedingungen für Offshore-Wind:
Die Ausbauziele für Offshore Wind sind mit 70 Gigawatt (GW) bis zum Jahr 2045 sehr ambitioniert. Die zur Verfügung stehenden Flächen in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) müssen dafür in den nächsten Jahren stark verdichtet bebaut werden. Hoher Investitionsbedarf von 150 bis 180 Milliarden Euro bis 2045 entsteht insbesondere beim Netzanschluss der Offshore-Windparks. Diese Summe kann sich aufgrund weltweit steigender Preise, z. B. aufgrund begrenzter Rohstoff- und Lieferantenmärkte, potenziell weiter erhöhen. Die Leistung der Anlagen und ihre Netzinfrastruktur wird aber nur in einem Teil der Zeit maximal ausgenutzt. Die jährlichen Volllaststunden sind stark vom Standort der Anlagen und der Bebauungsdichte abhängig. Verschattungseffekte, die durch den Windschatten benachbarter Windparks entstehen können, nehmen durch den weiteren Ausbau potenziell zu.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sollten folgende Punkte Teil einer Offshore-Branchenlösung sein. So sollten Effizienz und Effektivität beim Offshore-Ausbau durch eine gemeinsame Lösung im Zusammenspiel aller Akteure (Entwickler, Übertragungsnetzbetreiber, Gesetzgeber und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) weiter gesteigert werden. Um die Effizienzpotenziale bestmöglich zu heben, sollte für die Zielerreichung nicht die installierte Menge an Windanlagen in GW maßgeblich sein, sondern die tatsächlichen Stromerträge in Terawattstunden (TWh). Insofern ist ein Wechsel von einem GW-Ziel auf ein künftiges TWh-Ziel zu prüfen, ohne den ambitionierten Ausbaupfad insgesamt zu reduzieren. Zudem ist eine weitere Optimierung der Offshore-Flächenausgestaltung zu prüfen, um Abschattungseffekte zu reduzieren und die TWh-Erträge in der AWZ Deutschlands zu maximieren. Dazu ist eine engere Kooperation insbesondere mit den Nachbarstaaten Niederlande und Dänemark im Hinblick auf die Gebietsentwicklung nötig.

Weiterhin sollten mögliche Potenziale für die noch effektivere Netzanbindung und -infrastruktur geprüft und Ergebnisse in die Praxis eingebunden werden. Grundsätzlich kann mit Effizienzsteigerungen des Gesamtsystems auch den Herausforderungen in Bezug auf Lieferketten potenziell entgegengewirkt werden.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, erklärt hierzu: „Investitionen in die Energiewende sind gut angelegtes Geld. Sie schaffen Wertschöpfung vor Ort und stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die Sicherheit unserer Energieversorgung. Sie dürfen aber auch niemanden überfordern. Fest steht: Damit die Energiewende erfolgreich wird, müssen wir die Kosten im Blick behalten. Es wird zukünftig stärker denn je darum gehen, alle Effizienzpotenziale zu heben. Daher schlagen wir vor, dort, wo es möglich ist, den Investitionsbedarf zu senken, ohne dabei die Energiewende-Ziele in Frage zu stellen.“

Ansprechpartner

Suche