Heute hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Rede zur Lage der Europäischen Union gehalten. Hierzu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Das zurückliegende Jahr hat die Europäische Union vor immense Herausforderungen gestellt: Die Energieversorgung musste sichergestellt und gleichzeitig extrem gestiegenen Strom- und Gaspreisen begegnet werden. Aber nicht nur die Energiekrise wurde in der EU bislang trotz widriger Voraussetzungen gut gemeistert, sondern es wurden auch entscheidende Maßnahmen ergriffen, um die Energiewende voranzutreiben. Das gilt insbesondere für den European Green Deal und das „Fit for 55”-Paket. Gestern wurde zudem die Erneuerbare-Energien-Richtlinie vom Europäischen Parlament angenommen. Damit hat die EU einige entscheidende Weichen für den klimaneutralen Umbau der Energieversorgung gestellt.
Dennoch bleiben die Herausforderungen, vor denen die EU steht, groß: Die Energiekrise ist noch nicht überwunden. Und auch um die Klimaziele zu erreichen, ist noch einiges zu tun. In der zweiten Jahreshälfte stehen noch wichtige energiepolitische Gesetzesvorhaben an, darunter unter anderem die Reform des europäischen Strommarktdesigns und das EU-Gaspaket, das den Hochlauf einer europäischen Wasserstoffwirtschaft anreizen soll. Im Sinne der Energiewende gilt es, diese Verfahren noch vor der Europawahl im kommenden Juni abzuschließen. Erfreulich ist die Ankündigung der EU-Kommission, im Dialog mit der Industrie ein Europäisches Windpaket in die Wege zu leiten sowie den Bürokratieabbau entschieden anzugehen.
Wichtig ist, dass auch nach der Europawahl die Stärkung der Versorgungssicherheit und der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Nach einer Legislaturperiode, die von ambitionierter europäischer Energie- und Klimagesetzgebung bestimmt war, muss es nun um die Umsetzung gehen. Neben der Weiterentwicklung des Energie-Binnenmarktes mit einem besonderen Fokus auf dem Ausbau seiner Infrastruktur muss 2024 bis 2029 aus Sicht der Energiewirtschaft vor allem eine europäische Resilienz- und Industriepolitik betrieben werden. Das bedeutet konkret: Infrastrukturen ausbauen, industrielle Leitmärkte stärken und Fachkräfteausbildung und -sicherung forcieren. Genauso wichtig ist es, dass Prozesse verschlankt und bürokratische Hürden konsequent abgebaut werden. Denn sie gehören aktuell zu den größten Barrieren der Energiewende.
Aus wasserpolitischer Sicht muss auch die konsequente Umsetzung der weiteren Säulen des Green Deals, wie die Ziele für eine Kreislaufwirtschaft und des Null-Schadstoff-Aktionsplans, von der Kommission weiterhin verfolgt werden. Dies betrifft insbesondere die Einführung der Herstellerverantwortung für Maßnahmen der Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung, wenn Stoffgrenzwerte überschritten werden. Wir erwarten von der künftigen EU-Kommission, dass sie diese Themen entschlossen angeht.“