"Ein klug gestaltetes Mieterstrommodell kann ein sinnvoller Baustein sein, um die Akzeptanz für die Energiewende zu steigern. Es kommt aber sehr darauf an, wie dieses Instrument ausgestaltet ist. Auf keinen Fall darf es zu einer Umverteilung der Lasten und zu sozialer Ungerechtigkeit führen. Der aktuell diskutierte Gesetzentwurf würde aber genau das bewirken: Wenige privilegierte Haushalte würden von den Netzentgelten befreit werden, während viele andere draufzahlen", sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, heute anlässlich des Kabinettsbeschlusses zum Gesetzesentwurf.
Laut Gesetzentwurf soll der auf geeigneten Mietwohngebäuden produzierte und selbstgenutzte PV-Strom von den Netzentgelten befreit werden. Der BDEW hat die Auswirkungen des vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Mieterstrommodells auf die Höhe der Netzentgelte berechnen lassen. Das Resultat: Vor allem in Städten mit einer hohen Anzahl geeigneter Mietwohngebäude sowie Regionen mit verhältnismäßig hohen Netzentgelten wäre mit einem deutlichen Anstieg der Netzentgelte zu rechnen. Denn angesichts der Einsparmöglichkeiten bei Netzentgelten und den weiter geplanten Befreiungen von Konzessionsabgaben, Stromsteuern und KWKG-Umlage wäre das Mieterstrommodell dort besonders attraktiv.
Würden beispielsweise in Berlin 20 Prozent der geeigneten Mietwohngebäude das Mieterstrommodell nutzen, könnte das zu einem Anstieg des Netzentgelt-Grundpreises um über 13 Prozent führen. Der Netzentgelt-Arbeitspreis könnte um neun Prozent steigen. In Hamburg und Schwerin wäre in diesem Szenario ein etwas moderaterer Anstieg der Netzentgelte zu erwarten: In Hamburg könnte der Grundpreis um über neun Prozent und der Arbeitspreis um über sechs Prozent steigen. In Schwerin könnte der Preisanstieg bei jeweils etwa elf Prozent liegen. Bei einer höheren Marktdurchdringung oder einem Anstieg der Netzentgelte infolge des Netzausbaus würden die Umverteilungseffekte deutlich höher ausfallen.
"Die Mehrheit der deutschen Mieter würde vom aktuell geplanten Mieterstrommodell nicht profitieren. Im Gegenteil: Sie würden es über Mehrbelastungen beim Strompreis finanzieren. Das Resultat wäre eine erhebliche Umverteilung zwischen den Mietergruppen. Das Ziel ‚Akzeptanzsteigerung‘ wird die Politik mit diesem Konzept beim Gros der Bevölkerung gewiss nicht erreichen. Ganz abgesehen davon, dass es sich nicht in eine konsistente Energiepolitik eingliedert", so Kapferer.
BDEW-Vorschläge für eine gerechtere Verteilung der Lasten
Damit ein größerer Anteil der Mieter von der Energiewende profitieren kann, hat der BDEW eigene Vorschläge entwickelt:
Der Bau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Mietwohngebäuden sollte ausschließlich über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden. Das ließe sich über Ausschreibungen im vereinfachten Verfahren organisieren. Da die Kosten des EEG bundesweit auf alle Verbraucher umgelegt werden, wäre diese Herangehensweise kosteneffizient und sozial gerecht.
Soll der Strom aus der PV-Dachanlage direkt an den Mieter geliefert werden, könnte dies per Direktvermarktung im EEG ohne Zusatzkosten erreicht werden. Hierbei könnten auch die im EEG 2017 eingeführten regionalen Herkunftsnachweise ausgestellt werden.