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BDEW zur Diskussion über die künftige Höhe der Eigenkapital-Zinssätze:

Massiver Netzausbaubedarf erfordert angemessene Zinssätze für Investitionen

Ohne zügigen Netzausbau würden Kosten für Energiekunden deutlich steigen / Verbraucher würden kaum von abgesenkten Zinssätzen profitieren

Der BDEW kritisiert die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Höhe der Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzinvestitionen. "Ein marktadäquater Zinssatz ist von hoher Bedeutung. In den nächsten Jahren muss insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende massiv in die Netze investiert werden. Der aktuelle Vorschlag der Bundesnetzagentur würde eine Senkung des Eigenkapitalzinssatzes um 25 Prozent bedeuten. Der daraus resultierende Zinssatz von 5,64 Prozent nach Steuern würde zu den niedrigsten in ganz Europa gehören - und das obwohl Deutschland zu den EU-Staaten mit dem größten Ausbaubedarf zählt. Sachgerecht wäre ein um mindestens einen Prozentpunkt höherer Eigenkapitalzinssatz", sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, heute in Berlin.

"Die dringend notwendigen Investitionen können die Netzunternehmen nicht alleine stemmen, sie brauchen Kapital, das Investoren bereitstellen. Diese Investoren vergleichen unterschiedliche Anlagemöglichkeiten in verschiedenen Branchen. Schon heute beträgt der reale Zinssatz für Netzinvestitionen nur 3,8 Prozent. Das würde Investitionen in die Netze für Kapitalgeber im Vergleich zu Investitionsmöglichkeiten in anderen Branchen unattraktiver machen. Unattraktive Investitionsbedingungen können zu Verzögerungen beim Netzausbau führen. Das können wir uns angesichts der jetzt schon teilweise stark belasteten Netze nicht erlauben. Die Kosten für Maßnahmen, mit denen drohende Überlastungen der Netze etwa bei starker Wind- oder Sonnenstromeinspeisung ausgeglichen werden müssen, sind im Jahr 2015 auf eine Milliarde Euro gestiegen. Die Bundesnetzagentur selbst weist darauf hin, dass diese Kosten ohne zügigen Netzausbau für die Verbraucher weiter stark steigen würden."

Die Verbraucher würden von der geplanten Senkung der Zinssätze zudem kaum profitieren, so der Branchenverband. Nach BDEW-Berechnungen würde ein typischer Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden lediglich 5,30 Euro pro Jahr weniger an Netzentgelten zahlen.

Bei der Berechnung ihres Vorschlags zur künftigen Höhe des Zinssatzes berücksichtigt die Bundesnetzagentur darüber hinaus nicht, dass die Finanzierungsrisiken infolge der Finanzmarktkrise deutlich gestiegen sind, so der BDEW. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Frankreich, Großbritannien oder Italien werde dieser Faktor in die Berechnung der Zinssätze einbezogen. Es sei unverständlich, dass die Bundesnetzagentur hier einen Sonderweg einschlagen will. Ebenso unverständlich sei, dass die Behörde in einem vergleichbaren Sektor, dem Bereich Telekommunikation, Auswirkungen der Finanzmarktkrise sehr wohl anerkenne und entsprechend berücksichtige. Warum die Bundesnetzagentur hier mit zweierlei Maß messe, sei nicht nachvollziehbar.

"Wie ein europäischer Vergleich zeigt, liegt der derzeit von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Eigenkapitalzinssatz in Höhe von 5,64 Prozent (nach Steuern) auf einem der letzten Plätze Europas. Andere Regulierungsbehörde wie Norwegen, Finnland, Luxemburg, Schweiz etc. haben aktuell deutlich höhere Zinssätze fest gelegt. Dies würde zu einer erheblichen Verschlechterung der Investitionsanreize für Strom- und Gasnetze in Deutschland führen", so Kapferer.

"Die Festlegung von marktgerechten, international wettbewerbsfähigen kalkulatorischen Eigenkapitalzinssätzen ist ein wesentlicher Bestandteil, um die Finanzierung der Netzinfrastruktur sicherzustellen, den erforderlichen Netz-ausbau zu beschleunigen und damit auch erhebliche unnötige Kosten aus Netzengpässen für die Netznutzer zu verhindern. Ausreichende Investitionsanreize sind daher Voraussetzung für das weitere Gelingen der Energiewende", so Kapferer abschließend.

Hintergrund: Nominaler Eigenkapital-Zinssatz und realer Zinssatz

Der derzeit geltende nominale Brutto-Zinssatz in Höhe von 9,05 Prozent sinkt nach Abzug von Ertragssteuer und Inflation deutlich auf 5,83 Prozent. Hinzu kommt: Nur auf 40 Prozent der Investitionssumme darf ein Netzbetreiber gemäß Netzentgeltverordnung überhaupt den Eigenkapital-Zinssatz anrechnen. 60 Prozent werden mit dem von der Bundesnetzagentur ermittelten Fremdkapital-Zinssatz von aktuell 3,08 Prozent verzinst. In Summe führen diese Effekte bereits heute zu einem realen Zinssatz von 3,8 Prozent. Dieser Wert würde mit dem von der Regulierungsbehörde vorgeschlagenen Zinssatz auf unter drei Prozent sinken.

Die Verzinsung von Anlage-Investitionen in Unternehmen lässt sich nicht mit Geldanlagen und Zinshöhen für Privatkunden vergleichen. Investoren haben verschiedene Investitionsprojekte aus verschiedenen Wirtschaftsbranchen zur Auswahl. Die Entscheidung, in welche Projekte Kapitalgeber investieren, fällt nicht zuletzt auf Grundlage der erzielbaren Rendite. Die Strom- und Gasnetzbetreiber stehen hier in Konkurrenz zu alternativen Investitionsmöglichkeiten der Investoren. Ein Mischzinssatz von unter drei Prozent für Energienetzinvestitionen wäre deshalb für Kapitalgeber nicht attraktiv. Vor diesem Hintergrund gewähren andere EU-Staaten höhere Eigenkapitalzinsen für Energienetzinvestitionen: Die Zinssätze, die von Regulierungsbehörden anderer EU-Staaten aktuell festgelegt wurden, liegen im Schnitt um ca. 1,5 Prozentpunkt über dem Vorschlag der Bundesnetzagentur.


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