„Gut ist, dass die Bundesnetzagentur endlich handelt und die Eigenkapitalzinssätze an das bereits seit 2022 deutlich gestiegene Zinsniveau anpasst. Inhaltlich sind wir zwar nicht überrascht, aber doch enttäuscht über die Entscheidung, lediglich die Zinssätze für Neuanlagen anzuheben. Trotz zahlreicher fachlicher Hinweise wurde der konsultierte Beschlussentwurf praktisch unverändert festgelegt. So ist insbesondere bedauerlich, dass die Bundesnetzagentur den 2021 festgelegten EK I-Zinssatz weiterhin als sachgerecht ansieht und anstelle einer deutlich einfacheren Anpassung der EK I Festlegung einen zusätzlichen EK I im Rahmen des Kapitalkostenaufschlags einführt. Dies ist deutlich komplizierter und fachlich schwieriger. Somit werden für ein und dieselbe Investition unterschiedliche EK-Zinssätze angesetzt, mithin wird eingesetztes Eigenkapital je nach Netzinvestition unterschiedlich vergütet. Dies ist umso gravierender, als dass die Vergütung von Bestandsanlagen im Strom zum 1.1.2024 um 25 Prozent gesunken ist. Damit bleibt faktisch der finanzielle Spielraum der Netzbetreiber eingeschränkt, da Neuinvestitionen auch aus den Erträgen aus dem investierten Eigenkapital bestritten werden. Hinzu kommt: Die Änderung der etablierten Praxis irritiert den Kapitalmarkt in dem Vertrauen in eine verlässliche jederzeit marktadäquate Rendite. Immerhin hat die Bundesnetzagentur in ihrem kürzlich vorgestellten Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens klargestellt, dass sie mittelfristig wieder zu einem einheitlichen Zinssatz zurückkehren wird. Wir hätten aber vor diesem Hintergrund und im Sinne einer rechtssicheren Entscheidung und unbürokratischen Abwicklung eine einheitliche Anpassung des Zinssatzes für den gesamten Anlagenbestand befürwortet.
Positiv ist, dass der Zinssatz in der nun veröffentlichten Festlegung gegenüber dem ersten Entwurf nicht mehr jährlich neu angepasst wird, sondern für die jeweiligen Investitionen über die ganze Regulierungsperiode gilt. Der Maxime einer größeren Einfachheit, die die Bundesnetzagentur in ihren Eckpunkten ausgerufen hat, wird das dennoch nicht gerecht. Wichtig ist, dass die dringend erforderliche Vergütungsanpassung auch noch im Rahmen der ÜNB-Investitionsmaßnahmen und mit Blick auf Biogas-Netzanschlüsse erfolgt.
In Summe wird deutlich, dass das Netzgeschäft keineswegs wirtschaftlich risikofrei ist. Dabei befinden wir uns in einer sensiblen Phase, denn die vierte Regulierungsperiode ist zentral für den Erfolg der Energiewende. Der Investitionsbedarf bei den Netzen ist enorm: Allein für den erforderlichen Ausbau der Stromübertragungsnetze sind laut aktuellem Netzentwicklungsplan etwa 250 Milliarden Euro Investitionen notwendig. Hinzu kommen notwendige weitere Milliarden-Investitionen für den Um- und Ausbau der Verteilnetze, um die neuen Bedarfe der Netznutzer abbilden zu können. Gerade in dieser Zeit, in der die Netzbetreiber mehr denn je auch auf internationales Eigenkapital angewiesen sind, sollte die Bundesnetzagentur einen verlässlichen und wettbewerbsfähigen Rahmen für Investitionen bieten. Niemand hat etwas davon, wenn das Kapital für die Netzinvestitionen nicht ausreichend zur Verfügung gestellt wird.“