Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat heute seine neue Kraftwerksliste veröffentlicht. Die Liste enthält alle in Bau befindlichen Kraftwerke sowie die genehmigten und geplanten Projekte mit einer Leistung von mehr als 20 Megawatt (MW) aus dem konventionellen und erneuerbaren Bereich.
Den größten Anteil an der geplanten Erzeugungsleistung haben die für die Energiewende so wichtigen Gaskraftwerke: Insgesamt sind derzeit 4 Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 780 Megawatt im Bau. 15 Gaskraftwerke sind in Planung. Die potenzielle Erzeugungskapazität dieser Kraftwerke liegt bei 9.500 Megawatt. "Auf den ersten Blick ist das eine beachtliche Zahl an möglicher neuer Erzeugungskapazität aus Gaskraftwerken, die wir als Partner der Erneuerbaren Energien dringend brauchen. Aber: Die Investitionsentscheidung ist bei nahezu allen geplanten Gaskraftwerken mit einem Gesamtvolumen von 8.700 MW noch nicht getroffen. Hinter zahlreichen für die Umsetzung der Energiewende wichtigen Gas-Kraftwerksprojekten steht aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein dickes Fragezeichen. Investitionen in Gaskraftwerke und offene Gasturbinen kommen nur, wenn die Politik klar macht, dass der Energieträger Gas und die Gasinfrastruktur eine politische Zukunft haben", sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, heute zum Auftakt der Hannover Messe 2017.
Ähnlich ist die Situation im Bereich der Pumpspeicherkraftwerke: Hier sind zwar acht Projekte im Genehmigungsverfahren oder in Planung, das Gesamtvolumen beträgt 4.660 MW. Aber: Die Realisierung dieser Projekte ist fraglich. "Die immer schwierigere Marktsituation bedroht mit Pumpspeicherkraftwerken ausgerechnet eine Kraftwerkstechnologie, die sich zum Ausgleich der stark schwankenden Einspeisung aus Erneuerbaren Energien besonders eignet. Die Verunsicherung bei Investoren ist groß", so Kapferer. Hinzu kommen im Bereich der Pumpspeicherkraftwerke besonders aufwändige und langwierige Genehmigungsverfahren, die die Realisierung erheblich erschweren.
Insgesamt sind laut der BDEW-Auswertung 1.832 MW an sicher zur Verfügung stehender Leistung in Form konventioneller Kraftwerke im Bau. Diesen zusätzlichen Kapazitäten stehen voraussichtlich Stilllegungen im Umfang von 26.038 MW bis 2022 gegenüber.
"Mit dem Strommarktgesetz setzt die Bundesregierung beim Thema Versorgungssicherheit bekanntlich allein auf eine Reform des bestehenden Energiemarktes. Ob diese Instrumente und Maßnahmen jedoch ausreichen, um die sichere Energieversorgung künftig zu gewährleisten, ist aus unserer Sicht mehr als fraglich. Es ist deshalb aus meiner Sicht erforderlich, dass wir nach der Bundestagswahl das Thema Kapazitätsmechanismen wieder auf die Tagesordnung setzen. Die nächste Regierung sollte den Mut beweisen, einen Kapazitätsmechanismus vorzubereiten, der geeignet ist, einen Strommarkt mit einem Erneuerbaren-Anteil von über 30 Prozent flexibel und jederzeit abzusichern, wenn die bestehenden Reserven ein kritisches Ausmaß erreichen", so Kapferer.
Der BDEW stellte auf der Hannover Messe auch die Studie "Digitalisierung aus Kundensicht" vor. Die Studie geht unter anderem der Frage nach, wie die Kunden auf das Thema Digitalisierung blicken und wie viel Vertrauen sie bei der Weitergabe von Daten den Energieversorgern schenken.
Die Kunden erkennen laut Studie die Notwendigkeit zur Digitalisierung der Energieversorgung. Entsprechend akzeptieren sie den damit einhergehenden Datenaustausch. Allerdings wollen sie verständlicherweise zu tiefe Einblicke in ihr Verbrauchsverhalten vermeiden. "Letztlich ist den Kunden der Erhalt ihrer Souveränität sehr wichtig. Sie sind zum Datenaustausch vor allem bereit, wenn dieser ihnen nutzt. Für uns besonders erfreulich: Den Energieversorgern wird laut Studie dabei ein vertrauensvoller Umgang mit den Daten zugetraut. Mit diesem Pfund können die Energieversorger bei den Kunden wuchern. Unsere Branche befindet sich in einer guten Ausgangslage, um als zuverlässiger und vertrauenswürdiger Dienstleister, kompetenter Partner und Stabilitätsanker in einer zunehmend komplexen und digitalisierten Welt wahrgenommen zu werden", so Kapferer.