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Zahl der Woche

Strompreise: Um bis zu 13 Prozent teurer…

… ist der Einkauf von Strom auf den Terminmärkten 2019 im Vergleich zu 2018 / Neuer Rekord: Steuer- und Abgabenlast auf Strom liegt 2020 bei 44 Milliarden Euro

In aktuellen Meldungen wird über angeblich gesunkene Preise für den Einkauf von Strom berichtet. Faktisch sind die Börsenstrompreise jedoch auch 2019 gestiegen: Nachdem bereits im letzten und vorletzten Jahr die Kosten für die Strombeschaffung stark gestiegen sind, hat sich dieser Trend auf dem Energiemarkt auch 2019 fortgesetzt (die Grafik können Sie am Ende dieser Website abrufen): Bislang liegen die Börsenstrompreise 2019 auf dem Terminmarkt um rund 13 Prozent über denen des Jahres 2018 (Jahresfuture 2020 Baseload 01.01.-15.11.2019 gegenüber Jahresfuture 2019 Baseload 01.01.-15.11.2018).

Gesunken sind lediglich die Preise im Kurzfristhandel. Hier werden jedoch nur vergleichsweise geringe Strommengen gehandelt, die insbesondere dem kurzfristigen Ausgleich von prognostiziertem Stromverbrauch und tatsächlichem Stromverbrauch der nächsten 24 – 48 Stunden dienen. Die aktuell unterstellten niedrigen Beschaffungskosten sind in der Realität so nicht erzielbar. Auf sinkende Beschaffungskosten in diesem Jahr käme man nur, indem man eine Beschaffung sämtlicher Mengen im Kurzfristhandel – eben dem Spotmarkt – unterstellt. Damit würde von den Stromversorgern verlangt, dass sie ihre gesamten Strommengen erst wenige Tage vor der Lieferung an die Kunden einkaufen - eine Hochrisikostrategie für die Unternehmen und die Verbraucher. Im kurzfristigen Handel wird üblicherweise nur eingekauft, um kurzfristige Schwankungen bei der Nachfrage nach Strom auszugleichen.

Hinzu kommt, dass der Anteil der Strombeschaffungskosten am Strompreis für Endkunden nur noch rund ein Viertel beträgt. Den größten Anteil am Strompreis der Verbraucher haben mit 53 Prozent die Steuern, Abgaben und Umlagen. Sie steigen in Summe auch 2020 an. Im Jahr 2020 wird die Gesamtbelastung der staatlichen Steuern und Abgaben bei Strom voraussichtlich bei 44 Milliarden Euro liegen. Dies ist ein neuer Rekordwert. Auch die Netzentgelte, die etwa ein Viertel des Preises bestimmen, steigen 2020.

44 Milliarden Euro an staatlichen Strompreis-Belastungen, mehr als 53 Prozent staatlicher Anteil am Strompreis – diese Zahlen machen deutlich, wo der Handlungsbedarf bei den Strompreisen liegt. Der BDEW fordert seit Langem, die hohen staatlichen Belastungen auf den Strompreis zu senken. So könnten die Kunden allein durch eine drastische Senkung der Stromsteuer um etwa 2 Cent je Kilowattstunde entlastet werden. Dies würde die aktuellen Preissteigerungen in vielen Fällen mehr als ausgleichen. Die von der Bundesregierung im Rahmen des Klimapakets geplante Senkung der Umlage für Erneuerbare Energien um gerade einmal 0,25 Cent ab 2021 wird dagegen wirkungslos bleiben.

Hintergrund Strombeschaffung: Terminmarkt und Spotmarkt

Spotmarkt

Der so genannte Spotmarkt ist ein Handelsplatz für kurzfristig innerhalb von 1-2 Tagen lieferbaren Strom. Zwischen dem Einkauf des Stroms und der Lieferung an die Kunden liegen hier also maximal zwei Tage. Der Handelsplatz hierfür ist die europäische Strombörse European Power Exchange (EPEX Spot) in Paris. Gehandelt werden hier selbst kleinste Strommengen für den Strombedarf einer Stunde oder sogar einer Viertelstunde, wenn kurzfristige Prognosen für den der Strombedarf des nächsten Tages oder die nächsten Stunden vorliegen. Der tatsächliche Strombedarf von Haushalten, Industrie und Gewerbe lässt sich nicht hundertprozentig genau im Voraus prognostizieren.

Der Spotmarkt dient im Stromhandel also vor allem dazu, kurzfristige Engpässe zu schließen oder Überkapazitäten anzubieten, denn Strom ist nur sehr begrenzt speicherbar. Je nach kurzfristigem Angebot und Nachfrage schwanken die Preise auf diesem Markt teilweise sehr deutlich. Auch aufgrund der starken Preisschwankungen werden auf dem Spotmarkt nur geringe Mengen des Stroms eingekauft, den die Versorger an die Kunden liefern.

Terminmarkt

Im Unterschied zum Spotmarkt ist es am Terminmarkt möglich, Produkte mit einer längeren Vorlaufzeit weit vor Beginn der Lieferung zu handeln. Auf diesem Markt werden längerfristige Lieferverträge mit einer Vorlaufzeit von mehreren Jahren geschlossen. Maßgebliche Strombörse in Deutschland ist die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig.

An Börsen wie der EEX wird der weit überwiegende Teil des Stroms eingekauft. Um das Risiko stark schwankender Börsenstrompreise zu minimieren, beschaffen sehr viele Versorger den benötigten Strom in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten im Voraus, d. h. für einen Großteil der an Kunden zu liefernden Mengen im kommenden Jahr wurden bereits die Bezugsmengen vertraglich vereinbart. Starke Veränderungen bei den Börsenpreisen wirken sich daher nicht unmittelbar und nicht 1:1 auf den Strompreis für Endkunden aus. Die Strategie der Versorger glättet also die Entwicklungen an den Energiebörsen.

Deshalb sinkt der Strompreisbestandteil 'Beschaffung' nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steigt dieser Strompreisbestandteil nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen.


Was sagt der BDEW zu dem Vorwurf, die Versorger würden steigende Beschaffungskosten jetzt an die Kunden weiterreichen, umgekehrt hätten sie die Preise aber nicht gesenkt, als die Beschaffungskosten sanken?

In der Phase niedriger Börsenstrompreise zwischen 2012 und Anfang 2016 sind die Steuern, Abgaben und Umlagen deutlich gestiegen: Zahlte ein Haushalt 2012 durchschnittlich noch 11,6 Cent pro Kilowattstunde für Steuern, Abgaben und Umlagen, waren es 2016 bereits 15,5 Cent - ein Anstieg um 33 Prozent (Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh). Der starke Wettbewerb, der auf dem Strommarkt herrscht, sorgt außerdem dafür, dass Preisanhebungen nur noch dann vorgenommen werden, wenn sie unumgänglich sind. Verbraucher können in der Regel zwischen weit über 400 verschiedenen Tarifen wählen, die die Vielfalt in der Stromversorgung abbilden.

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