Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Dabei werden gasförmige Energieträger wie Wasserstoff oder auch Biomethan zukünftig als Partner der Erneuerbaren Energien einen wesentlichen Beitrag für eine verlässliche Energieversorgung leisten. Um die klimaneutralen Gase dorthin zu transportieren, wo sie eingesetzt werden, werden auch zukünftig Gasleitungen benötigt. Eine sehr gute Ausgangsbasis für eine gesamtwirtschaftlich effiziente Transformation bietet das bestehende Gasnetz. Dieses wird mit seinen rund 500.000 km Länge voraussichtlich nicht vollständig benötigt werden, lässt sich aber entlang strategisch wichtiger Trassen und auch in die Fläche für den Transport von klimaneutralen Gasen nutzen. In jedem Fall aber hat das bestehende Gasnetz einen volkswirtschaftlichen Wert, den es für einen resilienten Transformationspfad und ein klimaneutrales Energiesystem zu nutzen gilt.
Um Klimaneutralität zu erreichen, ist eine Transformation der Gasinfrastruktur notwendig. Je nach lokalen Gegebenheiten besteht die Transformation der Gasnetze aus drei unterschiedlichen Entwicklungsszenarien: Der Weiternutzung bestehender Gasnetze für klimaneutrale Gase, dem Bau neuer Wasserstoffleitungen und der Stilllegung von Leitungen, wo Gasanwendungen nicht mehr benötigt werden. Für alle drei Entwicklungspfade bestehen derzeit Defizite und Handlungsbedarfe im Rechts- und Regulierungsrahmen, der auf einen dauerhaften Gasnetzbetrieb ausgelegt ist. Der BDEW hat den bestehenden Rahmen analysiert und in einem BDEW-Positionspapier Leitlinien und konkrete grundlegende Maßnahmen zur zielorientierten Anpassung des Rechts- und Regulierungsrahmens vorgelegt. Gasnetzbetreiber brauchen die rechtlichen Voraussetzungen, um je nach Versorgungslage vor Ort die Transformation vorzubereiten bzw. auch schon in Teilen umzusetzen.
„Damit die Nutzung von Gasnetzen auf volkswirtschaftlich möglichst effiziente und sozialverträgliche Weise zu einer dekarbonisierten Energieversorgung beitragen kann, sollten bestehende Strukturen und Vermögenswerte dort, wo es sinnvoll ist so weit es geht weitergenutzt und weiterentwickelt, unnötige Kosten vermieden und Lasten sachgerecht und fair verteilt werden können,“ betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Dafür ist eine Anpassung des Rechtsrahmens notwendig. Wichtig ist insbesondere die Einbettung externer Instrumente, wie der kommunalen Wärme- und Energieplanung in einen Regelungsrahmen, der einerseits den Gasnetzbetreibern die erforderlichen Weichenstellungen und Entscheidungen in Richtung Klimaneutralität ermöglicht und andererseits einen wirtschaftlichen Betrieb der Gasnetze während des Transformationsprozesses sicherstellt.“
Konkret fordert der BDEW deshalb unter anderem Regelungen zum Umgang mit ungenutzten Gaskonzessionen, eine Anpassung von Gasnetzanschluss- und Zugangsverpflichtungen unter Einbeziehung der Klimaschutzziele, die Flexibilisierung der Nutzungsdauern für Gasnetze sowie einen Rahmen für die Reduktion und die angemessene Allokation von Transformationskosten.
Ein Beispiel: Gasnetzbetreiber unterliegen bislang einer Reihe von gesetzlichen Verpflichtungen, die auch zukünftig signifikante Investitionen erforderlich machen. Dazu gehören beispielsweise Anschluss- und Versorgungspflichten sowie Ausbaupflichten. Sinkt die Zahl der Gaskunden in einem Gebiet, beispielsweise durch den Ausbau des Fernwärmenetzes oder verstärktem Umstieg auf Wärmepumpen, verteilen sich die Netzkosten auf die wenigen verbleibenden Anschlüsse. Eine sich selbst verstärkende Preisspirale bei Netzentgelten und damit eine wirtschaftliche Überforderung der Gasnetznutzer muss aber vermieden werden. Investitionsverpflichtungen sind daher zu überprüfen und möglichst effizient auf das Ziel der Klimaneutralität auszurichten. Konkret bräuchte es hier beispielsweise eine Einschränkung der Netzausbau-Verpflichtung in § 11 Abs. 1 EnWG sowie die Abschaffung der uneingeschränkten Anschlusspflichten nach §§ 17 und 18 EnWG für Gasnetzbetreiber (z. B. Bezug der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auf den Einzelfall).
„Angesichts der Tragweite und der zeitlichen Dringlichkeit des Transformationsprozesses sollte die Weiterentwicklung des Rechts- und Regulierungsrahmens unverzüglich eingeleitet und in einen politischen Dialog zur Zukunft der Gasnetze eingebettet werden,“ so Andreae.
Das BDEW-Positionspapier mit Vorschlägen zur Transformationsregulierung Gasnetze finden Sie hier.