"Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind ein logischer Schritt auf dem Weg zu einem funktionierenden EU-Energiebinnenmarkt. Einheitliche Regeln, zum Beispiel für die Förderung von Erneuerbaren oder die Ausgestaltung von Kapazitätsmärkten, werden helfen, die klima- und energiepolitischen Ziele der EU auf kosteneffiziente Weise zu erreichen. Sicherlich gibt es noch Diskussionsbedarf. Wer aber voreilig Kassandrarufe ausstößt und im Winterpaket zum Beispiel das Ende der Erneuerbaren sieht, ignoriert die technischen und ökonomischen Realitäten", so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, in einer ersten Bewertung des von der EU-Kommission heute vorgelegten "Winterpakets".
Es ist positiv, dass die Kommission zumindest grundsätzliche Prinzipien für die Ausgestaltung der Fördersysteme für Erneuerbare aufstellt. Um die Fördersysteme weiter anzugleichen und die Erneuerbaren schrittweise ins System zu integrieren, sollten die Details im kommenden Rechtssetzungsverfahren durch den Rat und das Europäische Parlament konkretisiert werden. Hierzu Kapferer: "Insbesondere bei der Ausgestaltung von Ausschreibungsverfahren brauchen wir zügig Klarheit, um eine ausreichende Investitionssicherheit für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren zu gewährleisten. Ziel muss sein, die Kosten der Energiewende möglichst gering zu halten." Es muss sichergestellt werden, dass den Erneuerbaren ein vorrangiger Netzzugang, also der physische Vorrang für die Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms garantiert wird. Wenn Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren zeitweise abgeregelt werden muss, sollten die Entschädigungsregelungen so gefasst werden, dass die Anlagenbetreiber sich nicht gezwungen sehen, Risikoprämien einzupreisen.
Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Umweltkriterien für Kraftwerke, die der grenzüberschreitenden Absicherung der Versorgungssicherheit dienen sollen, sieht der BDEW kritisch. Denn die Begrenzung des Emissionswerts auf weniger als 550 Gramm CO2 pro Kilowattstunde würde Energieträger ausschließen. "Wir sprechen uns seit Langem dafür aus, Kapazitätsmechanismen technologieneutral auszugestalten. Denn ihr Zweck ist, die Versorgungssicherheit zu garantieren. Das Ziel der Emissionsminderung ist anderen Instrumenten - insbesondere dem Emissionshandelssystem - vorbehalten." Eine Diskriminierung von Technologien führt zwangsläufig zu höheren volkswirtschaftlichen Kosten.
Die von der Kommission vorgeschlagene Gründung einer sogenannten "DSO-entity", also eine Vertretung der Verteilernetzbetreiber (VNB) auf europäischer Ebene, ist im Grundsatz zu begrüßen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass kleinere VNB nicht ausgeschlossen werden. "In Deutschland findet die Energiewende zu über 90 Prozent in den Verteilernetzen statt. Es muss daher sichergestellt werden, dass auch die Interessen der kleineren VNB vertreten werden. Wir schlagen vor, dass dies über nationale Verbände erfolgt", so Kapferer. Die Zuständigkeiten der DSO-entity müssen klar eingrenzt werden und das Subsidiaritätsprinzip gelten.
Das Vorhaben der Kommission, die Kompetenzen für den Betrieb der Übertragungsnetze auf supranationale Einrichtungen - sogenannte ROCs - zu übertragen, sieht der BDEW kritisch. Hierzu Kapferer: "Es wird in Zukunft immer anspruchsvoller, einen sicheren Betrieb der Übertragungsnetze zu gewährleisten. Bereits heute besteht zu wichtigen Fragen der Systemführung ein enger Austausch zwischen den deutschen Übertragungsnetzbetreibern und ihren Partnern in den Nachbarstaaten. Anstatt neue operative Einheiten zu schaffen, sollte die bestehende, erfolgreiche Zusammenarbeit vertieft und die wertvollen Kompetenzen der Unternehmen genutzt werden."