Stand: Oktober 2024
- Wie haben sich die Großhandelspreise für Gas in den vergangenen Monaten und Jahren entwickelt?
- Was bedeuten diese Entwicklungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher?
- Warum beschaffen Energieversorger Strom und Gas langfristig?
- Wie setzt sich der Gaspreis zusammen?
- Wie haben sich die einzelnen Preisbestandteile entwickelt?
- Wie erklären sich die regionalen Unterschiede im Gaspreis?
- Wie ausgeprägt ist der Wettbewerb zwischen den Gasanbietern auf dem deutschen Markt? Wie häufig wechseln Kunden den Versorger?
- Wie viele Gasversorger gibt es in Deutschland?
- Oft wird die Frage gestellt, ob Gasversorger gesunkene Beschaffungskosten an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben. Warum ist es bei dieser Frage wichtig, zwischen Spotmarkt und Terminmarkt zu unterscheiden?
1. Wie haben sich die Großhandelspreise für Gas in den vergangenen Monaten und Jahren entwickelt?
Die Großhandelspreise für Gas sind zwar seit der Hochphase der Energiekrise 2022 wieder deutlich gesunken, liegen aber immer noch rund doppelt so hoch wie in den Jahren zuvor. Gründe dafür sind andere Liefer- und Herkunftsquellen für Gas, vielfältigere Einflussfaktoren auf die Energiepreise im Vergleich zu früher und höhere geopolitische Unsicherheiten.
2. Was bedeuten diese Entwicklungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher?
Auch die Endkundenpreise für Gas sind seit Anfang 2023 deutlich gesunken. Die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Gas auf 19 Prozent im 2. Quartal 2024 hat den Rückgang der Beschaffungskosten jedoch kompensiert.
Dank langfristiger Beschaffungsstrategien, die die meisten Energieversorger verfolgen, wirken sich gestiegene Börsengaspreise nicht 1:1 und nicht unmittelbar auf die Endkundenpreise aus. Die Strategie der Versorger glättet die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kunden vor starken Preissprüngen.
Die langfristige Beschaffung bedeutet allerdings auch: So wie die Endkundenpreise in der Krise nicht unmittelbar und entsprechend den Preisanstiegen im Großhandel gestiegen sind, sinken sie nicht unmittelbar und in gleichem Maße. Die Endkundenpreise entwickeln sich auch in diesem Fall zeitversetzt zu den Großhandelspreisen. Aktuelle Zahlen und Grafiken zur Entwicklung der Gaspreise finden Sie in der BDEW-Gaspreisanalyse.
3. Warum beschaffen Energieversorger Strom und Gas langfristig?
Sehr viele Versorger beschaffen das benötigte Gas langfristig in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten. Mit dieser Strategie minimieren sie das Risiko stark schwankender Börsengaspreise. Starke Veränderungen bei den Börsenpreisen wirken sich daher nicht unmittelbar und nicht 1:1 auf den Gaspreis für Endkunden aus. So sinkt der Gaspreisbestandteil 'Beschaffung' nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steigt dieser Strompreisbestandteil nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen. Kurzfristige Schwankungen an den Energiemärkten haben daher erst einmal keinen direkten Einfluss auf die Endkundenpreise.
Die Strategie der Versorger glättet somit die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kunden vor starken Preissprüngen. Beispielsweise hatte sich der Gaspreis im Großhandel im Jahr 2022 gegenüber Anfang 2021 mehr als verzehnfacht, die Entwicklung des Gaspreisbestandteils 'Beschaffung' war in diesem Zeitraum jedoch nur halb so stark ausgeprägt.
Zudem gewährleisten die Unternehmen mit dieser langfristigen Beschaffungsstrategie die sichere Gas-Versorgung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine allein auf kurzfristige Preisschwankungen setzende Beschaffungs-Strategie ist dagegen mit höheren Versorgungsrisiken verbunden.
4. Wie setzt sich der Gaspreis zusammen?
Grundsätzlich setzt sich der Gaspreis aus drei Bestandteilen zusammen:
Steuern und Abgaben, inklusive CO2-Preis: Der Anteil von Steuern und Abgaben am Erdgaspreis für Haushalte beträgt durchschnittlich 28 Prozent für den Jahresverbrauch von 20.000 kWh (EFH) und einem Jahresverbrauch von 80.000 kWh (MFH). Die Höhe der Kosten für den Erwerb von CO2-Emissionszertifikaten (CO2-Preis) beträgt ab dem 1. Januar 2025 55 €/t CO2.
Regulierte Netzentgelte, inklusive Messung und Messstellenbetrieb: Die Kosten für die Netzinfrastruktur werden über die Netzentgelte auf die Netznutzer und damit die Letztverbraucher im jeweiligen Versorgungsgebiet verteilt. Die Regulierungsbehörden von Bund (Bundesnetzagentur) und Ländern stellen sicher, dass die Netzentgelte angemessen und diskriminierungsfrei sind. Ihr Anteil am durchschnittlichen Gaspreis für Haushaltskunden liegt 2024 (Stand: 08/2024) bei Einfamilienhäusern (EFH) bei 18 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern (MFH) bei ca. 16 Prozent. Neben den Netzentgelten werden auch Entgelte für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung erhoben. Die Entgelte für Messstellenbetrieb und Messung werden zu einem Entgelt (für Messstellenbetrieb) zusammengefasst.
Beschaffung und Vertrieb: Dies sind die vom Gaslieferanten grundsätzlich zu beeinflussenden Preisbestandteile. Ihr durchschnittlicher Anteil am Gaspreis für Haushaltskunden liegt 2024 (Stand: 08/2024) bei Einfamilienhäusern (EFH) bei 54 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern (MFH) bei 56 Prozent.
5. Wie haben sich die einzelnen Preisbestandteile entwickelt?
Der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushalte in Einfamilienhäusern (EFH) mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh ist zum Jahresbeginn 2024 gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent gesunken und beträgt durchschnittlich 10,91 ct/kWh. Der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern (MFH) mit einem Jahresverbrauch von 80.000 kWh ist zum Jahresbeginn 2024 gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent gesunken und beträgt durchschnittlich 10,41 ct/kWh.
Die Kosten für Beschaffung und Vertrieb liegen für 2024 mit 5,93 ct/kWh bzw. 5,84 ct/kWh (EFH bzw. MFH) 40 Prozent unterhalb der Werte des Jahres 2023.
Die Netzentgelte für Haushaltskunden sind im Vergleich zu 2023 auf gleichbleibendem Niveau mit 1,97 ct/kWh (EFH) bzw. 1,63 ct/kWh (MFH).
Steuern, Abgaben und Umlagen betragen im Durchschnitt in 2024 3,01 ct/kWh (EFH) bzw. 2,94 ct/kWh (MFH)
(2023: 2,13 ct/kWh bzw. 2,10 ct/kWh). Ursächlich für die Anstiege ist die Anhebung der Mehrwertsteuer zum 01.04.2024 von 7 Prozent auf 19 Prozent.
Der Anteil von Steuern, Abgaben und Umlagen am Erdgaspreis für Haushalte beträgt derzeit ca. 27 Prozent bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh (EFH) sowie ca. 28 Prozent bei einem Jahresverbrauch von 80.000 kWh (MFH).
Aufgrund der derzeit sehr dynamischen Marktsituation können einzelne Erdgastarife vom hier ermittelten durchschnittlichen Erdgaspreis deutlich abweichen.
6. Wie erklären sich die regionalen Unterschiede im Gaspreis?
Die regionalen Unterschiede beim Gaspreis sind insbesondere auf die regional unterschiedlichen Netzentgelte zurückzuführen. Diese werden durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) anhand regionalspezifischer Faktoren wie der topografischen Beschaffenheit, der Besiedlungsdichte sowie dem Bedarf an Investitionen in den Netzzubau und die Instandhaltung der Infrastrukturen festgelegt. Die Höhe der Netzentgelte wird durch die BNetzA staatlich kontrolliert, um sicherzustellen, dass sie angemessen und diskriminierungsfrei sind. Dieser Bestandteil des Gaspreises ist somit nicht durch die Gasversorger bei der Preisgestaltung beeinflussbar.
Folglich kann es regional zu unterschiedlichen Entwicklungen bei den Netzentgelten kommen. Sie basieren auf den von den Regulierungsbehörden geprüften Kosten für den Betrieb, Erhalt und Ausbau der Netzinfrastruktur in den jeweiligen Versorgungsgebieten. Durch die seit 2009 praktizierte Anreizregulierung sind die Netzbetreiber verpflichtet, ihre Effizienz zu erhöhen und Produktivitätsgewinne weiterzugeben. Obwohl Kostensteigerungen grundsätzlich nur alle fünf Jahre erfasst werden, kommt es doch jährlich zu Veränderungen bei den Netzentgelten. Dies liegt an konkreten Netzausbauprojekten, deren Kosten nach Genehmigung durch die Regulierungsbehörden über die Instrumente "Erweiterungsfaktor" oder "Investitionsmaßnahme" auch während einer laufenden Regulierungsperiode berücksichtigt werden. Weitere Netzentgeltanpassungen resultieren aus Veränderungen bei Kostenkategorien, die durch die einzelnen Netzbetreiber nicht zu beeinflussen sind („dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile“ gemäß § 11 Abs. 2 ARegV). Dazu gehören insbesondere vorgelagerte Netzkosten.
7. Wie ausgeprägt ist der Wettbewerb zwischen den Gasanbietern auf dem deutschen Markt? Wie häufig wechseln Kunden den Versorger?
Generell ist der deutsche Energiemarkt durch eine große Akteursvielfalt und hohe Wettbewerbsintensität geprägt. Im Vertriebssegment hält Deutschland im europäischen Vergleich eine Spitzenposition inne:
Laut Monitoringbericht 2023 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt können Haushaltskunden im bundesweiten Durchschnitt in ihrem Netzgebiet zwischen 111 Gaslieferanten wählen.
Preisdifferenzen zwischen den verschiedenen Versorgern zeigen den funktionierenden Wettbewerb. Die jeweiligen Preise und Konditionen der Anbieter sind transparent und leicht zugänglich. Dementsprechend haben die Verbraucher die Möglichkeit, den Anbieter mit dem für sie besten Preis-Leistungs-Verhältnis auszuwählen.
8. Wie viele Gasversorger gibt es in Deutschland?
Insgesamt gibt es in Deutschland über 1.100 Gaslieferanten. In nahezu allen Gasnetzgebieten beliefern mehr als 20 verschiedene Lieferanten Haushaltskunden. In 94 Prozent aller Netzgebiete sind es mehr als 50 verschiedene Lieferanten.
9. Oft wird die Frage gestellt, ob Gasversorger gesunkene Beschaffungskosten an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben. Warum ist es bei dieser Frage wichtig, zwischen Spotmarkt und Terminmarkt zu unterscheiden?
Am Spotmarkt wird kurzfristig lieferbares Gas gehandelt. Kurzfristig bedeutet in diesem Zusammenhang einen Tag im Voraus. Auf dem Terminmarkt hingegen können Lieferverträge bis zu sechs Jahre im Voraus geschlossen.
Die Versorger decken sich am Terminmarkt mit einem Großteil des von ihnen prognostizierten Bedarfs ein. Am Spotmarkt werden dann die restlichen Mengen eingekauft, um den aktuellen Bedarf zu decken. Die am Spotmarkt eingekauften Mengen dienen insbesondere dem kurzfristigen Ausgleich von prognostiziertem und tatsächlichem Verbrauch der nächsten 24 - 48 Stunden.
Auswertungen, die bei den Beschaffungskosten allein die Preisentwicklungen auf dem Spotmarkt in den Blick nehmen, greifen daher zu kurz. Wesentlich für die Kosten, die den Gasversorger beim Gaseinkauf entstehen, ist die Preisentwicklung am Terminmarkt.