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Stellungnahme zur Marktkonsultation der BNetzA zur Regulierung von Wasserstoffnetzen

Für die Unternehmen der Energiewirtschaft sind ein klares Bekenntnis zu Wasserstoff und verlässliche Rahmenbedingungen essenziell für ihre Investitionen

Der BDEW hat zur Marktkonsultation der Bundesnetzagentur zur Regulierung von Wasserstoffnetzen Stellung genommen. Ziel der Konsultation ist eine Bestandsaufnahme und Analyse einer Regulierungsbedürftigkeit künftiger Wasserstoffnetze. Der BDEW dankt zunächst der Bundesnetzagentur (BNetzA) für die umfängliche Bestandsaufnahme zur Regulierung von Wasserstoffnetzen und für die Möglichkeit, diese zu kommentieren. Die BNetzA stellt zutreffend dar, dass die derzeitigen Regelungen für Wasserstoff nicht ausreichend sind, um den Aufbau eines Wasserstoffmarktes regulatorisch zu unterstützen. 

Zur Einordnung der Position des BDEW möchten wir einige Aussagen voranstellen, die die Grundlage für die Beantwortung des Fragenkatalogs darstellen. Die gesamte Stellungnahme steht Ihnen am Ende der Seite zum Download zur Verfügung. 

Die Bundesregierung bekennt sich zur Schlüsselrolle von Wasserstoff für eine erfolgreiche Energiewende bzw. Dekarbonisierung mit der am 10. Juni 2020 veröffentlichten Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS), in der festgehalten wird, dass auch künftig gasförmige und flüssige Energieträger benötigt werden. Die Unternehmen der Energiewirtschaft engagieren sich bereits heute vielfältig entlang der gesamten Wertschöpfungskette für den Hochlauf eines Wasserstoffmarkts. Für diese Unternehmen sind ein klares Bekenntnis zu Wasserstoff und verlässliche Rahmenbedingungen –insbesondere in der Regulierung – essenziell für ihre Investitionen. 

Daher ist es wichtig, die nächsten Schritte in der Umsetzung nun zügig anzugehen und die entscheidenden Weichen im rechtlichen und regulatorischen Rahmen zu stellen. Gasförmige Energieträger können dann möglichst effizient ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten, wenn ihre Potenziale über die gesamte Breite des „Systems Gas“ (Energieträger, Infrastruktur, Speicher, alle Anwendungssektoren) adressiert werden. Einen derartigen umfassenden und sektorübergreifenden Plan für den Umbau der Gasversorgung hat der BDEW mit seiner „Roadmap Gas“1 in diesem Jahr veröffentlicht. Darin hat insbesondere die Nutzbarmachung klimaneutraler Gase eine entscheidende Bedeutung. Für eine bezahlbare CO2-Reduzierung sollte die Nutzung in allen Sektoren, insbesondere dem Wärme- und Gebäudebereich ermöglicht werden. 

Die bestehende Infrastruktur spielt für die Erreichung der Klimaschutzziele eine zentrale Rolle und ist die Basis für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft über Sektoren und Ländergrenzen hinweg. Neben den Transportnetzen, die dann auch die Aufgabe haben, reinen Wasserstoff über die Transportleitungen der Großindustrie und den Verteilernetzen zur Verfügung zu stellen, kommt Letzteren ebenfalls eine hohe Bedeutung in der zukünftigen Wasserstoffwirtschaft zu. Heute erfolgt rund 80 % des Gasabsatzes an Industrie-, Gewerbe und Wärmekunden über die Verteilernetze. Dieser wird zunehmend ebenfalls auf Wasserstoff basieren. 

Voraussetzung dafür ist die technische und regulatorische Ermöglichung steigender Anteile von erneuerbarem und dekarbonisiertem Wasserstoff in allen Bereichen der Infrastruktur (Netz, Speicher) bis hin zu den Anwendungen, um die damit verbundenen kosteneffektiven Dekarbonisierungspotenziale erschließen zu können. 

Ein erster wichtiger Schritt für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist die Einordnung von Wasserstoff in den rechtlichen Rahmen. Gemeinsam mit weiteren Verbänden hat der BDEW hierzu bereits im April 2020 erste Vorschläge für schnell notwendige Anpassungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und in der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) unterbreitet. Auch der aktuelle Netzentwicklungsplan Gas (NEP Gas) 2020 bietet bereits die Möglichkeit, den ersten wichtigen Grundstein zu legen und den Wasserstofftransport in die Netzentwicklungsplanung zu integrieren. Der BDEW bedauert, dass weder das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie noch die BNetzA die in der Branche entwickelten Ansätze bislang aufgegriffen haben.

Eine weitere Leitplanke für den Energieträger Wasserstoff ist die Einbettung in den europäischen Kontext. Die Impulse für notwendige regulatorische Anpassungen aus der europäischen Wasserstoffstrategie sollten ebenfalls aufgegriffen werden. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, sich auf eine einheitliche Klassifizierung („Terminologie“) zu einigen. Die von der BNetzA gewählte Terminologie weicht in Teilen stark von der europäischen ab. Wir sprechen im Folgenden von erneuerbarem bzw. dekarbonisiertem Wasserstoff, wenn eine grundlegende Unterscheidung der Erzeugungstechnologie notwendig ist. 

Mit dem Ziel, einen schnellstmöglichen Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft zu finden, hält der BDEW in einem ersten Schritt die bestehende Gasnetzregulierung für geeignet, auch den notwendigen Regulierungsrahmen für Wasserstoffnetze zu bilden. Der BDEW fordert hier einen eindeutigen politischen Gestaltungswillen, um das gesellschaftliche Ziel der Dekarbonisierung voran zu treiben. Der BDEW ist davon überzeugt, dass dieses Ziel dadurch erreicht werden kann, dass Wasserstoff in den Gasmarkt und in die Gasinfrastruktur eingebunden wird. Es gilt daher zu verhindern, dass der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in einem anderen Rahmen bzw. ohne ein Regulierungsregime vorangetrieben wird. Eine möglichst breite europäische Harmonisierung der Regulierung hilft zudem, einen europäischen Wasserstoffmarkt zu etablieren. 

Aus Sicht des BDEW ist klar, dass der Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in den kommenden Jahren strategische Justierung und regulatorische Anpassungen erfordern wird. Politisch gesetzte Anreizsysteme für einen wachsenden Wasserstoffmarkt müssen Hand in Hand mit der Wasserstoffregulierung ausgestaltet werden. Dabei sollten nationale, europäische und internationale Entwicklungen sowie die gesamte energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette (Erzeugung, Transport, Verteilung, Speicher, Verwendung und Handel) im Kontext der Dekarbonisierung berücksichtigt werden. Es braucht also einen iterativen Lernprozess der Regulierung, wobei Anpassungen so vorgenommen werden sollten, dass eine möglichst große Investitionssicherheit gewährleistet wird.

Der BDEW wird diese Ausgestaltung weiterhin aktiv vorantreiben und steht als größter Branchenverband mit seiner Expertise aus der gesamten Wertschöpfungsbreite der Mitgliedsunternehmen auch zukünftig als konstruktiver Ansprechpartner zu Verfügung. 

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