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"Die Energiewende muss menschlicher werden."

Was bleibt nach Corona und wo steht Deutschland in Sachen Energiewende: Ein Interview mit Angela Wilkinson vom Weltenergierat.
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© Foto: Adobe Stock

Bereits seit den 1920er-Jahren befasst sich der World Energy Council (Weltenergierat) mit Fragen der Energiepolitik. Er forscht und gibt Strategieempfehlungen zu Energieträgern. Wir sprachen mit der amtierenden Generalsekretärin.

Frau Wilkinson, was kann die Energiewirtschaft aus der Corona-Krise lernen? 
Noch sind die langfristigen Folgen dieser Krise auf die Energiesysteme der Welt nicht absehbar. Ganz gleich, ob eine ökonomische Rezession, eine Bankenkrise oder sogar eine Neuausrichtung des Finanzsystems folgt: Diese Krise führt uns die Notwendigkeit resilienter Energiesysteme und digital kompetenter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Augen. Wir haben zu Beginn der Krise eine bemerkenswerte Resilienz bei den Menschen in systemkritischen Funktionen gesehen – bei den "Energiehelden", die dafür sorgen, dass der Strom fließt, während Milliarden Menschen ins Homeoffice und Homeschooling gegangen sind. 

Während wir in eine Post-Corona-Zukunft steuern, kommen neue Fragen darüber auf, wie die Resilienz des Energiegesamtsystems zu bewerten ist, wie Unterschiede in der Digitalisierung adressiert werden und transformative Maßnahmen einer neuen Normalität aussehen können. Es ist wichtig, die internationalen Stimmen unseres weltweiten Netzwerks von Energieexperten zu hören. Sie sind Gestalter und Wegbereiter ­einer besseren Energie für die Menschheit. Wir sind bereits dabei, Erfahrungen über Auswirkungen und "Lessons Learned" über sechs Regionen der Welt hinweg zu sammeln und uns darüber auszutauschen.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für den World Energy Council? 
Wir haben schon vor der Krise an der Frage geforscht, wie unser Energiesystem resilient gegenüber wie Pandemien, Cyberattacken oder Extremwetterlagen werden kann. Jetzt erstellen wir ein agiles Set von Szenarien, um uns konkret auf kommende Herausforderungen vorzubereiten. Die Kernfrage ist immer: Wie können wir als Gesellschaft resilienter aus der Krise hervorgehen und die globale Energiewende vorantreiben? Dazu stärken wir unser globales Mitgliedernetzwerk. Wir haben Fortschritte gemacht bei der Einrichtung des ersten World Energy (WE) Lab, das sich auf sauberen Wasserstoff fokussiert. 


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Ich bin außerdem überzeugt, dass wir als Weltenergierat helfen können, schneller gemeinsam zu lernen. Ich möchte unsere World Energy Academy wieder eröffnen, um die nächste Generation verantwortlicher Energie-Leader auszurüsten. Mich persönlich leitet unsere neue Vision, die Energiewende menschlicher zu machen. Hierfür möchten wir unsere Mitgliedschaft über die Branchen hinaus erweitern, um die Interessen und Erkenntnisse ­digital befähigter Kunden und neuer Energiegemeinschaften einzubeziehen. 

 

 

Aus Ihrer internationalen Perspektive: Wie beurteilen Sie den aktuellen Status der Energiewende in Deutschland? 
Deutschland befindet sich derzeit mitten in einer ambitionierten Transformationsphase. Die deutschen Anstrengungen in Bezug auf die Energiewende zielen darauf ab, bis 2050 Europas größte Wirtschaft frei von Nuklearenergie und nahezu CO₂-neutral zu gestalten. Ein Umstieg dieser Größenordnung berührt buchstäblich jeden Bereich der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft. Er ruft auf der einen Seite emotionale Reaktionen der Gesellschaft hervor und erfordert auf der anderen Seite eine innovative und rationale Politik. Ich glaube, keine Gemeinschaft oder Stadt, kein Unternehmen oder Land kann die Ziele der Energiewende erreichen, indem es allein handelt. Alle Staaten können von den Erfahrungen der anderen lernen. Alle zwei Jahre führt der Weltenergierat Deutschland seine globale Blueprint- Umfrage durch, um die Wahrnehmung und die Auswirkungen deutscher Energiepolitik im ­Ausland einzuschätzen. 

Frau Wilkinson, vielen Dank für das Gespräch.


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