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Wenn Unternehmen sich neu erfinden: Wie funktioniert Change-Management und Innovationskultur in der Energiewirtschaft?

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© Foto: shutterstock

Sie haben es in sich, die drei »Ds«, vor denen die Energiebranche steht: Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Die Primärenergie der Zukunft wird nicht mehr von fossilen Brennstoffen, sondern von Erneuerbaren stammen, das Netz aus Erzeugern, Speichern und Verbrauchern wird dezentral, multidirektional und kleinteilig – und die Digitalisierung ist notwendige Voraussetzung dafür, dass die damit verbundenen Prozesse überhaupt funktionieren. Das sind mehrere Veränderungen zugleich, die sich noch dazu in hoher Geschwindigkeit vollziehen. Wie kann ein Energieunternehmen da neben dem Tagesgeschäft mithalten?

Olaf Ruchay, CEO des Beratungsunternehmens Bluberries: "Die Energieversorgungsunternehmen (EVU) haben mit ­ihrer stabilen, langfristig gewachsenen ­Kundenbasis und ihrer hohen technischen Kompetenz grundsätzlich beste Voraussetzungen, Phasen des Wandels erfolgreich zu durchlaufen." ­Allerdings, so Ruchay, gebe es auch Hemmschuhe: "Grundsätzlich sollte sich ja jedes Unternehmen auf Veränderungsprozesse hin trainieren. Das wird natürlich umso schwieriger, je starrer und regulierter die Geschäftsmodelle sind." 

In den letzten Jahrzehnten hätte die Branche mehr als andere in einem politisch stark regulierten Rahmen agieren müssen – das sei mithin nicht agilitätsfördernd. Wichtig ist umso mehr, dass EVU sich fokussieren, sagt Dr. Alexander Kox von BET, einem Unternehmen, das sich ebenfalls auf die Beratung zu Transformationsprozessen in der Energiewirtschaft spezialisiert hat. "Wir empfehlen Unternehmen in Transformationsphasen, dass sie sich in erster Linie auf die Bedürfnisse ihrer Kunden sowie ihre eigenen Kompetenzen konzentrieren." Häufig werde unter Veränderungsdruck der Fehler gemacht, schnell und unüberlegt auf Trends aufzuspringen. Dabei sei aber nur derjenige erfolgreich, der die entsprechenden Kompetenzen wirklich mitbringt beziehungsweise integrieren kann. 

Austausch und Kooperation: Blick über den Tellerrand

Wichtig ist auch der Blick über den Tellerrand. Klaus Zschiedrich von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft betont: "Viele Dinge kann man nur gemeinsam schaffen. Wir tauschen uns weltweit mit anderen Unternehmen aus und teilen auf Kongressen unsere Erfahrungen." Und die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) pflegt Kooperationen mit Hoch- und Fachhochschulen. Auf diese Weise können junge Talente frühzeitig in den Kontakt mit dem Unternehmen treten und Impulse aus der Forschung mitbringen. 

Einig sind sich Experten wie Ruchay und Kox, wenn es um das Thema Unternehmenskultur geht: Hier liegt einer der größten Hebel zur Bewältigung von Veränderungsprozessen. Vier wichtige Facetten hat dieses Thema: Zum einen sind Innovationen Chefsache. Sie müssen von Führungskräften initiiert und gefördert werden, die Visionäre und keine Sanierer sind. Zum anderen braucht es eine Kultur, in der Mitarbeitende Meinungen und Ideen äußern können, auch wenn diese noch nicht ausgereift sind, und in der Fehler nicht sanktioniert werden. Drittens empfehlen Experten Experimentierräume, in denen die Umsetzung von Ideen ohne Hierarchiegefälle vonstattengehen kann – Entscheidungen werden nicht nach Position im Organigramm getroffen, sondern von den Personen, die im konkreten Fall die höchste Sachkenntnis besitzen. Im ­Idealfall sind diese ­Labore sogar räumlich getrennt vom Stammhaus, auch das kann die Kreativität ungehemmter fließen lassen. 

Kommunikation: Nach innen und außen

Unternehmen wie die MIBRAG beispielsweise haben bereits Tochterfirmen gegründet, die sich neuen Geschäftsfeldern widmen. Zu guter Letzt bedarf es einer stringenten Kommunikation nach innen und außen. Veränderungen, neue Geschäftsfelder, Innovationen: Sobald sie identifiziert sind und ein Umsetzungsfahrplan steht, sind Kommu­nikationsmaßnahmen erforderlich, die die Markenidentität nach außen hin unterstreichen – und den Mitarbeitern die Veränderungsprozesse so veranschaulichen, dass sie sich damit identifizieren können. 

Text: Jochen Reinecke


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