Energieversorgung für die Zukunft sichern, eine der wichtigsten Fragen der Energiewende derzeit. Für Karsten Müller-Janßen, Geschäftsbereichsleiter Anlagenbau und Projekte der Stadtwerke Flensburg GmbH, steht außer Frage, dass nur dadurch die Zukunft im hochkomplexen Geschäft der Energieversorgung gesichert werden kann. Bedeutet das das Ende der Kraft-Wärme-Kopplung? Mitnichten. So setzen die Stadtwerke Flensburg weiterhin auf diese Technologie, um sich für die Zukunft gegen sinkenden Fernwärmeabsatz, volatilen Strommarkt und die schwankenden Brennstoffpreise zu wappnen.
Elektrische Energie in 15 Minuten
Ihr neuestes Projekt, „Kessel 12“ – ist eine moderne, stromgeführte Gas-und-Dampf-Anlage (GuD) mit angebundenen Wärmespeicher, die zwei alte Kohlekessel ersetzt, deren Genehmigung ausläuft. Bereits 2011 haben sich die Stadtwerke entschieden, das Projekt „Kessel 12“ umzusetzen. „Auch unter schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wir davon überzeugt, dass die GuD-Anlage der richtige Schritt war“, sagt Müller-Janßen. Die hochflexible, stromgeführte Anlage mit einer Leistung von 75 Megawatt thermisch und 75 MW elektrisch, ist auf bis zu 500 Starts im Jahr ausgelegt. In gerade mal 15 Minuten produziert die moderne Gasturbine 50 Megawatt elektrische Energie, die die Stadtwerke am Regelenergiemarkt verkaufen können. An windigen Tagen, wenn das Angebot aus Windkraft steigt und den Strompreis drückt, wird die GuD-Anlage heruntergefahren und der Elektrodenheizkessel mit 30 MW kommt zum Einsatz. Er erwärmt das Flensburger Fernwärmewasser elektrisch, wenn Strom günstig angeboten wird. Gespeichert wird es in einem Wärmespeicher, der bei Verbrauchsspitzen zum Einsatz kommt und dann heißes Fernwärmewasser in das 650 Kilometer lange Fernwärmenetz einspeist. Die neue GuD-Anlage wird einen Wirkungsrad von 92 Prozent erreichen und 40 Prozent weniger CO2 produzieren als die bisherigen Kohlekessel. 2013 hatte Kraft-Wärme-Kopplung einen Anteil von etwa 16 Prozent an der Nettostromerzeugung in Deutschland, ein leichter Zuwachs gegenüber den Vorjahren. Im Vergleich zu den derzeit besten Technologien der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme, erzielen KWK-Anlagen je nach Versorgungssituation Primärenergieeinsparungen von 10 bis über 30 Prozent. Ihr Wirkungsgrad beträgt bis zu 92 Prozent. Hinzu kommt eine Einsparung von 56 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.
KWK-Anlagen: Rentabel durch gute Planung
Ohne staatliche Förderung allerdings ist der Bau und Betrieb weiterer KWK-Anlagen zunächst kein Geschäft mehr. So stellt ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten vom Oktober 2014 unter anderem fest: „Mit Gas befeuerte KWK-Anlagen sind ohne Förderung in keinem der betrachteten Fälle wirtschaftlich. Mit Förderung erzielen nur Anlagen mit einem hohen elektrischen Wirkungsgrad einige Jahre einen positiven Deckungsbeitrag.“ Aber es gibt Unternehmen, die es versuchen, wie die Flensburger. „Das ist die Beste der schlechten Möglichkeiten“ sagt Karsten Müller-Janßen mit Blick auf den extrem volatilen Strommarkt. „Durch die gute Planung bis ins letzte Detail können wir die Anlage rentabel halten.“ Ihrem langfristigen Ziel, bis zum Jahr 2050 ein klimaneutrales Heizkraftwerk Flensburg zu betreiben, sind die Stadtwerke einen großen Schritt näher gekommen.
Stolz ist man auch in Berlin, bei der Fernheizwerk (FHW) Neukölln AG, einer Tochter der Vattenfall Wärme AG, denn seit Anfang März ist die Power-to-Heat-Anlage am Weigandufer in Betrieb. Dr. Tobias Bachmann, der die Anlage konzipiert und den Bau betreut hat, berichtet, dass Fachbesucher aus ganz Deutschland anreisen, um zu erfahren, wie man mitten in der Großstadt Kraftwerke sinnvoll erneuert.
Die FHW baute einen Öltank zum Wärme speichernden Riesen um: 22 Meter hoch, Durchmesser 26 Meter, voll mit heißem Wasser. Genug, um an einem frostigen Wintertag rund 3.250 Haushalte einen Tag lang mit Fernwärme zu versorgen. Dieser Wärmespeicher ist ein Symbol der Wärmewende im Bezirk und Bestandteil einer einzigartigen Technologiekombination. Nach dem Tauchsiederprinzip kann sie Strom in Wärme umwandeln. Zusätzlich wurden vier neue BHKW in Betrieb genommen und zwei bereits bestehende auf Biomethan umgestellt. Das neue KWK-Gesetz von 2012 hat es ermöglicht, 12,5 Millionen Euro in diesen Standort zu stecken. „Eine stolze Summe, die wir sehr gern investiert haben“, sagt Ulrich Rheinfeld, Vorstand der FHW Neukölln. Die Technologie ist nutzbar, um die Stromnetze zu stabilisieren und regenerativ erzeugten Strom in die Fernwärmesysteme zu integrieren.
„Was uns hier am Standort gelungen ist, ist ein ideales Zusammenspiel zwischen erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung“, so Rheinfeld. Allein durch die neuen Blockheizkraftwerke kann der CO2-Ausstoß der Fernwärme in Berlin rechnerisch um jährlich rund 6.500 Tonnen entlastet werden. Bezogen auf seinen Wärmeabsatz hat das Fernheizwerk die spezifischen CO2- Emissionen seit 1990 sogar bereits halbiert.
Fazit: Zwei Unternehmen von vielen, die auf KWK setzen – eine Investition in die Zukunft. Flexibel und umweltschonend.