Energieversorger: Zurück auf die Überholspur!

Die Energiebranche steht am Anfang einer noch unüberschaubaren und disruptiven Entwicklung. Lange Zeit haben sich die Energieversorger etwas selbstgefällig, hilflos zurückgezogen. Inzwischen fragt man sich, ob und wie man den Wandel hinbekommen soll. Eine faire und konstruktive Zusammenarbeit mit Start‑ups eröffnet dazu neue Möglichkeiten. von Thorsten Marquardt

Kind mit Erfindergeist

Sie nutzen die Lücken im Verkehr: kleine, agile Flitzer und Roller. Sie fahren an den Limousinen vorbei, die sich von ihren sechs Zylindern zufrieden auf der rechten Spur treiben lassen. Klar, die kleinen Flitzer haben keine Tiefgarage. Aber auch keine Probleme bei der Parkplatzsuche. Ich bin sicher nicht der Erste, der dieses Bild für den Vergleich traditioneller Energieversorger mit beweglichen kleinen Unternehmen nutzt. Aber es passt mehr denn je.

Eines ist uns bereits klar: Die Art, wie wir arbeiten, Waren produzieren, wie wir leben, wie wir reisen – alles wird sich ändern. Auch die Art und Weise, wie wir Energie erzeugen und verbrauchen. LED und dezentrale Erzeugung sind nur der Anfang einer noch unüberschaubaren und disruptiven Entwicklung. Digitalisierung bedeutet auch, dass bis 2020 weltweit 212 Milliarden Geräte miteinander und mit Menschen vernetzt sein werden. Wir reden also über eine industrielle Revolution.

Thorsten Marquardt, E.ON

Thorsten Marquardt, E.ON

Aber was macht die Energiebranche daraus? Lange Zeit hat sie sich etwas selbstgefällig, hilflos zurückgezogen. Heute fragt man sich, ob und wie man den Schwung in die neue Welt hinbekommen soll: durch Transformation. Große Traditionsunternehmen wie Bosch machen das vor.

Und was machen der Wettbewerb und die kleinen Flitzer in der Zwischenzeit? Sie besetzen ganze Geschäftsmodelle und die Nischen im Portfolio der traditionellen Unternehmen – und damit meine ich sowohl große Konzerne als auch kleine Stadtwerke. Ob beim Datensammeln im Haushalt, beim Verkaufen von Heizungsanlagen oder beim Vernetzen dezentraler Erzeugung: Sie sind schon da, sie sind schneller und agiler. Was ist also zu tun, um neue Wege einzuschlagen? Zunächst muss man sich sicher überwinden, die Limousine gegen mehrere kleine Autos einzutauschen – und wieder ab auf die Überholspur. Eine faire und konstruktive Zusammenarbeit mit jungen Unternehmern und Start‑ups eröffnet dazu neue Möglichkeiten. Aber auch innerhalb des eigenen Hauses schlummert enorme Innovationskraft. Wenn man sie lässt. Nicht alle wollen oder können wie Google. Aber Zuhören und Mut zum guten alten Unternehmertum sind die Tugenden der Stunde. Wie kommen Sie auf die Überholspur?

Thorsten Marquardt ist Leiter des :agile-Programms zur Förderung neuer Geschäftsideen bei E.ON

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