Seit Jahren gelangt durch die extreme Düngung weit mehr Stickstoff auf deutsche Felder als nötig. Die massive Nitratverschmutzung ist ein großes Problem für unsere Trinkwasserressourcen, und sie droht die Wasserpreise nach oben zu treiben: Nach einem Gutachten des BDEW könnten die Jahreswasserrechnungen in einigen Regionen um 62 Prozent steigen, da die hohe Nitratbelastung immer aufwändigere Verfahren erfordert, um das verschmutze Wasser zu Trinkwasser aufzubereiten.
Obwohl die EU-Kommission Deutschland bereits vor dem europäischen Gerichtshof verklagt hat, reichen die Regelungen des jetzt verabschiedeten Düngerechts bei weitem nicht aus. So werden voraussichtlich die Hälfte der Landwirtschaftbetriebe bei der Stoffstrombilanz nicht erfasst. Das käme einem sehr weitgehenden Freibrief gleich. Angesichts der hohen Nitratverschmutzung der Böden und Gewässer in einigen Regionen Deutschlands ist jede Ausnahme Raubbau an unserer Umwelt.
Als „Frühwarnsystem“ hat die Wasserbranche die Nitrat-Grundwasserdatenbank ins Leben gerufen. Sie umfasst aktuell 1.100 Vorfeldmessstellen und 3.700 Rohwasserentnahmestellen mit zusammen über 50.000 Nitratanalysen. Ziel der Initiative ist es, die Nitratbelastung in den Wasserschutz- und Einzugsgebieten der Trinkwasserbrunnen systematisch zu dokumentieren. Schon die ersten Auswertungen zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht: An 25 Prozent der Vorfeldmessstellen wird der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter überschritten. In der Spitze werden sogar Werte bis 400 Milligramm Nitrat pro Liter erreicht.
Wenn die Politik es ernst mit dem Gewässerschutz meint, muss sie strikte Regeln einführen: Alle landwirtschaftlichen Betriebe müssen ihre Stoffströme in der Düngebilanzierung offenlegen. Zudem muss in der Düngeverordnung die geplante Obergrenze von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar Ackerfläche ausnahmslos für alle stickstoffhaltigen Dünger gelten. Sobald an einem Standort der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser überschritten wird, muss ein sofortiger Düngestopp erfolgen.
Für den langfristigen Umwelt- und Gewässerschutz braucht Deutschland eine konsequente Agrarwende: Weg von der industriellen Landwirtschaft, hin zu einer nachhaltigen Nutzung der Böden. Dazu sollten EU-Agrargelder stärker in den ökologischen Landbau umgeschichtet werden.
Martin Weyand, Mitglied der Hauptgeschäftsführung und Hauptgeschäftsführer Wasser und Abwasser im BDEW